Die Schreckenskammer
Ermittlungsleiterin in diesem Fall, und es ist meine Aufgabe, dir diese Fragen zu stellen. Wir brauchen jetzt nicht aufeinander loszugehen. Betrachte mich einfach nur als Detective.«
Früher redete ich die ganze Zeit mit ihm über meine Fälle, oder genauer, ich quasselte ihn an – ich glaube nicht, dass er viel von dem mitbekam, was ich sagte –, aber seitdem wir getrennt leben, habe ich keine Gelegenheit mehr dazu. Zuhören war eins unserer größten Probleme, keiner von uns war dem anderen gegenüber sehr aufmerksam. Und gegen Ende war es schwer, mit ihm überhaupt eine zivilisierte Unterhaltung über irgendein Thema zu führen, geschweige denn über meine Probleme in der Arbeit. Aber wenn ich ihm von diesem Fall erzählt hätte, wäre er sich des potenziellen Risikos wohl bewusst gewesen. Evan war ein braver Sohn gewesen und hatte getan, worum seine Mutter ihn gebeten hatte – er hatte mit niemandem, nicht einmal mit Jeff, über die Dinge geredet, die ich ihm gesagt hatte.
Und eins hätte ich gleich tun sollen, als mir die Zusammenhänge klar wurden, nämlich mit ihm über die Dinosaurier-Ausstellung zu reden. Ich hatte es aber nie getan.
Zwei Stunden waren vergangen, seit Jeff entführt worden war, eine halbe Stunde, seit wir davon erfahren hatten. Zweifellos war der silberne Honda Accord, den Durand sich wohl gemietet hatte, schon längst irgendwo abgestellt.
Es war unwichtig – er würde sich nie wieder ein Auto mieten müssen. In der Hölle fährt man nicht. Oder vielleicht doch – man steckt an einem Freitagabend um sechs Uhr auf der 405 bei 37 Grad und ohne Klimaanlage im Stau, und dann gibt es ein Erdbeben. Wir hatten bereits Autos ausgeschickt, um den Wachen vor dem Haus und dem Studio zu sagen, sie sollten ganz besonders auf alles nur irgendwie Ungewöhnliche achten. Eine Beschreibung des Fahrzeugs ging über Polizeifunk an alle Streifenwagen, nicht ohne zuvor ein Signal zu senden, das einen Kanalwechsel anordnete. Einzelheiten darüber, worauf zu achten war – Rucksäcke, Fesselinstrumente, Verkleidungsteile –, hörten die Streifenbeamten so über eine abhörsichere Leitung. Jeder relativ neue silberne Honda Accord in der Stadt wurde angehalten, vor allem, wenn er ein Mietwagenkennzeichen hatte. Es war ein sehr beliebtes Fahrzeug, und manchmal kam es vor, dass gleichzeitig vier oder fünf auf derselben Straße angehalten wurden. Einige der Streifenbeamten verlegten sich darauf, kontrollierte Autos in der linken oberen Ecke der Windschutzscheibe zu markieren, um wiederholte Überprüfungen zu vermeiden. Geparkte Accords dieser Farbe wurden kurz kontrolliert und sofort abgeschleppt, wenn auch nur die geringsten Verdachtsmomente vorlagen wie ein Buch oder eine Sporttasche oder Kleidung zum Wechseln. Wenn die Besitzer sich bei uns meldeten, wurden sie aggressiv vernommen, bevor sie ihr Fahrzeug zurückerhielten. Aber das alles führte zu nichts.
Jeffs Vater hatte ein Foto gemailt, das ich sofort an alle Streifenwagen weiterverschickte. Wir gaben auch ein Foto des unverkleideten Durand aus, was mir allerdings wie sinnloser Aktivismus vorkam. In den nächsten zwei Stunden saß ich da, starrte das Telefon an und hoffte auf eine neue Spur, irgendetwas, das wir verfolgen konnten. Es starrte stumm zurück, während das Essen, das mir irgendjemand hingestellt hatte, kalt wurde.
Jeffs Vater kam, ohne seine anderen Kinder.
Der ganze Ernst der Lage wurde mir nun auf eine Art und Weise klar, die ich nie erwartet hätte, als ich nämlich jemandem gegenübersaß, mit dem ich regelmäßigen Kontakt hatte und dessen Kind jetzt das Ziel einer massiven und höchst intensiven Suche war, weil es sich in den Fängen eines Monsters befand. Sein Sohn hatte das Verbrechen begangen, ein Freund meines Sohnes zu sein, nicht mehr und nicht weniger. Ich wusste zu der Zeit noch nicht, ob Jeff selbst als Opfer ausgesucht oder mit meinem Sohn verwechselt worden war. Eine Durchsicht von Durands Überwachungsvideos könnte das aufklären. Hatte Kevin, das begleitende Elternteil, nicht nur mit seinem eigenen Sohn, sondern auch mit Jeff herumgealbert? Die beiden sahen aus wie Brüder, und Evan kam eher nach seinem Vater. Vielleicht hatte Durand den Fehler gemacht, Jeff für Kevins – und mein – Kind zu halten.
Ich konnte ihm das nicht sagen, noch nicht. Es würde alles nur noch komplizierter machen. »Sie sollten jetzt nach Hause gehen und sich um Ihre anderen Kinder kümmern«, sagte ich ihm.
»Ich muss hier sein«,
Weitere Kostenlose Bücher