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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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einmal waren Evan und ich allein für einige kostbare Minuten der Kameradschaft. Lieber Gott, betete ich, lass diese kostbaren Augenblicke nie zu Ende sein, lass mich für meinen Sohn immer so wichtig sein.
    Es würde viel zu schnell vorüber sein. Mit jedem seiner Atemzüge teilten sich Evans Zellen, seine Knochen wurden länger, die Hormone meldeten sich, und er entfernte sich von mir. Genau das passiert, wenn man sie nährt und aufzieht. Aber in Augenblicken wie diesen konnte ich mir seine früher so winzigen Arme um meinen Hals vorstellen, seinen süßen Babyduft riechen, sein absolutes Vertrauen und seine Verehrung spüren, alles Überbleibsel aus der Zeit, als ich noch allmächtig war, die Göttin, die Quelle von Nahrung und Wissen.
    Es war eine Reduktion sondergleichen, einfach nur seine Mutter zu sein.
    »Mom«, sagte Evan, dessen Augen nun dennoch leuchteten vor Bewunderung, »ich weiß, du magst nicht, dass wir darüber reden, aber es ist einfach zu cool. Du hast das herausgefunden – das ist unglaublich. Dein Job ist echt Klasse. Ich habe mir überlegt, ob ich vielleicht auch Polizist werden will.«
    Wenn ich erwachsen bin, will ich so sein wie meine Mutter – dass ein Junge das sagt, ist schon merkwürdig, aber es tut einem sehr gut. Da gab’s nur ein Problem – Polizist zu sein war nicht mehr so wie zu der Zeit, als ich anfing. Die Missachtung von Autoritäten, die jetzt so gang und gäbe ist, fing damals gerade erst an. Die akute persönliche Gefährdung war noch nicht so groß, die juristischen Vorschriften waren noch nicht so streng.
    »Du müsstest aber dennoch aufs College gehen. Du musst viel wissen. Heutzutage braucht man bei der Polizei Leute mit Bildung.«
    »Das ist okay. Aufs College will ich sowieso.«
    »Ich fühle mich geschmeichelt, Evan. Es tut mir wirklich gut, wenn du solche Sachen sagst. Aber du hast noch viel Zeit, um zu entscheiden, was du mit deinem Leben anfangen willst.«
    »Soll heißen, du willst nicht, dass ich Polizist werde.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber du denkst es. Ich weiß es.«
    Ich zerstrubbelte ihm liebevoll die Haare. Er erstarrte. »Ich bin kein Kind mehr, Mom.«
    »Ich weiß, Evan. Tut mir Leid. Hör zu, jetzt, da die Mädchen im Bett sind, will ich mit dir was besprechen.«
    Ungefähr eine Sekunde lang schwieg er und sagte dann: »Über Sex weiß ich schon Bescheid, Mom. Dad hat mir letztes Jahr ’ne Menge erzählt.«
    Ich versteckte meine Überraschung hinter einem Lächeln. »Darüber wollte ich auch gar nicht mit dir reden.«
    Er schien außerordentlich erleichtert. »Gut. Über was dann?«
    »Ich will einfach, dass du vorsichtig bist. Ich will nicht, dass du Angst vor der Welt hast, sie ist nämlich ein wunderbarer Ort, und ich hoffe, du vergisst das nicht. Aber es gibt da draußen Leute, die wir nicht richtig verstehen können, weil bei denen innen drin was nicht stimmt. Sie verhalten sich nicht so wie normale Leute. Ich will nur, dass du dir bewusst machst, was um dich herum vorgeht. Wenn du bei Leuten ein komisches Gefühl bekommst, geh weg von ihnen. Das gilt für alle. Wenn jemand, den du kennst und dem du vertraust, sich irgendwie komisch verhält, kannst du einfach weggehen. Und bitte erzähl es mir. Bitte. «
    Er sank in die Couchkissen und verstummte.
    »Evan.«
    Er schaute mich an, sagte aber nichts.
    »Das ist wichtig, Liebling.«
    »Okay«, sagte er ernst.
    Ich konnte mich gerade noch zurückhalten, ihm noch einmal durch die Haare zu fahren. »Danke«, sagte ich.
     
    »Ruhiger Vormittag«, sagte Escobar. »Aus irgendeinem Grund scheinen die Haie heute keine so engen Kreise zu ziehen.«
    Zehn Tage waren vergangen, seit die Geschichte an die Öffentlichkeit gelangt war. Die anfängliche hitzige Faszination hatte nachgelassen, da andere wichtige Dinge passiert waren. Es hatte eine Schießerei in einer Schule gegeben und eine Geiselnahme auf einem Flughafen, und dies lenkte den Vierten Stand ab, ganz zu schweigen von der allgegenwärtigen Paranoia wegen möglicher bioterroristischer Anschläge. Elf Tage vergingen, dann zwölf; meine Kinder waren wieder bei ihrem Vater, riefen aber häufig an, angeblich, um mich zu fragen, wie es mir gehe, in Wahrheit aber mit einem ganz anderen Anliegen: Wann dürften sie anfangen, mit ihren Kumpels zu reden?
    Noch nicht. Bald, aber jetzt noch nicht.
    Am Vormittag des dreizehnten Tages saß ich an meinem Schreibtisch und arbeitete mich durch den enormen Papierkram des Durand-Falles. Das Telefon

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