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Die Schrift an der Wand

Die Schrift an der Wand

Titel: Die Schrift an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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rein oder so was in der Richtung –
unterwegs!«
»Na dann …« Die Mutter rückte zur Seite, um uns vorbeizulassen.
Draußen im Flur hatte ein athletisch gut gebauter Mann in
einem schwarzen T-Shirt, dunkler Hose und Tätowierungen an
den Unterarmen gerade seine schwarze Lederjacke auf einen
Bügel gehängt. Er war in den Dreißigern, hatte nach hinten
gekämmtes, pomadig glänzendes Haar und ein muskulöses
Gesicht mit tiefen Furchen von den Nasenflügeln abwärts.
»Hallo, Astrid!« sagte er mit einem selbstsicheren Lächeln.
»Hallo«, sagte sie kurz und abweisend.
»Sie will gehen«, sagte die Mutter schnell.
»Meinetwegen kann sie ruhig bleiben.«
»Sie will gehen, hab ich gesagt!«
Er sah mich hart an. »Und was is’ das hier für’n Vogel? Ihr
Lover?«
Ich hielt seinen Blick fest. »Nein, ich bin die Putzfrau.«
Er kam schnell auf mich zu und hob eine Hand. »Paß auf,
sonst helf ich dir putzen, ja!«
Gerd Nikolaisen ging dazwischen. »Er will auch gehen! Das
ist nur einer von …«
»Einer von …?«
»Einer, der eine Freundin von Astrid sucht, die nicht nach
Hause gekommen ist.«
»Torild Skagestøl«, sagte ich. »Wissen Sie vielleicht was
darüber?«
Einen Augenblick befand er sich auf unsicherem Boden. »Was
wissen, ich … Was meinste denn?«
»Na ja, also wenn nicht, dann können Sie sich ruhig in die
hinteren Gemächer zurückziehen. Dann haben wir nichts weiter
zu besprechen.«
Er wandte sich an die beiden anderen. »Hört ihr, wie der mit
mir redet? Provoziert er, oder bin ich das?«
Gerd Nikolaisen faßte ihn am Arm. »Komm, Kenneth! Wir
gehen ins Wohnzimmer. Die wollten sowieso gehen.«
Er riß sich los. »Das hab ich schon kapiert! Wenn du nich’ mit
dem Gelaber aufhörst, dann geh ich vielleicht auch!«
Ich fühlte, wie sich meine Bauchmuskeln spannten, bewegte
mich in Richtung Ausgang und wandte mich an Astrids Mutter.
»Wenn jemand von Ihnen etwas von Torild hören sollte, dann
würden wir uns freuen, von Ihnen zu hören.«
»Ich glaube nicht. Aber wo kann ich …«
Der Mann, den sie Kenneth nannten, zündete sich mit einer
aufreizenden Handbewegung eine Zigarette an. In seinen Augen
blitzte es immer noch wütend.
»Sie können bei ihr zu Hause anrufen. Sie steht auf der Klassenliste. Skagestøl. Im Furudal.«
»Aufm Snobberg«, murmelte Kenneth.
Ich kam ihm nah genug, daß er mir Zigarettenrauch ins Gesicht blasen konnte. Ich hätte ihm natürlich einen Ellenbogen
mitten in die Visage schlagen können. Aber ich hatte Besseres
zu tun, als die nächsten Stunden in der Schlange vor der
Notambulanz zu verbringen. »Entschuldigen Sie die Störung«,
sagte ich und ging.
Astrid folgte mir. Auf dem Weg zu den Fahrstühlen sagte sie:
»So ’n Arschloch! Hält sich für’n Weltmeister, nur weil …«
»Nur weil …?«
»Ach nee. Nix.«
Vor dem Haus fragte ich sie, ob ich sie irgendwo hinfahren
könne.
Sie sandte mir einen Blick, der unterstellte, daß ich ihr weit
mehr vorgeschlagen hatte, als eine freundschaftliche Mitfahrgelegenheit. »Und wohin?«
Ich seufzte. »Na ja, wohin willst du denn? In die Stadt?«
»Vielleicht. Na gut.«
Ich schloß zuerst ihr die Tür auf, bevor ich auf meine Seite
ging. Als ich mich hinter das Steuer setzte, saß sie schon auf
dem Platz daneben. »Aber wenn Sie irgendwas machen, dann
kurbel ich die Scheibe runter und schrei!« sagte sie mit einem
matten Lächeln, so daß es eher wie eine Einladung klang als wie
eine Warnung.
7
    Ich nahm die Abkürzung über Leitet und Brattlien, und Bergens
Zentrum lag plötzlich wie eine unerwartete Senke im Gelände
links von uns. Als ich im Øvre Blekevei parkte, sah sie sich
mißtrauisch um. »Was woll’n wir hier?«
»Parken.«
     
»Hätt’ste nich’ vorher Bescheid sagen können, daß de aufs
    Land willst, dann hätt ich ’n Bus genomm’.«
»Es dauert fünf Minuten, zum Fiskertorg runter zu gehen.«
»Ich will aber nich’ zum Fiskertorg!«
Ich beugte mich an ihr vorbei und öffnete ihre Tür.
Sie rutschte tiefer in den Sitz. »Faß mich nich’ an!«
»Bleib ganz ruhig. Nicht mal mit Gummihandschuhen.«
Mit einem Wutschnauben stieg sie aus dem Wagen. Während
ich ihn abschloß, stand sie da und sah sich um. »Und wo muß
ich jetzt lang?«
    »Warst du denn noch nie auf dem Hochfjell?« Ich zeigte in
Richtung Telthussmauet. »Der kürzeste Weg geht da lang. Aber
wenn du die Aussicht genießen willst«, ich zeigte die Straße
hinauf, »kannst du auch über Skansen

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