Die Schrift an der Wand
bin, mach einfach, was du immer machst, ich werde dir
einen Zuschlag bezahlen, du bekommst, was du willst!‹«
Er sah mir tief in die Augen, als suchte er dort eine Form von
Verständnis. »Sie müssen verstehen, es war so merkwürdig …
Es war, als ob – als ob …« Sein Blick wanderte zur Kellertreppe.
Ich half ihm auf die Sprünge. »Als sei es Ihre eigene Tochter,
mit der Sie …«
»Ja! Sie sagte: ›Laß mich gehen!‹ Aber ich sagte: ›Willst du,
daß ich es deinem Vater und deiner Mutter erzähle, was?‹ Sie
stand stocksteif da, während ich sie auszog. Ich legte sie auf das
Bett, zerrte mir meine eigenen Kleider runter, zwang sie, mich
zu berühren, während ich sie küßte und streichelte, bevor ich
…«, sein Mung zog sich zusammen, »… den Geschlechtsverkehr vollzog. Sie …«
»Ja?«
»Sie lag unter mir und weinte, es war abscheulich!«
»Sie waren … Jemand hat mir früher einmal gesagt, daß Sie
und die Familie Skagestøl sich so nah waren, daß es war, als
seien ihre Kinder auch eure Kinder und – umgekehrt. Wenn man
es so betrachtet …«
»Ja! Es war genau das! Ich gebe es zu – es hat mich wahnsinnig heiß gemacht. Und ich empfand dabei eine Verachtung mir
selbst gegenüber, die ich noch niemals gefühlt hatte.«
»Und dann …«
»Dann …« Die Worte kamen jetzt schwerer heraus. »Sie
weinte die ganze Zeit, und mir war, als ob – als ob ich mich
verstecken mußte, ihr Gesicht aussperren –«
»Und das taten Sie, indem Sie …«
»Ich griff nach dem Kopfkissen, legte es über ihr Gesicht und
– und drückte zu. Sie wehrte sich, aber ich dachte: Sie wird es
verraten, sie wird es jemandem erzählen, Åsa, Randi, Holger …
Ich … Und dann drückte ich und drückte, bis sie schließlich
ganz ruhig dalag … Verstehen Sie?«
Ich spürte einen scharfen Stich in der Brust, wie einen plötzlichen Muskelschmerz. »Ich verstehe, was Sie sagen, ja, aber ich
… Doch, rein psychologisch kann ich sogar verstehen, warum
Sie getan haben, was Sie getan haben … Aber zu verstehen,
wirklich verstehen, Furubø, das beinhaltet so vieles … Das
können Sie nicht von mir erwarten. Dafür brauchen Sie einen
Pfarrer und keinen Privatdetektiv.«
Er versuchte sich zusammenzureißen, richtete sich auf und sah
sich um, als sei er erleichtert, es hinter sich zu haben.
»Und … hinterher?«
Er sah verwundert zu mir auf, als fände er die Frage abwegig.
»Ich habe unten in der Bar angerufen, Robert die Situation
erklärt, daß ein Unfall passiert sei, und daß ich natürlich bereit
sei, die Extraausgaben zu übernehmen, die das Hotel dadurch
hätte … Er sagte, das solle ich vergessen, dies sei eine mißliche
Situation, die es in dem Betrieb nun mal manchmal gäbe …
Danach habe ich nichts mehr gehört, bis ich -ja … Sie wissen.«
»Sie haben wirklich nichts mehr von ihnen gehört, danach?«
Er schüttelte heftig den Kopf. »Nicht das geringste …« Sein
Blick flackerte. »Aber ich … ich gebe zu, daß ich erwartet habe,
nicht so, nicht ganz ohne Blessuren davonzukommen. Alles hat
seinen Preis«, sagte er mit einem zynischen kleinen Lächeln, als
sei es diesen dennoch wert gewesen.
Ich stand auf. »Tja … Sie sollten wohl einfach hierbleiben, bis
die Polizei kommt.« Ich sah ihn nachdenklich an. »Den Namen
der Strafe werden Sie noch früh genug erfahren.«
»Den Namen?«
»Als erstes werden Sie von Ihnen eine Blutprobe nehmen.«
Er wurde blaß. »Was meinen Sie damit? Blutprobe?«
»Ja.« Eine ausführlichere Antwort gab ich ihm nicht. »Vielleicht wollen Sie es zuerst Ihrer Frau und Åsa erzählen?«
»Was denn erzählen, zum Teufel?«
»Alles. Das, wozu Sie sich in der Lage fühlen.«
Er betrachtete mich mit ergebener Miene. »Sie können …
wenn Sie sie bitten würden, raufzukommen …«
Ich nickte. Bevor ich ging, warf ich einen letzten Blick auf ihn.
Er füllte sein Bierglas erneut und setzte sich in den Sessel vor
dem Fernsehschirm, wo das Fußballspiel längst angefangen
hatte. Aber er drehte die Lautstärke nicht höher, und es sah nicht
so aus, als würde der Ausgang ihn besonders interessieren. Es
würde in jedem Fall lange dauern, bevor er wieder Freude an
einem eventuellen Totogewinn haben würde.
Ich ging die Treppe hinunter und klopfte an die Tür der Kellerstube, wo Åsa und ihre Mutter saßen, die Tochter auf dem
Sofa, die Mutter auf einem der Sessel, mit verkniffenen Gesichtern und ohne ein Wort miteinander zu wechseln. Im Radio
sprach eine
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