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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Gebärde hatte nichts Zärtliches, nichts Liebkosendes an sich, sie hätte auch einem Haustier gelten können, welches das Eigentum eines Menschen bildet. Adrienne schauderte es jedes Mal leicht, wenn ihr Mann sie berührte. Uzdy war sich dessen offensichtlich bewusst und stellte seine Rechte umso mehr heraus. Intolerabel! Unerträglich!
    Bálint bat nach dem Mittagessen um einen Wagen. Die neue Regierung lieferte einen guten Vorwand. Er müsse wahrscheinlich nach Pest verreisen. Man werde das Haus zweifellos einberufen. Vielleicht erwarte ihn in Klausenburg bereits ein Telegramm. Er müsse fahren, unverzüglich, noch heute mit dem Nachmittagszug.
    Es war ungut, so fortzugehen. Ungut, dass er sich von Adrienne nicht allein verabschieden konnte. Dass er ihr kein Wort sagen, ihr nicht anvertrauen konnte, wie viel Mitleid er für sie empfand. Doch alles war besser, als da zu verweilen, Zeuge zu sein bei … ein höfliches Gesicht zu machen, wo er doch hätte töten mögen. Adrienne verstand gewiss, warum ihr Freund so unerwartet aufbrach. Trauer und Flehen um Mitleid lagen in ihren gelben Augen. Doch sie suchte ihn nicht zurückzuhalten. Als sie Abschiedsworte sprach, bogen sich ihre Lippen leicht zurück, als böte sie den Mund zum Kuss. So wie Bálint sie das Küssen gelehrt hatte. Nur so viel.
    »Nie! Nie mehr!«, sagte sich Bálint, als die Britschka hinter den dahinstürmenden Trabern aus dem Schlosshof kurvte. »Nie mehr werde ich meinen Fuß über diese Schwelle setzen!«

    23 »Alle Ehre! Respekt!« deutsch im Original, ebenso hernach: »allen Respekt!« (A.d.Ü.)

IV.
    Die Ernennung der Regierung Fejérváry löste eine unbeschreibliche Aufregung aus. In der Provinz vergingen die ersten Tage damit, dass man auf Nachrichten wartete. Die Menschen konnten nicht glauben, dass solches wirklich möglich sei, so unerwartet war das Geschehen, so sehr widersprach es all ihren verfassungsrechtlichen Kenntnissen; es prallte auf ihr Sicherheitsbewusstsein, worin sie seit nahezu fünfzig Jahren gelebt hatten, auf ihren Glauben an die Unantastbarkeit des Parlamentarismus. Vergeblich beteuerte die neue Regierung in Kommuniqués, dass sie einzig dazu angetreten sei, die notwendigsten Staatsgeschäfte zu führen und einen Ausweg vorzubereiten, das Publikum akzeptierte die Rechtfertigungen nicht. Die oppositionelle öffentliche Meinung wollte anfänglich wissen, eine entsetzliche Intrige Tiszas stecke hinter der Maßnahme des Königs, aber es zeigte sich bald, dass diese Lösung auch von Tisza selber verurteilt wurde; er nahm gegen das neue Kabinett Stellung, und diejenigen, die darin einen Posten angenommen hatten, komplimentierte er aus seiner Partei hinaus. Seit der Schmerling-Ära hatte man ein politisches Unternehmen noch nie so eindeutig zurückgewiesen. In dieser Atmosphäre hielt die Stadt Klausenburg ihre Jahres-Generalversammlung ab. Der Ratsaal hatte sich zum Bersten gefüllt. Die Ratsmitglieder waren vollzählig erschienen, und hinter ihnen, zwischen den im Halbkreis angeordneten Bänken und den Wänden, war der Raum von den hereingeströmten Zuhörern dicht besetzt, mehrheitlich von der studentischen Jugend, die gekommen war, um oppositionelle Redner begeistert zu bejubeln und jene auszubuhen, die den Mut hätten, für die Regierung einzutreten – sofern sich solche überhaupt finden sollten. Jedermann wusste, dass ein Vorschlag eingereicht worden war, die Ausführung der Anordnungen der Regierung allen städtischen Beamten zu verbieten. Ausgearbeitet und im Land verbreitet hatte den Vorschlag das »Führungskomitee« der parlamentarischen Koalition, die eine Tätigkeit als Gegenregierung zu entfalten begann. Hier in Klausenburg, wo die Generalversammlung schon zuvor angesetzt worden war, würde man die Forderung heute ein erstes Mal behandeln, während die Ratssitzungen in den anderen Komitaten und Städten erst später folgen sollten. Jedermann wartete auf die Debatte über diese Eingabe. »Das ist die erste Schlacht, das erste Kräftemessen«, sagten sich die Leute. »Ob Szvacsina, der Bürgermeister, der den Vorsitz führt, den Antrag zur Behandlung wohl zulässt? Wird er nicht Vorwände suchen, um ihn auf die lange Bank zu schieben? Wird er sich nicht darauf berufen, dass er erst heute früh eingereicht worden sei, wird er nicht sagen, der Punkt befinde sich somit nicht auf der Tagesordnung?« Und die Zuhörer waren entschlossen, ein grässliches Spektakel zu veranstalten, falls das Präsidium versuchen

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