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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Frist vertagt. Die Opposition wartete mit geballter Faust. Sie rechnete damit, dass ihr der langsame Zerfall der Staatsordnung zuletzt den Sieg bringen würde. Ihre Leute vertrauten nur noch darauf. Auch ihnen war es schon klar, dass sich ihr staatsrechtliches und wirtschaftliches Programm nicht verwirklichen ließ, doch konnten sie auf ihre oft verkündeten Parolen, mit denen sie die Mehrheit errungen hatten, nicht verzichten. Ihre Anführer und ihre Blätter wiederholten weiterhin die eigenen Sprüche, aber das breite Publikum kehrte nach all den Aufregungen im Sommer und Herbst zum gewohnten Leben zurück.
    Außer aus den verspätet ankommenden Tageszeitungen vernahm Bálint von zu Hause kaum Nachrichten. Einmal verschlug es einen Bekannten nach Genua. Er erzählte, dass Gyerőffy nach wie vor groß Karten spiele und auch dieses Jahr Vortänzer sei. Er servierte auch gesellschaftlichen Klatsch, unter anderem, dass der bulgarische Zar auf der Durchreise in Budapest geweilt habe und dass ihm zu Ehren im erzherzoglichen Palais ein glänzender Ball gegeben worden sei. Es sei wirklich ein prachtvolles Fest gewesen. All dies interessierte Abády freilich nicht allzu sehr.
    Briefe wechselte er nur mit Adrienne. Selbst diese Schreiben waren knapp gefasst, und sie folgten einander mit einem Abstand von zwei bis drei Wochen. Daraus wusste er, dass Addy ihre Wohnung in Klausenburg bezogen hatte und dass sie, wie letztes Jahr, ihre Schwestern zu den großen gesellschaftlichen Anlässen begleitete. Und dass Wickwitz sich nicht in der Stadt befand; angeblich hatte er vom Regiment keinen Urlaub erhalten. Dass Judith, so zumindest scheine es, jetzt viel ruhiger geworden sei. »Vielleicht gibt sie diesen Wahnsinn doch auf«, fügte Adrienne hinzu. In einem späteren Brief berichtete sie, dass die Ärzte ihrer Mutter eine dringende Kur verordnet hätten, sie sei nach Wien gereist, wo man sie in einem Sanatorium behandeln werde. Die Miloth-Mädchen seien deshalb zu ihr in die Villa Uzdy gezogen. Sie wohnten im Zimmer ihres Töchterchens, das die Schwiegermutter natürlich mit sich nach Meran genommen habe. So sei sie jetzt den ganzen Tag zusammen mit den Schwestern, und zwar umso mehr, als die alte Frau ihren Wohntrakt abgeschlossen habe, sodass Adriennes Salon im Erdgeschoss der einzige Raum sein, wo sie sich aufhalten könnten. »Das passt mir nicht besonders, hat aber einen Vorteil. Judith und ich, wir sind einander wieder nähergekommen. Sie hält mich jetzt vielleicht nicht mehr für ihre Feindin. Abends, wenn es keinen Ball gibt, kommen die beiden zu der Stunde, da ich mich zu Bett lege, zu mir herüber. Wir tratschen dann noch ein gutes Stück, was sehr gut ist. So kann ich sie heilen, und ich denke, es wird mir gelingen.«
    Über ihre Liebe stand in diesen Briefen nie ein Wort. Einzig die Unterschrift bezog sich darauf: »G.M.« Die gleichen Buchstaben leiteten auch Bálints Briefe ein. Sie bedeuteten so viel wie »Gelbäugiges Monster«.
    Wenn er am Ende eines Briefs anlangte, verfiel Bálint immer in Nachdenken. Stets erwachte in ihm die Erinnerung an den Spaziergang oberhalb des Házsongárd, als er Adrienne nach seiner ersten Enttäuschung zum ersten Mal so genannt hatte. Eine Frau war sie und war es doch nicht. Schön und begehrenswert, aber es ekelte sie vor der Wirklichkeit der Liebe. Damals hatte er die langsame Arbeit begonnen, mit der er sie allmählich zu gewinnen hoffte. So wie die Tierbändiger die wilden Bestien Schritt für Schritt an ihre Präsenz gewöhnen, sie lieb behandeln, beruhigen und mit ihnen spielen, während sie ständig wachsam bleiben. Ja, das war es ganz: Zähmung. Doch wie bescheiden nahm sich das Ergebnis nach so langer Zeit aus. Auch jetzt, unlängst im Wald … Vielleicht war es besser so! Wer weiß, wohin es führen würde, wenn sie seine Geliebte wäre … Das wäre kein flüchtiges Abenteuer … es könnte für ein Leben sein … Das Beste war die Arbeit. Darin ließ sich seine Liebe einbetten, er fasste sie in Worte, in Gedanken, er wird die quälende Sehnsucht nach dem Körper der Frau aus sich herausbrennen. Und ihre Freundschaft, sie würde erhalten bleiben, eine Art »amitié amoureuse«, wie Goethe seine Liebe zu Lotte aus sich selbst hinausgeschrieben hat. Die Wochen vergingen, und er wurde tatsächlich ruhiger und – wie er meinte – freier.

    Am 16. Februar bekam er ein Telegramm. »Bitte kommen Sie sofort. G.M.« Nicht mehr. Was war geschehen? Es musste etwas Schreckliches

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