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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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hätte niemals eine Schusswaffe bei sich gehabt.«
    »Bei der Dorothy-Day-Mission?«, fragte ich.
    »Sie wurde von Dorothy Day gegründet. Aber sie heißt St. Joseph House und liegt an der East First Street. Woher wussten Sie das?«
    Inzwischen hämmerte mir der Schädel.
    »Warum war Ihr Bruder hier unten? Woran hat er gearbeitet?«, fragte ich.
    »An einem Buch über eine berühmte Familie dort unten. Sie wohnten auf einer Insel. Sie besaßen Konservenfabriken, glaube ich. Wieso?«, erwiderte sie.
    Ich besorgte mir einen Streifenwagen und machte mich auf die Suche nach Perry LaSalle. Ich hielt mir eine Zeitung über den Kopf, rannte über den Gehweg zu seiner Kanzlei an der Main Street und schloss rasch die Tür, ehe es hereinregnen konnte. Als ich mir das Wasser aus den Augen wischte, sah ich die Sekretärin stocksteif an ihrer Schreibmaschine sitzen, mit wütend funkelndem Blick, das Gesicht von dem Mann in Khakikleidung abgewandt, der auf einem Diwan saß, seinen Hut mit der Krone nach unten neben sich liegen hatte, während der Rauch einer filterlosen Zigarette sich zwischen seinen Fingern emporkräuselte.
    Legion Guidrys Blick wanderte von der Sekretärin zu mir. Ich schaute weg.
    »Ist Perry da, Miss Eula?«, fragte ich.
    Mit vollem Namen hieß sie Eula Landry. Ihre Haare waren beinahe blau gefärbt, und mit ihrem flachen Busen, der spröden Haltung und den Blaustrumpfmanieren, die man ihr am Millsaps College beigebracht hatte, war sie fast so etwas wie ein fester Bestandteil von Perrys Kanzlei. Aber offensichtlich wurde ihre unterkühlte Art, mit der sie das Auf und Ab der Welt von sich fern hielt, im Moment auf eine harte Probe gestellt.
    »Nein, er ist nicht da«, erwiderte sie.
    »Darf ich fragen, wo er ist?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie gereizt.
    Sie stand auf, ging mit sittsamen Trippelschritten nach hinten, in eine kleine Teeküche, und goss sich eine Tasse Kaffee ein. Ich folgte ihr. Sie hatte mir den Rücken zugekehrt, aber ich sah, dass die Untertasse in ihrer Hand zitterte.
    »Was ist los, Miss Eula?«, fragte ich.
    »Ich soll dem Mann da draußen nicht verraten, wo Mr. Perry ist. Legion heißt er. Er macht mir Angst.«
    »Ich schaffe ihn raus«, sagte ich.
    »Nein, dann weiß er, dass ich es Ihnen gesagt habe.«
    »Wo ist Perry?«, fragte ich.
    »In Victor’s Cafeteria. Mit Barbara Shanahan.« Dann blickte sie an mir vorbei und riss erschrocken die Augen auf.
    Legion stand unter der Küchentür und hörte zu.
    »Sie sagen Robicheaux, wo Perry LaSalle is, aber mir nicht?«, sagte er.
    »Tut mir Leid«, sagte sie.
    »Das soll Ihnen auch Leid tun«, sagte er, ging dann zurück in den Wartebereich, blieb mitten im Zimmer stehen und biss einen Niednagel an seinem Daumen ab.
    Er ergriff seinen Hut und setzte ihn auf, zog sich dann den Regenmantel über die Schulter. Miss Eula kippte den Kaffee ins Becken und spülte mit glühendem Gesicht die Tasse und die Untertasse unter dem Wasserhahn ab. Ich hörte, wie im Warteraum Glas zerbrach.
    Legion hatte einen Briefbeschwerer genommen, eine Schneekugel mit einer Winterlandschaft und stöbernden Flocken, den Glaskasten an der Wand zerschlagen und die konföderierte Kriegsflagge herausgenommen, die Perrys Vorfahren bei Manassas Junction, Ghettysburg und Antietam getragen hatten.
    Legion knüllte das von der Sonne verblichene und von Kugeln zerfetzte Tuch mit einer Hand zusammen, schnäuzte sich damit, wischte sich dann Nase und Oberlippe sorgfältig daran ab und warf die Flagge auf den Boden. Er zog die Tür hinter sich zu, als er ging, und zündete sich draußen auf der Galerie eine Zigarette an, bevor er durch den Regen zu seinem Pickup rannte.
    Ich stieg in den Streifenwagen, fuhr die Straße entlang zu Victor’s und ging hinein. Perry LaSalle und Barbara Shanahan saßen bei Kaffee und Kuchen an einem Tisch an der Seitenwand. Ein halbes Dutzend Stadtpolizisten, Männer wie Frauen, tranken ein paar Tische weiter Kaffee. Perry legte die Gabel hin und blickte zu mir auf.
    »Ich will nichts von Ihnen wissen, egal, worum es geht«, sagte er.
    »Wie wär’s damit? Ich habe gerade mit William O’Reillys Schwester in New York geredet. Legion Guidry hat 1966 ihren Bruder ermordet. O’Reilly wollte ein Buch über Ihre Familie schreiben. Legion ist nicht der Schlaueste, aber er wusste, dass er niemanden mehr erpressen kann, wenn ein Buch erscheint, in dem die Geheimnisse der Familie LaSalle enthüllt werden. Deshalb hat er den armen Kerl aus New York vor

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