Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Bachlauf geparkt. Der Schwarze sagte, der Fahrer hätte eine Bierdose aus dem Fenster geworfen, den Motor angelassen und wäre in die gleiche Richtung gefahren wie der Geländewagen.
Helen Soileau war meine Partnerin. Sie hatte ihre Laufbahn als Politesse beim NOPD begonnen, danach als Streifenpolizistin im Garden District gearbeitet, bevor sie in ihre Heimatstadt zurückkehrte und wieder von vorn anfing. Sie hatte eine Statur wie ein Mann, war streitbar und aufbrausend, aber von Clete Purcel, meinem alten Partner bei der Mordkommission in New Orleans, einmal abgesehen, war sie der beste Polizist, den ich je kennen gelernt habe.
Helen fuhr mit dem Streifenwagen an dem Tupelowäldchen vorbei, überquerte die Brücke über den Bachlauf und folgte einem Feldweg durch das Zuckerrohr, das von der Frühjahrsdürre hellgrün war und trocken im Wind wisperte. Vor uns befand sich ein weiteres Tupelowäldchen, das mit gelbem Absperrband umgeben war.
»Kennst du die Familie?«, fragte Helen.
»Ein bisschen«, erwiderte ich.
»Haben sie noch andere Kinder?«
»Nein«, sagte ich.
»Ein Jammer. Wissen sie schon Bescheid?«
»Sie sind heute in Lafayette. Der Sheriff konnte sie noch nicht erreichen«, sagte ich.
Helen drehte sich um und schaute mich an. Sie hatte ein massiges Gesicht und dichte, schulterlange blonde Haare. Sie kaute auf ihrem Kaugummi herum und warf mir einen fragenden Blick zu.
»Müssen wir sie verständigen?«, sagte sie.
»Sieht so aus«, erwiderte ich.
»Bei so einem Fall hätte ich am liebsten den Täter dabei, damit ihm die Angehörigen eine aufs Ohr geben können.«
»Schlechte Gedanken, Helen«, sagte ich.
»Ich bin so schuldbewusst, wie ich nur kann«, sagte sie.
Zwei Deputys, der Schwarze, der die Schüsse gemeldet hatte, und der Teenager, der den Geländewagen gefahren hatte, erwarteten uns außerhalb des Absperrbandes, das um das Tupelogehölz gewunden war. Der Junge hockte im Schneidersitz am Boden und starrte niedergeschlagen ins Leere. Durch das Rückfenster des Streifenwagens sah ich einen Krankenwagen, der die Brücke am Bachlauf überquerte.
Helen stellte den Streifenwagen ab, worauf wir in den Schatten der Bäume gingen. Die Sonne, rosa vom Staub, der über den Himmel zog, stand tief im Westen. Ein scharfer Gestank stieg mir in die Nase, wie von einem toten Tier, das im Bachbett verweste.
»Wo ist sie?«, fragte ich einen Deputy.
Er nahm die Zigarette aus dem Mund und trat sie aus. »Auf der anderen Seite von dem Brombeergebüsch«, sagte er.
»Heben Sie bitte die Kippe auf und zünden Sie sich keine weitere mehr an«, sagte ich.
Helen und ich duckten uns unter dem Absperrband hindurch und gingen mitten in das Wäldchen. Eine graue Wolke aus Insekten schwärmte über der Stelle, an der das Gras platt gedrückt war. Helen blickte auf die Leiche hinab und stieß den Atem aus.
»Zwei Wunden. Eine in der Brust, die andere an der Seite. Vermutlich eine Flinte«, sagte sie. Unwillkürlich suchte sie den Boden nach einer ausgeworfenen Patronenhülse ab.
Ich kauerte mich neben die Leiche. Die Hände des Mädchens waren über den Kopf gezogen und mit einem Springseil um den Fuß eines Baumstamms gebunden. Ihre Haut war durch den starken Blutverlust grau verfärbt. Die Augen standen noch immer offen und schienen auf eine etwa einen Meter entfernte wilde Blume gerichtet zu sein. Ihr Höschen hing um den einen Knöchel.
Ich stand auf und spürte, wie meine Knie knackten. Einen kurzen Moment verschwammen die Bäume auf der Lichtung vor meinen Augen.
»Fehlt dir was?«, fragte Helen.
»Die haben ihr eine ihrer Socken in den Mund gestopft«, sagte ich.
Helen ließ den Blick über mein Gesicht schweifen. »Reden wir mit dem Jungen«, sagte sie.
Seine Haut war mit Staub bedeckt, und Schweißbäche waren ihm aus den Haaren gelaufen und im Gesicht getrocknet. Sein T-Shirt war mit Dreck verschmiert und sah aus, als wäre es zusammengeknotet worden, bevor er es angezogen hatte. Mit unwirsch funkelnden Augen blickte er zu uns auf.
»Es waren also zwei Schwarze?«, sagte ich.
»Ja. Ich meine, ja, Sir«, erwiderte er.
»Nur zwei?«
»Mehr hab ich nicht gesehen.«
»Du hast gesagt, sie hatten Strickmützen auf? Und einer von ihnen trug Handschuhe?«
»Das hab ich gesagt«, erwiderte er.
Selbst im Schatten war es heiß. Ich tupfte mir mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.
»Sie haben dich also gefesselt?«, sagte ich.
»Ja«, erwiderte er.
»Mit deinem T-Shirt?«, fragte
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