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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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so hat er geheißen.«
    »Styles ist ein übler Typ, Schwester. Lassen Sie sich nicht mit ihm ein.«
    »Ich bin völlig außer mir, Mr. Robicheaux«, sagte sie.
    »Sie haben nichts Unrechtes getan.«
    »Hat Rosebud einen Mord mitansehen müssen? Bitte belügen Sie mich nicht«, sagte sie.
    Ich ging hinauf zum Haus und zog mich um, kochte mir Kaffee, wärmte einen Topf Milch und aß am Küchentisch eine Schale Müsli mit Blaubeeren. Bootsie kam in ihrem Frotteebademantel aus dem Schlafzimmer und nahm die Medikamente, mit denen sie ihren Lupus in Schach hielt, den roten Wolf, wie wir ihn nannten. Dann setzte sie sich gegenüber von mir hin und schlang sich die aufblasbare Manschette ihres Blutdruckmessgeräts um den Oberarm. Sie wartete, bis die Digitalziffern aufhörten zu blinken, ließ die Luft aus der Manschette ab und blies unwirsch die Backen auf, weil sie an ihrem Zustand nichts ändern konnte, ihre Krankheit als ungerecht empfand und nicht wusste, woher sie kam.
    »Du hast dein Leben lang Tag für Tag Salz und Braten gegessen, aber dein Blutdruck ist kaum höher als bei einer Mumie. Was für ein Geheimnis steckt dahinter, Streak?«, sagte sie
    »Das Dorian-Gray-Syndrom.«
    »Lass mich deinen Blutdruck messen«, sagte sie.
    »Ich sollte mich lieber auf den Weg machen.«
    »Nein, ich will sehen, ob das Messgerät richtig geht«, sagte sie.
    Sie schlang mir die Manschette um den Arm und pumpte sie mit dem kleinen Ball auf, den sie in der Hand hatte. Mit ausdrucksloser Miene schaute sie auf die Zahlen am Messgerät und ließ die Luft ab.
    »Dein Blutdruck liegt bei 165 zu 90«, sagte sie.
    Ich blätterte die Zeitung um und versuchte sie keines Blickes zu würdigen.
    »Das sind fast vierzig Punkte über deinem Normalwert«, sagte sie.
    »Vielleicht bin ich heute Morgen nicht ganz auf dem Posten.«
    Sie packte das Messgerät wieder in die Schachtel und rührte sich auf der Arbeitsplatte ihr Müsli an. Als sie wieder das Wort ergriff, kehrte sie mir immer noch den Rücken zu.
    »Meine ganzen Diätpillen sind verschwunden. Die Aspirin ebenfalls. Und die ganzen Multivitamintabletten, die ich mir in Lafayette besorgt habe. Was, zum Teufel, machst du, Dave?«, sagte sie.
    Ich ging ins Büro und versuchte mich auf den Packen Papierkram zu konzentrieren, der in meinem Eingangskorb lag. Ein gutes Dutzend Mitteilungen steckte in dem Fach für meine telefonischen Nachrichten, ein weiteres Dutzend in meinem Postfach. Ein Obdachloser, der tagtäglich durch die ganze Stadt zog und seine sämtlichen Habseligkeiten in ein gelbes Zelt eingerollt hatte, das er wie ein großes Kreuz quer über Nacken und Schultern trug, kam von der Straße herein und verlangte mich zu sprechen.
    In seinen Augen stand der Wahnsinn, die Haut war beinahe schwarz vor Schmutz, die Haare klebten vor Fett, und er stank so durchdringend, dass sich die Leute Taschentücher vor den Mund hielten und den Raum verließen.
    Er sagte, er hätte mich in Vietnam gekannt, behauptete, dass er der Sanitäter gewesen sei, der mich mit Blutplasma versorgt, mir einen Schuss Morphium verpasst, mich in einen Hubschrauber gezogen und in den Armen gehalten hätte, als die Kugeln der Kalaschnikows aus dem unter uns vorbeihuschenden Blätterdach scheppernd in die Zelle einschlugen.
    Ich schaute in sein zerfurchtes, von Schmerz gezeichnetes Gesicht, sah aber niemanden vor mir, den ich kannte.
    »Bei welcher Einheit waren Sie, Doc?«, fragte ich.
    »Wen schert das denn?«, erwiderte er.
    »Ich habe zwanzig Dollar bei mir. Tut mir Leid, dass es nicht mehr ist.«
    Er knüllte den Schein zusammen, den ich ihm gab. Seine Nägel waren dick wie Schildpatt und grau verfärbt vom Schmutz, der darunter saß.
    »Ich hatte einen Rosenkranz um meinen Stahlhelm geschlungen. Den hab ich Ihnen gegeben. Lassen Sie sich nicht hinterrücks erwischen, Mann«, sagte er.
    Als er weg war, öffneten wir die Fenster, und Wally, unser Telefonist, ließ vom Hausmeister den Stuhl abwischen, auf dem der Verwahrloste gesessen hatte.
    »Kennst du den Typ?«, sagte Wally.
    »Kann sein.«
    »Soll ich ihn aufgreifen und in ein Asyl bringen lassen?«
    »Der Krieg ist vorbei«, sagte ich und ging in mein Büro.
    Um zehn Uhr morgens wäre ich am liebsten aus der Haut gefahren. Ich lief zum Wasserspender, kaute zwei Packungen Kaugummi, ging schließlich zum Baron’s, unserem Fitnessstudio, und drosch auf den Sandsack ein, kehrte dann ins Büro zurück, schwitzte am ganzen Leib und war so gereizt, dass ich es kaum

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