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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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dass von unerwarteter Seite etwas gegen solche Missstände unternommen wird.
    Am Montagnachmittag zerrte Marvin Oates seinen rollenden Koffer eine Landstraße entlang, die sich zwischen Viehweiden und Pekanwäldchen hindurchzog, über eine Brücke hinweg, die einen von Hartholzbäumen und Zwergpalmen gesäumten Bachlauf überspannte, an gepflegten, im Schatten von Bäumen stehenden Cottages vorbei, deren Veranden mit Fliegendraht umgeben waren. Ein Stück vor ihm befand sich der Boom Boom Room, die verkommene Bar, die Jimmy Dean Styles gehörte. Ein rotes Kabriolett mit heruntergeklapptem Verdeck und plärrender Stereoanlage donnerte an ihm vorbei. Eine Tüte voller Fast-Food-Müll und leerer Bierdosen flog aus dem Fond und zerplatzte am Stamm eines Pekanbaums, sodass sich der ganze Abfall in einen Garten ergoss.
    Ratternd und klackernd, als kullerten Murmeln über ein Wellblechdach, rumpelte der am Boden des Koffers befestigte Rollschuh über den Straßenbelag, als Marvin mühsam seines Weges zog. Als er zum Boom Boom Room kam, standen drei von Jimmy Styles’ Rapperfreunden und zwei tätowierte, wasserstoffblonde weiße Frauen in Shorts neben dem Kabrio, tranken Bier aus langhalsigen Flaschen und ließen einen Joint herumgehen.
    Ein Schweißfaden lief unter Marvins Hut hervor und über seine Wange. Er lockerte seinen Schlips und stieß den Atem aus, als wollte er die Hitze loswerden, die sich unter seinem Sportsakko staute.
    »Entschuldigung, aber einer von euch hat da hinten eine Tüte voll Müll aus dem Auto geschmissen«, sagte er.
    »Was gibt es?«, sagte ein hoch aufgeschossener Mann mit orangeroten Haaren, durch dessen Augenbrauen Ringe gezogen waren.
    »In dem Haus, wo ihr euern Müll weggeschmissen habt, wohnen ein paar alte farbige Leute. Würd’s euch denn passen, wenn ihr an deren Stelle wärt und Essensabfälle voller Bazillen aufheben müsst?«, sagte Marvin.
    »Wo kommst du denn her, Bauernlackel?«, sagte der große Mann mit den orange-roten Haaren.
    »Daher, wo sich die Leute nicht so dafür schämen, was sie sind, dass sie zwei fetten Huren Geld geben, damit sie ihnen den Schwanz aus der Hose holen«, sagte Marvin.
    »Hey, Jimmy Sty, komm mal raus! Das musst du dir anschaun!«, rief ein anderer Schwarzer. Dann wandte er sich wieder an Marvin. »Erzähl uns das Ganze noch mal, Mann.«
    »Ich hab nicht vor, jemand anzustänkern. Ich mach mich jetzt wieder auf den Weg. Es sei denn, einer von euch will eine Illustrierte abonnieren oder eine günstige Bibel kaufen«, sagte Marvin.
    »Is denn das zu fassen?«, sagte der Mann mit den orange-roten Haaren und stellte seine Bierflasche auf den mit Austernschalen bestreuten Boden.
    »Sie ham mich was gefragt, und ich hab Ihnen eine offene Antwort gegeben. Die Bibel is mein Wegweiser, Sir. Wenn Ihnen das, was Sie zu hören kriegen, nicht passt, is das Ihre Sache«, sagte Marvin und tupfte sich mit seinem Jackenärmel die Stirn ab. »Heut versengt’s einen schier, nicht wahr?«
    Mittlerweile stießen ein paar weitere Leute aus der Bar zu der Gruppe, die um das Kabrio stand, darunter auch Jimmy Dean Styles. Fassungslos starrten sie Marvin an.
    »Hat dich jemand dazu aufgehetzt? Oder bist du bloß ein blöder weißer Mutterschänder, der Selbstmord begehn will?«, sagte ein Mann, der sich einen Nylonstrumpf über den Kopf gezogen hatte.
    Marvin hatte die Augenbrauen hochgezogen und schaute mit unschuldiger Miene auf eine Wolke. »Die meisten von euch sind doch bloß zur Welt gekommen, weil eure Mama kein Geld für die Abtreibung gehabt hat. Deswegen nennt ihr andere Leute ständig ›Mutterschänder‹. Weil ihr nämlich wisst, dass jeder in der Stadt eurer Mutter an die Wäsche gegangen is. Und jedes Mal, wenn ihr andre Leute mit so einem schlimmen Ausdruck beleidigt, fällt das auf euch selber zurück. Ich will euch damit nicht zu nahe treten. Das is bloß ’ne psychologische Tatsache.«
    Der große Mann mit den Ringen an den Augenbrauen griff zu der Bierflasche, die er auf den Austernschalen abgestellt hatte, schmiss Marvins Hut in die Menschenmenge und hieb Marvin die Flasche auf den Kopf.
    Marvin fiel über seinen Koffer und steckte einen Tritt in die Rippen und einen weiteren in den Hintern ein. Seine Jacke war mit Staub überzogen, als er sich an der Stoßstange des Kabrios hochzog, die Augen schloss und wieder öffnete, als hätte sich ein scharfes Metallstück tief in seine Eingeweide gebohrt.
    Er betastete seinen Hinterkopf und schluckte, lief dann

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