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Die Schuld des Anderen

Die Schuld des Anderen

Titel: Die Schuld des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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»Wenn ich nur wüßte, cb mein Onkel noch am Leben ist«, flüsterte sie.
    »Ich kann mir denken, wie sehr Sie das bedrücken muß«, meinte er. »Ich habe eben den Bericht in der Zeitung gelesen. Es besteht immerhin die Hoffnung, daß die Leute, die ihn entführt haben, wenigstens sein Leben schonen wollen.«
    Sie schaute zu ihm auf. Er hatte so freundlich, mitfühlend gesprochen. Was für ein Mensch war er? Er besaß viel Geld und machte dennoch stets einen melancholischen Eindruck.
    Bell ging ein paarmal durchs Zimmer und blieb dann vor ihr stehen. »Miss Maple, haben Sie noch irgendwelche andere Verwandte?«
    »Nein.«
    »Oder gute Bekannte?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Nur ganz flüchtig Bekannte. Früher war ich in einem Pensionat in Belgien, und meinen Onkel lernte ich ja erst nach dem Tod meines Vaters kennen.«
    Er nickte, sah zu Boden und gab sich dann einen Ruck. »Ich möchte Ihnen etwas sagen, Miss Maple, das Sie wahrscheinlich sehr verwirren wird. Vorausschicken muß ich, daß ich mir meiner Verantwortung durchaus bewußt bin und für Sie die größte Hochachtung und Bewunderung empfinde. Bitte glauben Sie mir also…«
    »Ich weiß nicht, was Sie mir sagen wollen - aber ich weiß, daß ich Vertrauen zu Ihnen habe«, antwortete sie zuversichtlich.
    »Vielen Dank, Miss Maple. Es handelt sich um folgendes - ich möchte Sie heiraten.«
    Sie sah ihn fassungslos an und wich unwillkürlich einige Schritte zurück.
    »Bitte, regen Sie sich nicht auf!« beschwichtigte er sie lächelnd. »Und vor allem - vermuten Sie nichts Schlimmes. Hier ist die Klingel - mein Diener ist in Rufweite.« »Aber - Mr. Bell …« rief sie bestürzt. Er hob beschwörend die Hand.
    »Verstehen Sie mich richtig, Miss Maple! Es geht darum, daß Sie mir einen großen Gefallen tun, gewissermaßen ein Opfer bringen. Sie würden Ihre volle Freiheit behalten, wenn Sie eine Ehe mit mir eingehen, ganz abgesehen von den materiellen Vorteilen, die dieser Schritt zur Folge hätte.«
    »Aber wir kennen uns doch erst seit kurzem und bei weitem nicht gut genug, um einen so schwerwiegenden Entschluß zu fassen«, erwiderte sie leise und schaute ihn ein wenig vorwurfsvoll an. »Eine solche Ehe wäre gegen alle meine Anschauungen - ich kann nur einen Mann heiraten, den ich liebe.« Sie stand auf.
    »Bitte bleiben Sie noch und hören Sie mir zu …«
    Sie setzte sich wieder.
    Seine Stimme klang eindringlich und fast verzweifelt. Unbeweglich saß sie da, während er sprach. Nur einmal sprang sie auf und ging erregt hin und her. Er sprach voll Hoffnung, aber auch voll Bitterkeit. Es wurde dunkel, und sie konnte nur noch undeutlich seine Umrisse sehen. Schließlich brach er ab - und sie hatte endlich begriffen..
    Als er später mit ihr auf die Straße trat, war es bereits Nacht. Er begleitete sie zu einem Taxi und half ihr beim Einsteigen.
    »Bis morgen also?«
    »Bis morgen«, wiederholte sie und reichte ihm die Hand.
    Comstock Bell ging zurück ins Haus, setzte sich vor seine Schreibmaschine und tippte einen Brief, den er an Wentworth Gold, Terriers-Klub, adressierte.

15
    Ein Mann, der durch seine krumme Haltung und den unbeholfenen Gang auffiel, überquerte spät abends langsam den Finsbury Square.
    Es befanden sich nur noch wenige Passanten auf der Straße. Ein Polizist an der Ecke folgte dem Mann mit den Blicken, allerdings weniger aus Pflichtgefühl als aus Langeweile.
    Der Mann sah recht auffallend aus. Er trug einen langen schwarzen Mantel und einen breiten Filzhut. Seine dunklen Haare, die sich hinten zu Locken rollten, hingen ihm bis auf den Mantelkragen. Allem Anschein nach war er Musiker oder irgendein verkommenes Genie.
    Langsam ging er die Broad Street entlang und bog dann in eine dunkle Seitenstraße ein, die zum Themseufer führte. Er überquerte gerade den großen freien Platz hinter der Börse, als eine Kirchenuhr in der City elf schlug. Ein Mann schlenderte langsam aus der Threadneedle Street und kam ihm halbwegs entgegen.
    »Nun, Clark -«, redete ihn der Mann im schwarzen Mantel an, »haben Sie einen Brief?«
    Er sprach französisch.
    »Nein, Mr. Willetts«, antwortete der andere. »Irgendwelche Aufträge für mich?«
    Auch er sprach französisch, doch mit einem deutlichen englischen Akzent.
    Der Mann, der Willetts genannt worden war, schüttelte den Kopf.
    »Nein, heute abend nicht.«
    »Es sind Leute gekommen, die nach Ihnen gefragt haben«, sagte Clark. »Man wollte von mir wissen, wo Sie wohnen.«
    »Ach, es wird schon nicht

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