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Die Schuld des Tages an die Nacht

Titel: Die Schuld des Tages an die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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torkelte mit stotternden Moto renweiter durch die Luft, stürzte zur allgemeinen Erleichterung aber nicht ab.
    War das ein böses Omen?
    Einige Monate später, als am menschenleeren Strand der Abend aufzog, zeichneten sich am Horizont monströse Schatten ab … Es war der 7 . November, die Landung der Alliierten an der Küste Orans hatte begonnen.
    »Drei Schüsse, jämmerliche drei Schüsse!«, schimpfte Pépé Rucillio, der sich normalerweise bedeckt hielt, in aller Öffentlichkeit auf dem Dorfplatz. »Wohin hat sich unsere tapfere Armee nur verkrochen?«
    Die Nachricht von der Landung der Alliierten wurde von den Einwohnern Río Salados aufgenommen, als hätte es ihnen den Wein verhagelt. Alle Männer hatten sich vor dem Rathaus versammelt. Ihre Mienen spiegelten ungläubige Wut. Manche saßen in äußerster Bestürzung auf den Gehwegen und rangen die Hände. Der Bürgermeister war stehenden Fußes in seinem Büro verschwunden, und seine engsten Mitarbeiter bekundeten, er halte ständigen Telefonkontakt zum Führungsstab der Garnison von Oran.
    »Die Amerikaner haben uns vergackeiert!«, tobte der vermögendste Weinbauer der Region. »Während unsere Soldaten im Bunker warteten, haben die feindlichen Schiffe unsere Verteidigungslinien umfahren und sind jenseits der Montagne des Lions unbehelligt am Strand von Arzew gelandet. Dann sind sie, ohne auch nur eine Menschenseele anzutreffen, bis Tlétat vorgestoßen und von dort hinterrücks auf Oran zumarschiert … Die Amerikaner sind schon über den Boulevard Mascara paradiert, während die Unsrigen noch auf den Steilfelsen nach ihnen Ausschau hielten. Und wohlgemerkt, nicht der Hauch eines Gefechts! Der Feind hat Oran betreten, als wäre es seine gute Stube … Was soll denn jetzt aus uns werden?«
    Den ganzen Tag über jagten sich die neuesten Meldungen und Gegenmeldungen in geradezu aberwitzigem Tempo. Un versehensbrach die Nacht herein, und viele kehrten erst im Morgengrauen nach Hause zurück, manche so verwirrt, dass sie schworen, sie hätten inmitten der Weingärten Panzer dröhnen hören.
    »Was ist nur in dich gefahren, dass du so spätabends noch auf der Straße bist?«, schimpfte Germaine, als sie mir die Haustür öffnete. »Ich bin vor Angst fast gestorben. Wo hast du nur gesteckt? Das Land liegt unter Kanonenbeschuss, und du treibst dich draußen herum.«
    Mein Onkel hatte sein Zimmer verlassen. Er saß im Wohnzimmer in seinem Sessel und wusste nicht, wohin mit den Händen.
    »Stimmt es, dass die Deutschen gelandet sind?«, wollte er wissen.
    »Nicht die Deutschen, die Amerikaner …«
    Er runzelte die Stirn:
    »Wieso die Amerikaner? Was haben die denn bei uns zu suchen?«
    Mit einem Ruck stand er auf, rümpfte verächtlich die Nase und schnaubte los:
    »Ich gehe wieder auf mein Zimmer. Wenn sie kommen, sagt ihnen, dass ich sie nicht sehen will und dass sie von mir aus das Haus anzünden können.«
    Es kam kein Mensch, um unser Haus anzuzünden, und kein einziger Luftangriff störte den Frieden unserer Felder. Ein einziges Mal waren zwei Motorradfahrer, die sich verfahren hatten, in der Nähe Bouhdjars, des nächsten Dorfes, gesichtet worden. Nachdem sie eine Weile ziellos herumgekurvt waren, kehrten sie wieder um. Manche sprachen von deutschen Soldaten, andere von einer amerikanischen Patrouille; da aber keiner der Mutmaßenden die beiden feindlichen Armeen aus der Nähe gesehen hatte, ließ man es dabei bewenden und machte sich wieder an die Feldarbeit.
    Der Erste, der nach Oran fuhr, war André Sosa.
    Er kam völlig aufgelöst zu uns zurück.
    »DieseAmerikaner kaufen alles auf«, berichtete er. »Krieg hin oder her, sie benehmen sich wie Touristen. Sie sind überall, in den Bars, den Bordellen, den jüdischen Vierteln und sogar im Village nègre, trotz der Verbote ihrer Vorgesetzten. Sie interessieren sich für alles: Teppiche, Flechtmatten, Scheschias, Burnusse, Stoffmalereien, und zahlen jeden Preis. Ich habe sogar einen gesehen, der hat alles gegeben, um einem Goumier sein altes verrostetes Bajonett aus dem Ersten Weltkrieg abzukaufen.«
    Und wie zum Beweis zog er einen Schein aus seiner Gesäßtasche und legte ihn auf den Tisch.
    »Da könnt ihr mal sehen, wie die mit ihrem Geld umspringen. Das da ist eine Hundert-Dollar-Note. Habt ihr schon mal einen französischen Geldschein gesehen, der so vollgekritzelt gewesen wäre? Das sind Autogramme. Ganz schön idiotisch, aber das Lieblingsspiel dieser Amis. Sie nennen es Short Snorter . Du kannst auch

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