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Die Schuld einer Mutter

Die Schuld einer Mutter

Titel: Die Schuld einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Daly
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passieren.« Sie versucht zu lächeln. »Wie dumm.« Ihre Augen sind rot gerändert und blutunterlaufen, die Haut darunter ist fast transparent.
    »Kate, es tut mir so leid. Ich weiß gar nicht, wie ich dir sagen kann, wie leid es mir tut.«
    Sie ergreift meine Hände. »Hör auf damit, Lisa. Ich bitte dich. Du hast dich entschuldigt. Es war nicht deine Schuld. Es ist niemandes Schuld. Ich hätte noch einmal nachfragen sollen. Wenn wir überhaupt von Schuld sprechen wollen.«
    Ich schüttele den Kopf. »Ich frage mich, wie du das schaffst«, sage ich, denn ihre Art, mit der Situation umzugehen, verblüfft mich einfach nur. »Ich weiß nicht, wie du so gerecht sein kannst. Entspricht das wirklich deinen Gefühlen?«
    »Wem würde es denn etwas bringen?«, sagt sie sanft. »Ich habe im Moment einfach keine Kraft für Wut. Ich will einfach nur, dass sie wieder nach Hause kommt.«
    »Das wird sie, ganz bestimmt.«
    Und dann sieht sie mich an, und die dunklen Schatten heben sich für eine Sekunde von ihrem Gesicht. »Weißt du was?«, sagt sie, »das glaube ich auch. Ich glaube, sie wird wirklich nach Hause kommen. Ich bin jetzt an einem Punkt angelangt, wo es mir egal ist, was ihr passiert ist, Hauptsache, ich bekomme sie zurück. Wir können alles schaffen, solange sie nur überlebt.«
    Ich tue mein Bestes, um so etwas wie einen hoffnungsfrohen Gesichtsausdruck hinzubekommen. Um ihr zu zeigen: Ja, auf jeden Fall, Lucinda wird nach Hause kommen. Aber ich weiß nicht, ob ich das schaffe, denn ich glaube es selbst nicht. Wie kann ich es glauben, wenn ich im Fernsehen eine Familie nach der anderen habe zerbrechen sehen? Vom Kummer zerfressen, weil das geliebte Kind tot aufgefunden wurde.
    Ich stehe auf und umarme Kate noch einmal. »Wo ist Fergus?«, frage ich.
    »Oben bei Alexa.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Er weiß, dass etwas Schreckliches passiert ist, er weiß, dass Lucinda nicht hier ist, aber er begreift die Konsequenzen nicht. Er hat keine Vorstellung von der Gefahr, in der sie schwebt, und wir haben nicht vor, ihm davon zu erzählen.«
    »Natürlich nicht.«
    »Wie geht es Sally?«, fragt sie.
    Wie typisch für Kate, sich selbst in einem Moment wie diesem um meine Kinder Gedanken zu machen.
    »Ziemlich schlecht, aber ich habe seit heute Morgen nicht mehr mit ihr gesprochen. Ich habe versucht, sie anzurufen. Die Polizei war in der Schule, um mit den Kindern zu sprechen, und seither habe ich nichts mehr von ihr gehört. Wie du dir vorstellen kannst, macht sie sich große Vorwürfe.«
    »Warum war sie gestern nicht in der Schule?«
    »Bauchschmerzen – nichts Ernstes. Ich konnte nicht bei ihr bleiben, denn ich hatte im Tierheim zu viel zu tun, deswegen ist sie …«
    »Du hättest mich anrufen sollen«, sagt Kate. »Ich hätte mich um sie kümmern können …«, aber dann unterbricht sie sich.
    Denn wir beide haben denselben Gedanken.
    Wenn ich sie nur angerufen hätte.
    Ein ausgedehnter Moment des Schweigens, als wir beide dem »Was wäre, wenn« nachhängen; und dann zucke ich zusammen, weil ich Schritte auf der Treppe höre.
    Kate spürt meine Angst. »Sie geht nur zur Toilette. Sie kommt nicht herunter.«
    Sie spricht natürlich von Alexa. Ich atme auf.
    »Tut mir leid, dass sie so ruppig war«, sagt Kate. »Das ist einfach nur ihre Art. So aufbrausend zu sein, meine ich.«
    Ich wende die Augen ab. Wie immer, wenn das Gespräch auf Alexa kommt.
    »Sie hat alles Recht der Welt, mir Vorwürfe zu machen«, sage ich kleinlaut, aber Kate scheint mit den Gedanken plötzlich ganz woanders zu sein. Sie sieht mit glasigen Augen an mir vorbei.

12
    D C Joanne Aspinall steigt die Stufen zur Arztpraxis hinauf. Es ist siebzehn Uhr vierzig.
    Vermisstes Mädchen Nummer zwei, Tag eins, und der Druck steigt. Eigentlich wollte sie den Termin absagen. Eigentlich wollte sie in der Wache bleiben und durcharbeiten. Aber dann erklärte ihr Chef ihr, sie könne heute nicht mehr viel ausrichten. Er schickte Joanne nach Hause und bat sie, auf dem Weg bei den Rivertys vorbeizuschauen. »Sagen Sie ihnen, dass wir alles Erdenkliche tun. Versuchen Sie, noch mehr in Erfahrung zu bringen, sprechen Sie mit der Presse, wenn es nötig ist.«
    Guy Riverty war mit den Suchtrupps unterwegs, und um Kate kümmerte sich die Schwester. Joanne war nicht lange geblieben.
    In der Regel halten die Ermittler sich an ganz normale Arbeitszeiten und sitzen von neun bis fünf im Büro; Überstunden machen sie nur, wenn ein Fall es verlangt. Manchmal vermisst Joanne

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