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Die Schuld einer Mutter

Die Schuld einer Mutter

Titel: Die Schuld einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Daly
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Ich weiß genau, was in ihm vorgeht. Außerdem kommt Alexa gleich zurück. Sie ist nur kurz nach Hause gefahren, um für Adam zu kochen und die Kinder zu Bett zu bringen. Sie ist gleich wieder da, um den Abend mit uns zu verbringen. Sie kümmert sich um Fergus wie ein guter Engel. Ich hätte das nicht geschafft, nicht heute.«
    Kate verstummt, und ich höre sie rasselnd einatmen.
    »Lisa?«, fragt sie.
    »Ich bin noch dran.«
    »Ich werde jetzt auflegen. Ich muss jetzt weinen, okay?«
    »Okay«, sage ich, und dann wird die Verbindung unterbrochen.
    Ich reibe mir mit beiden Händen über das Gesicht und sehe mich im Zimmer um. Zwei Hunde liegen auf dem Sofa und schlafen. Auf Joes Holzfällerjacke im Sessel hat sich eine Katze niedergelassen. Ich schalte den Fernseher ein, um mich abzulenken, und lande bei Sky Plus .
    Ich sehe, dass Joe Kes aufgenommen hat. Doppelt. Dann ist da noch Blade Runner – The Final Cut, den er sich ungefähr einmal im Monat ansieht. Zwei Folgen von The Nazis: A Warning from History. Und dazu noch eine Reihe alter Fußballspiele auf ESPN.
    Ich muss kurz lächeln.
    Ich erinnere mich, wie Kate einmal zu Besuch kam, als Joe vor dem Fernseher saß und sich Manchester United gegen Liverpool von 1977 ansah. Kate fragte total perplex: »Ist das eine alte Sportsendung?« Und dann beäugte sie Joe, als wäre er krank. »Wozu sollte man sich ein altes Fußballspiel ansehen?«, fragte sie. »Weißt du nicht längst, wer gewonnen hat?«
    Joe lächelte nur.
    Ich schalte um, und mein Herz bleibt stehen, als ich Kate und Guy auf dem Bildschirm sehe. Ich drücke reflexhaft auf den Ausknopf, weil ich es nicht mehr aushalte. Es ist unmöglich.
    Ich stehe auf, weil ich nicht einmal den Anblick des schwarzen Bildschirms ertrage, denn ich weiß ja, dass die beiden dort im Fernseher sind. Ich gehe in die Küche. Ich stütze mich an der Spüle ab und fange zu beten an. Ich bete zu Gott, dass ich nicht den Rest meines Lebens damit verbringen muss, mich bei Kate zu entschuldigen, weil ihre Tochter nie mehr nach Hause gekommen ist.
    Und dann tue ich das Einzige, was mir noch einfällt. Ich betrinke mich.

Zweiter Tag MITTWOCH

16
    G estern bin ich aufgewacht und habe mich selbst bemitleidet, weil ich so müde war.
    Gestern noch war das mein einziges Problem. Alles war in bester Ordnung, außer dass ich müde war. »Du lieber Himmel«, flüstere ich in mein Kissen.
    Ich höre Schritte auf der Treppe und das Klirren von Geschirr. Joe kommt herein, er bringt mir das Frühstück.
    »Toast an weißem Porzellan«, sagt er.
    Ich schaffe es, ansatzweise zu lächeln.
    Joe verabscheut die Kochsendungen, mit denen wir zurzeit überschwemmt werden, die Angeberrezepte, die sowieso niemand nachkocht.
    Am meisten hasst er es, wenn Nigella so tut, als plündere sie mitten in der Nacht den Kühlschrank. Sie wissen schon, damit wir denken, ihr Essen wäre einfach so unwiderstehlich und sie selbst so vollkommen glücklich mit ihren Kurven, dass sie einfach nicht widerstehen kann. Er schaut sich das Theater an und sagt: »Man müsste doch annehmen, sie würde sich in die Hose machen vor Schreck, wenn mitten in der Nacht ein Kameramann in ihrer Küche steht, meinst du nicht?«
    »Wie geht es dir?«, fragt er mich jetzt.
    »Schlecht«, antworte ich. »Ich habe zu viel Wein getrunken. Es ging nicht anders. Wann bist du nach Hause gekommen?«
    »Nach Mitternacht. June hat einen Eintopf gekocht und Freibier ausgeschenkt.«
    June ist die Wirtin unseres Pubs.
    »Wie nett von ihr«, sage ich.
    »Nun ja, irgendwann hatten wir alle das Gefühl, uns nicht mehr richtig konzentrieren zu können, deswegen haben wir Schluss gemacht.«
    »Ist es wegen Sally?«
    Er nickt. »Ja. Niemand glaubt mehr daran, Lucinda zu finden. Die meisten machen nur noch wegen Guy und Kate mit, um ihre Solidarität zu demonstrieren.«
    Ich setze mich auf, aber der Kopfschmerz drückt mich sofort wieder in die Kissen. »Bleib liegen«, sagt Joe. »Es ist erst halb sieben, wir haben noch ewig Zeit. Musst du heute arbeiten?«
    »Ja, leider.«
    »Ich wecke die Kinder. Du hast noch eine halbe Stunde.«
    »Joe?«
    »Hmmm?«
    »Was erzählen die Leute? Was sagen sie über mich? Sagen sie, es wäre alles meine Schuld?«
    Er zuckt mit den Achseln. »Falls sie das denken, werden sie es mir wohl kaum auf die Nase binden.«
    »Das stimmt natürlich … Joe?«
    Er bleibt stehen. »Was?«
    »Ich dachte, sie wäre längst zurück. Ich dachte, inzwischen wäre sie längst wieder da.«
    Er

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