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Die Schuld einer Mutter

Die Schuld einer Mutter

Titel: Die Schuld einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Daly
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Mollys Genitalien gefunden wurden. Wir wissen noch nichts Genaues, aber das Labor ist der Meinung, sie könnten von einem Kleidungsstück mit Seidenanteil stammen. Einem Nadelstreifenanzug vielleicht.«
    »Super«, murmelt Ron und lehnt sich zu Joanne herüber. »Ein adretter Pädo – das hat uns gerade noch gefehlt, verdammt.«
    Joanne spürt, dass das Meeting sich dem Ende zuneigt. »Sir«, sagt sie hastig, »ich bin mir ganz sicher, es wäre ein Fehler, den Vater von der Liste der Verdächtigen zu streichen, selbst wenn er ein Alibi hat …«
    McAleese hebt die Hand. »Joanne, hören Sie, Sie wissen, womit wir es hier zu tun haben. Dreizehn Jahre alte Mädchen, weiß, bürgerliche Elternhäuser, beide Kinder aus einem beliebten Urlaubsgebiet entführt. Zwei Fälle innerhalb von zwei Wochen. Also noch einmal: Ja, ich überdenke das mit dem Vater, und ja, ich setze jemanden auf ihn an, aber vergessen Sie eines nicht: Alle Augen sind auf uns gerichtet. Das ganze Land beobachtet uns. Wir müssen den Teufel, der das Mädchen hat, heute noch finden. Nicht erst morgen. Und das bedeutet, dass wir uns auf die Spuren konzentrieren müssen, die wir haben.«
    Joanne nickt. »Ich verstehe.«
    »Sie und Ron fahren nach Windermere zurück und versuchen, noch einmal mit Sally Kallisto zu sprechen«, weist McAleese sie an. »Vielleicht kann sie Ihnen mehr über diesen unbekannten Mann erzählen, vielleicht ergeben sich irgendwelche Parallelen zu Molly Rigg.«
    Joanne steht auf, und sie und Ron sammeln ihre Unterlagen zusammen, während McAleese die anderen Ermittler instruiert, noch einmal von Tür zu Tür zu gehen und die Nachbarn zu befragen.
    Joanne will das Zimmer verlassen, kehrt aber noch einmal um, stellt sich neben McAleese und unterbricht ihn mitten im Satz. »Molly Rigg wurde in ein Zimmer mit frisch gereinigter Bettwäsche verschleppt«, sagt sie leise. »Guy Riverty vermietet gewerblich Ferienhäuser. Ist irgendjemand an der Sache dran?«
    Wie seltsam, wieder hier zu sein, denkt Joanne, als sie und Ron auf dem Weg zum Büro des Schulleiters sind.
    »Da kommen Erinnerungen auf, was?«, fragt Ron.
    »Ja. Wo bist du zur Schule gegangen?«
    »Lancaster Grammar.«
    »Dann bist du schlauer, als ich dachte.«
    »Die Aufnahmeprüfung für die weiterführende Schule habe ich mit Bravour bestanden, aber danach ging es steil bergab. Mit sechzehn war Schluss, also hab ich mich bei der Polizei beworben – ich dachte, da kann man jede Menge Sport treiben.«
    Joanne wirft Ron einen Seitenblick zu. Man würde ihn nicht gerade für den sportlichen Typ halten. Er gerät schon außer Puste, wenn er sich die Schnürsenkel binden soll.
    »Ich weiß, was du jetzt denkst« – Ron lächelt –, »ich komme nicht mehr dazu, aber früher habe ich Kricket gespielt. Eines Tages kam dieser Talentscout von der Polizei in unseren Kricketverein und erzählte mir, er hätte die perfekte Karriereoption für mich. Er sagte, wenn ich mich den Polizeikadetten anschließe, kann ich so viel Sport treiben, wie ich will.«
    Sie durchqueren den Hauptflur der Windermere Academy. Hier werden für Joanne tatsächlich Erinnerungen wach. An die Zeit, als sie dreizehn war, als sie besessen war von der Angst, etwas falsch zu machen und lächerlich dazustehen. Von einem Jungen aus der fünften Klasse angestarrt zu werden und für den Rest des Tages knallrot zu werden, wann immer sie an ihn denkt.
    Der Schulleiter hat Joanne und Ron sein Büro zur Verfügung gestellt, um mit Sally Kallisto zu sprechen. Joanne sieht sich in dem schmucklosen Raum um, betrachtet die Schreibtischplatte mit Holzfurnier und die ehemals weißen Jalousien, die jetzt von einem schmierigen Hellgrau sind.
    Sie ist schon einmal hier gewesen, vor langer Zeit, vor über zwanzig Jahren, als es zu einer außergewöhnlich brutalen Schlägerei zwischen zwei Mädchen aus der vierten Klasse gekommen war. Der einen war ein Ohrring ausgerissen und dabei das Ohrläppchen zerfetzt worden, und man hatte Joanne zum Schulleiter geschickt, weil sie den Vorfall beobachtet hatte. Aber sie hielt dicht. Sie spielte die Unwissende, weil sie dazu erzogen worden war, ihre Freunde nicht zu verpetzen. Ironie des Schicksals, dass sie heute hier sitzt, um Sally Kallisto genau dazu anzustiften – auch wenn der Fall heute zugegebenermaßen weitaus ernster ist als damals.
    Sally betritt das Sprechzimmer mit einer teiggesichtigen jungen Lehrerin, Miss Murray, die noch verschüchterter wirkt als das Mädchen.
    Sally sieht

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