Die Schuld wird nie vergehen
mir.«
»Vanessa, ich liebe dich. Was ich getan habe, musste ich tun, um dich zu beschützen.«
»Vor wem? Du bist der einzige Mensch, vor dem ich Angst habe.«
»Du weißt nicht, was du da sagst. Alles habe ich getan, um dir zu helfen.«
»Hast du mich deshalb zum Beispiel ein Jahr in ein Irrenhaus gesperrt und mich unter Drogen setzen lassen, damit ich niemandem sagen konnte, dass du Carl befohlen hast, Eric Glass zu ermorden?«
Sie deutete auf Sam Cutler, der ihnen von der Tür aus zusah. »Und deshalb hast du mich auch von deinem kleinen Spion kidnappen lassen? Sag mir eins: Hat Sam dir, während er bei mir lebte, auch detailliert beschrieben, wie wir gevögelt haben?«
Vanessas sprach undeutlich, und ihre Stimme klang tonlos. Trotzdem zuckte der General zusammen.
»Carl Rice ist ein verrückter Killer«, erwiderte Wingate.
»Ich habe keine Ahnung, wie viele Menschen er ermordet hat. Ich musste dich von ihm wegholen.«
»Du musst ihn ermorden, weil er der einzige noch lebende Zeuge ist, der die Wahrheit über dein schmutziges Geheimnis verraten kann, das verhindern könnte, dass du Präsident wirst.«
Wingate seufzte. »Das sind Wahnvorstellungen, Vanessa. Das macht ihn so überzeugend. Er glaubt wirklich alles, was er dir erzählt hat. Aber nichts davon stimmt. Es gab keine geheime Einheit. Ich habe nicht dafür gesorgt, dass Carl eingezogen wurde, und ich habe ihm niemals befohlen, Eric Glass zu töten. Das alles spielt sich nur in Carls Kopf ab, und du glaubst ihm, weil du mich hasst. Hast du eine Ahnung, wie schlecht ich mich fühle, weil meine Tochter mich für so böse hält, dass ich meine eigene Ehefrau ermorden würde, die ich sehr geliebt habe?« Der General senkte den Kopf, seine Stimme klang belegt. »Ich habe es dir niemals gesagt, aber es gab Nächte, in denen ich mich deinetwegen in den Schlaf geweint habe. Weil ich wusste, dass du eine so schlechte Meinung von mir hast...«
Wingate schüttelte den Kopf. Auf Vanessa wirkte es, als würden seine Gefühle ihn überwältigen, und das schockierte sie. Sie hatte nie erlebt, dass ihr Vater die Beherrschung verlor, nicht einmal auf der Beerdigung seiner Frau. Nicht zuletzt diese Beherrschung hatte sie überzeugt, dass Morris Wingate seine Frau gar nicht geliebt hatte. Spielte der General nun seine Gefühle, oder waren sie echt? Alles, was sie über ihren Vater zu wissen glaubte, sagte ihr, dass er sie nur vortäuschte.
»Bist du hungrig?« fragte Wingate. »Ich habe ein Abendessen vorbereiten lassen.« Er lächelte plötzlich. »Ich habe einen neuen Küchenchef, ein Franzose. Ich habe ihn aus einem Vier-Sterne-Restaurant in Los Angeles entführt.«
»Sieht aus, als wäre Entführung dein neues Hobby.«
»Du hast auch einige sehr interessante Hobbys«, antwortete Wingate müde. »Du hast mich in eine schreckliche Situation gebracht, Vanessa. Du bist eine gesuchte Kriminelle. Du hast Carl Rice, einem mehrfachen Mörder, zur Flucht aus dem Gefängnis verholfen. Ich bin dein Vater, ich liebe dich und möchte dich beschützen, aber ich bewerbe mich auch um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten meiner Partei. Ganz zu schweigen von dem Ärger, den ich mir einhandeln könnte, weil ich eine Flüchtige verstecke. Was sollte ich tun?«
»Deine politischen Ziele interessieren mich nicht«, erwiderte Vanessa.
»Ich weiß, dass du mir nicht glaubst, aber Rice ist ein sehr gefährlicher Mann. Ich musste dich vor ihm schützen.«
»Also wirst du mich wieder in eine Klinik einweisen?«
»Niemand weiß, dass du hier bist, und dabei will ich es belassen. Ich habe aus meiner Zeit beim Militär und bei Computex weltweit genug Kontakte. Es wäre einfach für mich, dir eine neue Identität zu verschaffen. Du könntest in einem anderen Land von vorn anfangen. Du wärst in Sicherheit, und ich würde dafür sorgen, dass du immer genug Geld hast.«
»Darum geht es also! Du willst mich irgendwohin schicken, damit ich kein Aufsehen erregen kann.«
»Ich will verhindern, dass du ins Gefängnis kommst, weil deine Wahnvorstellungen dich dazu verleitet haben, einem Mörder zu helfen.«
»Was hast du mit Carl vor?«
»Um Carl kümmert sich die Polizei. Vielleicht erwischen sie ihn ja nie. Er ist sehr erfindungsreich. Immerhin ist es ihm jahrelang gelungen, sich vor der Ergreifung zu schützen. Möglicherweise bleibt ihm das Glück ja treu. Hat er dir gesagt, wohin er geht und welche Pläne er hat?«
»Wir wussten nicht, wohin wir gehen sollten. Wir wollten
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