Die Schuld wird nie vergehen
ist.«
»Was?«
»Sie behauptet, ihr Vater wäre der zweite Attentäter auf diesem Grashügel gewesen. Außerdem behauptet sie, sie wäre niemals verrückt gewesen, sondern ihr Vater hätte sie nur eingesperrt, damit sie nicht ausplaudern kann, was sie weiß.« Cutler schüttelte den Kopf
»Sie glauben nicht, was in dem Manuskript steht?« wollte Hobson wissen.
»Nein, zum Teufel! Außerdem weiß ich, woher sie das ganze Zeug hat! Sie besitzt eine riesige Sammlung von Büchern und Artikeln über echte Geheimoperationen der Regierung, wie zum Beispiel Phoenix oder Rosewell, über Verschwörungstheorien zu Kennedys Ermordung und solchen Mist.«
»Haben Sie eine Ahnung, wohin Ihre Freundin gefahren ist?«
»Nein. Ich habe gestern Nacht kurz mit ihr gesprochen, direkt nachdem sie die Polizei gerufen hat, aber sie hat mir nicht verraten, wo sie steckt. Ich höre jetzt zum ersten Mal, dass sie weggefahren ist.«
»Falls Vanessa Sie anruft, informieren Sie mich dann über Ihren Aufenthaltsort?«
Sam wirkte beklommen. »Schwören Sie mir, dass man sie nicht verhaftet und dass sie nicht wegen irgendwas verdächtigt wird?«
»Sie haben mein Wort. Ich mache mir nur Sorgen, dass sie vielleicht Carl Rice finden und er ihr etwas antun könnte.« »Dann gibt es diesen Rice also wirklich?«
»Allerdings. Sie war auf der Highschool mit ihm zusammen, und hat ihn etwa um die Zeit wiedergetroffen, als der Kongressabgeordnete Glass ermordet wurde. Sie hat der Polizei verraten, dass Rice den Abgeordneten ermordet hat.«
»Also schwebt sie in Lebensgefahr, wenn sie an diesen Burschen gerät?«
»Das könnte sein.«
Sam holte tief Luft. »Falls Sie anruft, versuche ich herauszufinden, wo sie sich versteckt.«
»Nur fürs Protokoll: Ich habe Vanessa versprochen, Ihnen Personenschutz anzubieten.«
Sam schüttelte den Kopf. »Lassen Sie mich einfach von einem Ihrer Leute zu meiner Zeitung zurückfahren. Und versprechen Sie, dass Sie mir aus der Klemme helfen, wenn mein Boss mich mit Fragen löchert.«
6. KAPITEL
Kaum hatte die Presse Ami Vergano, Anwältin und alleinerziehende Mutter, als Mutter des kleinen Jungen identifiziert, der zu dem niedergeschossenen Daniel Morelli gelaufen war, umkreisten die Hubschrauber der Fernsehsender ihr Haus, Reporter klopften Tag und Nacht an ihre Tür, und das Telefon klingelte unablässig. Ami versuchte den Journalisten zu erklären, dass sie nur Morellis Vermieterin war, aber die Reporter wollten immer wieder wissen, ob er ihr Liebhaber oder gar Ryans Vater war. Als es ihnen schließlich langweilig wurde und sie weiterzogen, war Ryan am Boden zerstört. Ami hatte versucht, ihn zu beschützen, aber er hatte gesehen, wie sein Freund niedergeschossen wurde und blutend am Boden lag.
Zwei Tage nach dem Vorfall beim Baseball führte Ami einen ungewöhnlich stillen Ryan in das Klassenzimmer der vierten Klasse. Sie ließ sich vom Direktor und Ryans Lehrer das Versprechen geben, dass sie weder Reportern noch Ryans Klassenkameraden, noch irgendjemandem sonst erlauben würden, mit ihm über die Vorkommnisse auf dem Spielfeld zu sprechen. Ami umarmte Ryan und fuhr zögernd in die Stadt. Ihr Büro lag in einem alten Backsteingebäude an der Front Avenue. Der gegenüberliegende Park erstreckte sich dicht am Ufer des Willamette River. Ami hatte allen Grund, niedergeschlagen zu sein, aber es war mild, und die Sonne versprach einen schönen Tag. In wenigen Stunden würden Rennboote an bunten Segelbooten vorbeirasen, und der Park würde sich mit Menschen füllen, die ihre Hunde spazieren führten, Frauen, die Kinderwagen schoben und Kindern, die Fangen spielten.
Im Erdgeschoß des Gebäudes von Amis Büro befand sich eine Irische Bar. Der Eingang zu den oberen Etagen lag neben dem der Bar und einem Reisebüro. Im zweiten Stock gegenüber dem Lift residierte eine Firma, die Websites erstellten. Auf der rechten Seite des Flurs ging es zu einem Architektenbüro. Die Bürosuite auf der anderen Seite teilte sich Ami mit drei Anwälten der Kanzlei und zwei freien Rechtsanwälten. Im Wartebereich an der Rezeption saßen eine Hispanierin mit einem Baby, ein sehr sorgfältig gekleideter Schwarzer und eine Blondine mit einer Pilotensonnenbrille. Ami hatte keine Termine, also nahm sie an, dass niemand dieser Leute zu ihr wollte. Als sie sich an der Rezeption ihre Nachrichten geben ließ, beugte sich die Empfangsdame vor.
»Die Frau mit der Sonnenbrille ist Ihretwegen hier«, flüsterte sie. »Aber sie hat keinen
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