Die Schuld wird nie vergehen
Termin.«
Ami überflog kurz ihre Nachrichten, um sich zu überzeugen, dass nichts Dringendes dabei war, und ging zu der Blondine. »Ich bin Ami Vergano. Sie wollten zu mir?«
Die Frau stand auf. Sie lächelte nicht und reichte ihr auch nicht die Hand. »Ich hoffe, dass Sie einen Moment Zeit haben. Wenn Sie gerade beschäftigt sind, kann ich auch gern warten.«
»Können Sie mir sagen, worum es geht?« fragte Ami argwöhnisch. Sollte diese Frau auch eine Journalistin sein, dann würde es gleich eine Katastrophe geben.
Die Frau warf einen Blick auf die anderen Wartenden.
»Darüber würde ich mit Ihnen gern unter vier Augen sprechen.«
Ami ging voraus zu ihrem Büro am Ende der Suite. Es war kaum geräumiger als eine größere Besenkammer mit einem Fenster, das auf den Parkplatz hinter der Bar hinausführte. An der einen Wand hingen Amis Diplome, die andere zierte das Gemälde einer Seelandschaft, das sie von einem Künstler als Honorar akzeptiert hatte, für den sie einen Vertrag mit einer Galerie aufgesetzt hatte. Die beiden Stühle waren für Klienten reserviert, eine Anrichte stand unter Amis Fenster, und ihr Schreibtisch war von Gesuchen, Memos, Briefen und juristischen Fachbüchern übersät. Ein Foto von Ami, Chad und Ryan stand auf der Anrichte, und ein anderes direkt neben ihrem Telefon zeigte Ryan.
»Wie kann ich Ihnen helfen, Miss ... ?«
»Vanessa Kohler. Ich wohne in Washington und bin erst gestern Abend nach Portland geflogen.«
Ami runzelte die Stirn. »Sie sind doch nicht den ganzen Weg hierher nach Oregon gekommen, um mich wegen einer Rechtssache aufzusuchen, stimmt' s?«
»Eigentlich schon. Ihr Name wurde auf CNN erwähnt. Man sagte, Sie seien Anwältin. Außerdem soll Daniel Morelli bei Ihnen wohnen.«
Ami funkelte ihre Besucherin feindselig an. »Sind Sie eine Reporterin?«
»Mrs. Vergano, ich arbeite tatsächlich für ein Magazin, aber ich bin nicht wegen einer Geschichte hier.«
»Was für ein Magazin?«
Vanessa seufzte. »Ich bin beim Exposed angestellt, einem Magazin mit zweifelhaftem Ruf, aber ich versichere Ihnen, dass meine Reise nach Portland und unsere Unterhaltung nichts mit meinem Job zu tun haben. Ich bin aus eigenem Antrieb hier, nicht wegen einer Story. Ich kannte Dan aus der Highschool und habe ihn Mitte der achtziger Jahre wiedergesehen. Wir standen uns einmal sehr nahe. Ich möchte Sie als seinen Rechtsbeistand engagieren.«
»Miss Kohler, die Presse hat mir und meinem Sohn in den letzten Tagen bereits das Leben zur Hölle gemacht. Ich weiß nicht, ob ich einer Journalistin trauen kann, doch selbst wenn ich Ihnen glauben würde, könnte ich Ihnen nicht helfen. Ich bin keine Strafverteidigerin. Meine einzige Begegnung mit dem Strafrecht war ein Pflichtkurs, den ich im ersten Jahr meines Jurastudiums belegt habe. Ich bin nicht kompetent genug, um jemanden zu vertreten, der sich einer strafrechtlichen Anklage gegenübersieht. Und selbst wenn ich eine großartige Strafverteidigerin wäre, könnte ich Dan nicht vertreten. Man vertritt niemanden, den man persönlich kennt. Außerdem bin ich eine Zeugin. Ich habe gesehen, was passiert ist. Der Staatsanwalt könnte mich in den Zeugenstand rufen und mich zwingen, auszusagen, was ich beobachtete habe. Sie sehen also, dass ich unmöglich tun kann, was Sie von mir wollen.«
Vanessa beugte sich vor und sah sie eindringlich an. »Das alles interessiert mich nicht. Ich brauche jemanden, der mich in das Krankenhaus zu Dan bringt. Ich habe dort angerufen. Man hat mir gesagt, dass er bewacht wird. Sie lassen nur seinen Anwalt zu ihm. Sie könnten Dan eine Botschaft überbringen. Vielleicht können Sie mich ja sogar als ihre Gehilfin oder als Sachverständige hinein schmuggeln.«
Ami wurde wütend. »Das klingt wie ein Trick, um ein Interview von ihm zu bekommen.«
Vanessa verschränkte fest die Hände in ihrem Schoß.
»Dan ist mir wichtig, und ich möchte ihm helfen. Vermutlich bin ich die einzige, die ihm helfen kann. Es gibt gewisse Dinge, die nur ich weiß, ich und er. Er könnte dieses Wissen nutzen, um einen Deal vorzuschlagen.«
»Was sind das für Dinge?«
»Tut mir leid, das kann ich Ihnen nicht sagen.«
Allmählich verlor Ami die Geduld. »Hören Sie, Miss Kohler, so funktioniert das nicht. Ich würde aus dem Anwaltsstand ausgeschlossen, wenn ich die Polizei anlügen würde, damit Sie Dan sehen können. Vielleicht würde man mich sogar verhaften. Suchen Sie sich einen anderen Anwalt!«
»Als Sie im Fernsehen über
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