Die Schuld wird nie vergehen
Dan geredet haben, klang das so, als liege Ihnen etwas an ihm.«
»Ich mag Dan, aber ich kenne ihn erst seit sehr kurzer Zeit.« »Er ist im Grunde ein guter Mensch, Mrs. Vergano, aber man hat seine Gefühle sehr stark verletzt. Er braucht Hilfe. Ich weiß, wie man ihm helfen kann, aber zuerst muss ich ihn sehen.«
»Tut mir leid. Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, Miss Kohler.«
Vanessa zog einen Scheck aus ihrer Tasche und legte ihn auf den Tisch. Er war auf fünfundzwanzigtausend Dollar ausgestellt. Ami starrte auf das Papier. Fünfundzwanzigtausend Dollar konnte sie sehr gut gebrauchen.
»Ich muss Dan sehen, bevor es zu spät ist«, fuhr Vanessa fort. Sie klang verzweifelt. »Sie haben keine Vorstellung, wie wichtig das ist. Wenn Ihnen auch nur das Geringste an ihm liegt, dann helfen Sie mir. Sein Leben ist in Gefahr.«
»Wer bedroht ihn denn?«
Vanessa schüttelte den Kopf. »Sie müssen mir in diesem Punkt vertrauen. Diese Leute wissen vielleicht schon, dass Dan hier ist. Wenn nicht, werden sie es bald herausfinden. Dann ist es zu spät.«
Vanessa Kohler bereitete Ami Unbehagen, aber das Geld ... Sie könnte damit einen Grundstock für Ryans Studium legen. Oder einen Teil ihrer Schulden zurückzahlen. Und wenn Morelli tatsächlich eine größere Gefahr drohte? Das war zwar schwer zu glauben, aber ebenso unglaublich war das, was auf dem Baseballfeld geschehen war. Einen Moment spielte Ami mit dem Gedanken, die fünfundzwanzigtausend Dollar zu nehmen.
»Sie erwarten von mir, meinen Beruf für einen Mann aufs Spiel zu setzen, den ich nicht einmal richtig kenne. Sie müssen mir schon mehr Informationen geben, wenn ich ein solches Risiko eingehen soll.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen kann. Ich dachte, Sie würden mir helfen, weil Sie ihn kennen.« »Der Mann, den ich zu kennen glaubte, war ein liebevoller Mensch. Es fällt mir schwer, das mit dem in Übereinstimmung zu bringen, was ich auf dem Spielfeld gesehen habe.«
»Soweit ich weiß, hat er den Trainer Ihres Sohnes davor bewahrt, verprügelt zu werden.«
»Schon, aber es gibt Grenzen. Er hat Barney Lutz in den Hals gestochen und ihn fast umgebracht. Und was hat er mit dem Polizisten gemacht?«
»Der Polizist hat ihn von hinten angegriffen. Dan wusste nicht, wer er war.«
»Dan ist ein gewalttätiger, gefährlicher Mann, Miss Kohler, und mein Sohn war sehr viel mit ihm zusammen. Gott weiß, was er ihm hätte antun können!«
Vanessa schaute Ami scharf an. »Im Grunde Ihres Herzens wissen Sie, dass er Ihrem Jungen niemals etwas zuleide getan hätte. Sie wissen genau, dass er nicht so ist.«
»Sie haben selbst gesagt, dass Sie ihn das letzte Mal Mitte der achtziger Jahre gesehen haben. Menschen ändern sich. Der Mann, den ich vor zwei Tagen erlebt habe, ist ein Killer.«
Vanessa saß auf ihrer Stuhlkante und beugte sich vor wie ein Läufer, der auf den Startschuss wartet. Sie durchbohrte Ami mit einem derartig eindringlichen Blick, dass die sich fragte, ob ihre Besucherin nicht vielleicht ebenfalls gefährlich war.
»Falls Dan ein Killer ist, weiß ich, wer ihn dazu gemacht hat. Dieser Mann ist absolut rücksichtslos. Sobald er erfährt, dass Dan in Portland ist, wird er erst Ruhe geben, wenn Dan tot ist. Dan hat nur eine Chance, am Leben zu bleiben, wenn er einen Deal mit den Behörden macht. Ich kann Dan dazu bringen, das zu tun, aber dazu muss ich persönlich mit ihm reden.«
Ami versuchte, ihre Gefühle zu sortieren. Wenn Kohler nun die Wahrheit sagte? Morelli war ein Rätsel. Was Dan getan hatte, hatte Ami schockiert und aufgewühlt, denn der Daniel Morelli, der in ihrem Haus gelebt hatte und so freundlich zu ihrem Sohn gewesen war, ähnelte gar nicht dem Mann, der mit einer so brutalen Effizienz bei Ryans Spiel reagiert hatte. Sie mochte und respektierte den Künstler, der in ihrem Haus lebte, aber der Killer, der Barney Lutz beinahe getötet hätte, flößte ihr Angst ein. Welcher der beiden war der echte Morelli? Sie beschloss, das Risiko einzugehen und dem Mann zu helfen, den sie für ihren Freund gehalten hatte.
»Hören Sie zu, Miss Kohler! Ich werde versuchen, Dan zu besuchen. Ich überbringe ihm eine Nachricht von Ihnen. Trotzdem werde ich Ihre fünfundzwanzigtausend Dollar nicht annehmen, weil ich den Fall nicht übernehmen kann. Schreiben Sie mir einen Scheck über eintausendfünfhundert Dollar aus, als nicht zurückzahlbaren Vorschuss. Danach berechne ich Ihnen ein Stundenhonorar. Ich kann Ihnen auch dabei helfen, einen
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