Die Schuld wird nie vergehen
polizeiliche Angelegenheiten. Andere Mitarbeiter hatten ebenfalls Beförderungen verdient, einige von ihnen weit mehr als er. Hobson fragte sich stets, welche Rolle für seine Karriere diese kurze Spazierfahrt vor Vanessas Wingates Apartment gespielt hatte.
Seine Gegensprechanlage summte. Hobsons Sekretärin informierte ihn, dass Sam Cutler an der Rezeption wartete. Nachdem die Agentin den Fotografen in sein Büro gebracht hatte, schickte Hobson die Frau hinaus. Cutler sah sich misstrauisch um. Hobson lächelte, damit er sich entspannte.
»Setzen Sie sich, Mr. Cutler. Sie stecken nicht in Schwierigkeiten, falls Ihnen das Sorgen macht.«
»Warum bin ich dann hier?« wollte Cutler wissen.
»Vanessa Kohler glaubt, dass Sie in Gefahr schweben.«
Cutler ließ die Schultern sinken. »Machen Sie Scherze? Es geht um Vanessa?«
»Sie hat mich gebeten, Sie abzuholen und Ihnen Personenschutz anzubieten.«
Cutler wirkte wütend. »Das glaube ich einfach nicht! Wissen Sie nicht, dass Vanessa übergeschnappt ist? Ich habe das alles gerade mit der Polizei durchgekaut. Vanessa hat gestern die 911 gewählt und den Beamten gesagt, ich solle ermordet werden.« Cutler tippte wütend mit dem Zeigefinger gegen seine Schläfe. »Sie ist verrückt!«
»So einfach ist das nicht.« »Ich sage Ihnen, was das ist: Es ist peinlich. Erst diese Cops gestern Abend. Ich habe keine Ahnung, was die Nachbarn denken. Und dann zerrt mich auch noch ein FBI-Agent aus meinem Büro.«
»Dafür entschuldige ich mich. Vanessa ist irgendwo hingefahren. Ich muss erfahren, wohin. Ich habe gehofft, Sie könnten mir vielleicht helfen. Glauben Sie mir, es ist wichtig.«
»Das hat doch nichts mit ihrem Vater zu tun, oder? Sie droht ihm doch nicht etwa? Sie ist vollkommen ausgeflippt, als er verkündete, dass er sich um das Präsidentenamt bewirbt. Das hat diesen neuesten Wahnsinn ausgelöst. Davor ging es ihr ganz gut.«
»Sie hat keinerlei Drohungen gegen General Wingate ausgestoßen.«
Cutler sah aus, als wäre er mit seinem Latein am Ende. »Ich mag Vanessa, wirklich, und ich habe mich sehr bemüht, mit ihrem Problem klarzukommen, doch langsam übersteigt das meine Kräfte. Sie ist eine großartige Reporterin. Hätte sie nicht diese psychischen Probleme, wäre sie eine sichere Kandidatin für den Pulitzer-Preis. Aber sie kann Realität und Phantasie nicht auseinanderhalten, und das ist immer schlimmer geworden. Ich verstehe allerdings nicht, warum das FBI mit ihr redet, geschweige denn, warum es Vanessas Wahngeschichten Glauben schenkt.«
»Ich kann Ihnen nur so viel verraten, dass dies mit einem Fall zu tun hat.«
»Steckt Vanessa in Schwierigkeiten?«
»Nicht von unserer Seite aus. Mr. Cutler, hat Sie Ihnen gegenüber jemals einen Mann namens Carl Rice erwähnt?«
»Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor.« Cutler schnippte mit den Fingern. »Er steht in diesem Manuskript. O nein! Sagen Sie bloß nicht, dass es etwas mit ihrem Buch zu tun hat! Ich meine, das ist ein totales Phantasieprodukt. Ich habe es gelesen. Sie hat für keine ihrer Behauptungen auch nur den Funken eines Beweises.«
»Was ist das für ein Manuskript?« Hobson stellte die Frage, obwohl er eine Kopie davon gelesen hatte, die ein Mitarbeiter eines Verlages heimlich davon gemacht hatte, der unter der Hand vom FBI bezahlt wurde.
»Sie hat eine Enthüllungsgeschichte über ihren Vater geschrieben. Darin behauptet sie, dass er eine geheime Einheit während des Vietnamkrieges geleitet hätte, die für alle Arten von Verbrechen verantwortlich wäre. Aber auch dafür hat sie keinen einzigen Beweis.«
»Was schreibt sie über Rice?«
Cutler holte tief Luft. »Sie können auf diese wilden Anschuldigungen nichts geben, Mr. Hobson. Mit Mitte Zwanzig musste Vanessa einen sehr grausamen Foltermord miterleben. Ich glaube, das hat ihre Probleme ausgelöst. Sie wurde danach ein Jahr lang in eine private psychiatrische Klinik eingewiesen, wegen des Schocks, den sie erlitten hat. Sie behauptet, ihr alter Freund, dieser Carl Rice, hätte den Kongressabgeordneten Glass getötet, um an Beweise zu kommen, die dieser Mann über diese Militäreinheit hatte, die ihr Vater angeblich geleitet hat. Man kann aber nicht alles glauben, was sie über General Wingate sagt. Sie hasst ihn. Vanessa gibt ihm an allem die Schuld, was in ihrem Leben schiefgelaufen ist. Am Tod ihrer Mutter, an ihrer Zeit in der psychiatrischen Klinik. Sie glaubt sogar, dass der General an der Ermordung Kennedys beteiligt gewesen
Weitere Kostenlose Bücher