Die Schuld
drängte zur Tanzfläche, um besser zusehen zu können. Die Band fing an, »Smoke Gets in Your Eyes« zu spielen.
»Sie ist sehr hübsch«, flüsterte Ridley sehr nah an seinem rechten Ohr. Das war sie. Und sie tanzte mit Jason Myers, der für sie der einzige Mensch auf der Welt zu sein schien, obwohl er ein gutes Stück kle iner war als sie. Rebecca lächelte und strahlte über das ganze Gesicht, während sie langsam über die Tanzfläche glitten. Die Braut führte, weil Myers steif wie ein Brett war.
Clay wollte auf das Paar zustürmen, sich durch die Menge drängen und Myers mit aller Kraft ins Gesicht schlagen. Er würde sein Mädchen retten, sie von hier wegbringen und ihre Mutter erschießen, falls sie sie fand.
»Du liebst sie immer noch, oder?«, flüsterte Ridley.
»Nein, es ist vorbei«, flüsterte er zurück.
»Du liebst sie. Das sehe ich dir an.«
»Nein.«
Irgendwann am Abend würde sich das frisch vermählte Paar zurückziehen und die Ehe vollziehen. Da Clay Rebecca sehr gut kannte, wusste er, dass sie in der Zwischenzeit nicht auf Sex verzichtet hatte. Vermutlich hatte sie sich den Wurm vorgenommen und ihm gezeigt, wie sie es im Bett haben wollte. Der Glückliche. Das, was Clay ihr beigebracht hatte, würde sie jetzt an jemand anderen weitergeben. Es war nicht fair.
Den beiden zuzusehen tat weh, und Clay fragte sich, warum er gekommen war. Um einen Schlussstrich unter das Ganze zu ziehen - was immer das auch bedeuten mochte. Um Abschied zu nehmen. Aber er wollte, dass Rebecca ihn sah, ihn und Ridley, damit sie wusste, dass es ihm gut ging und er sie kein bisschen vermisste.
Den Bulldozer tanzen zu sehen war aus anderen Gründen eine Qual. Er gehörte zu jenen Vertretern der weißen Rasse, die beim Tanzen die Füße nicht vom Fleck bekamen, und als er versuchte, mit dem Hintern zu wackeln, fingen die Bandmitglieder an zu lachen. Seine Wangen waren bereits tiefrot, weil er zu viel Chivas getrunken hatte.
Jason Myers tanzte mit Barbara van Horn, die zumindest aus einiger Entfernung so aussah, als hätte sie gerade wieder einen Besuch oder auch zwei bei ihrem Schönheitschirurgen hinter sich, von dem sie inzwischen sicher Mengenrabatt bekam. Sie hatte sich in ein Kleid gezwängt, das zwar hübsch aber gleich um mehrere Größen zu klein war, sodass sich das überflüssige Fett an den falschen Stellen wölbte und aussah als würde es sich gleich befreien, was bei den Anwesenden sicher Brechreiz hervorgerufen hätte. Auf ihrem Gesicht lag das verlogenste Grinsen, das sie jemals zustande gebracht hatte - allerdings ohne eine einzige Falte, was vermutlich an einer Überdosis Botox lag. Myers grinste genauso innig zurück, als wären die beiden Freunde fürs Leben. Sie stieß ihm bereits das Messer in den Rücken, und er war zu dumm, es zu bemerken. Bedauerlicherweise bemerkte sie es wohl auch nicht. So war sie eben.
»Möchten Sie tanzen?«, wurde Ridley gefragt.
»Verschwinde«, antwortete Clay für sie, dann führte er sie zur Tanzfläche, wo sich bereits zahlreiche Gäste zu einem bemerkenswert guten Motown-Sound bewegten. Ridley im Stehen war schon ein Kunstwerk, aber Ridley beim Tanzen war eine Offenbarung. Sie bewegte sich mit einem angeborenen Gefühl für Rhythmus und Grazie. Das tief ausgeschnittene Kleid bedeckte nur das Nötigste, und der Schlitz im Rock klaffte so weit auseinander, dass freie Sicht auf alle möglichen Körperteile gewährleistet war. Männer strömten herbei, um zuzusehen.
Auch Rebecca schaute her. Sie unterhielt sich gerade mit einigen Gästen, als sie den Aufruhr bemerkte und in die Menge sah. Dort entdeckte sie Clay, der mit einer umwerfenden Blondine tanzte. Sie war ebenfalls sprachlos, als sie Ridley sah, aber aus völlig anderen Gründen. Sie setzte ihre Unterhaltung noch einen Augenblick fort, dann ging sie wieder auf die Tanzfläche.
Clay war inzwischen vollauf damit beschäftigt, Rebecca im Auge zu behalten, ohne dabei auch nur eine Bewegung von Ridley zu versäumen. Als das Lied zu Ende war, begann eine langsame Nummer.
Rebecca trat zwischen sie. »Hallo, Clay«, sagte sie. Seine Begleiterin ignorierte sie. »Tanzt du mit mir?«
»Sicher«, erwiderte er. Ridley zuckte mit den Achseln und ging ein paar Schritte zur Seite, wo sie etwa eine Sekunde lang allein war, bevor ein Massenansturm einsetzte. Sie suchte sich den größten Mann heraus, schlang die Arme um ihn und fing an zu tanzen.
»Ich kann mich nicht daran erinnern, dich eingeladen zu haben«, sagte
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