Die Schuld
wurde alles von dem Rummel um Clay ruiniert.
Er arbeitete schon daran, die Braut noch etwas mehr in den Schatten zu stellen.
Jonah hatte bereits verkündet, dass er sich mit großer Wahrscheinlichkeit zur Ruhe setzen werde. Er war zehn Tage auf Antigua gewesen, nicht mit einem, sondern gleich mit zwei Mädchen, und als er Anfang Dezember während eines Schneesturms nach Washington zurückkam, erzählte er Clay, dass er weder geistig noch psychisch in der Lage sei, länger in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten. Er könne nicht mehr. Seine Karriere in einem juristischen Beruf sei zu Ende. Auch er sehe sich jetzt nach einem Segelboot um. Außerdem habe er eine Frau kennen gelernt, die gern segele und genau wie er längere Zeit auf See verbringen wolle, da sie gerade einen Schlussstrich unter eine zerrüttete Ehe gezogen habe. Jonah war in Annapolis aufgewachsen und hatte im Gegensatz zu Clay schon als Kind Segeln gelernt.
»Ich brauche ein Mädchen, vorzugsweise eine Blondine«, sagte Clay, als er sich in einen Stuhl vor Jonahs Schreibtisch setzte. Die Tür des Büros war verschlossen. Es war nach achtzehn Uhr an einem Mittwoch, und Jonah hatte gerade die erste Bierflasche geöffnet. Sie hatten sich auf die ungeschriebene Regel geeinigt, dass vor achtzehn Uhr kein Alkohol getrunken wurde. Andernfalls hätte Jonah bereits nach dem Mittagessen damit angefangen.
»Der begehrteste Junggeselle der Stadt hat Probleme, eine Frau aufzureißen?«
»Bin aus der Übung. Ich will zu Rebeccas Hochzeit, und dafür brauche ich eine Begleiterin, die alle anderen in den Schatten stellt.«
»He, das ist gut«, sagte Jonah. Er lachte und griff in eine Schublade seines Schreibtisches. Nur Jonah brachte es fertig, sich Notizen über Frauen zu machen. Er wühlte sich durch einige Papiere und fand, was er gesucht hatte. Clay bekam eine zusammengefaltete Zeitung zugeworfen. Sein Blick fiel auf eine Anzeige, mit der ein Kaufhaus für Unterwäsche warb. Das atemberaubend aussehende, junge Model trug unterhalb der Taille so gut wie nichts und bedeckte die nackten Brüste nur recht unzulänglich mit den Armen. Er konnte sich noch gut daran erinnern, dass er die Anzeige gesehen hatte, als sie vor vier Monaten erschienen war.
»Kennst du sie?«
»Natürlich kenne ich sie. Glaubst du, ich bewahre Dessouswerbung nur so zum Spaß auf?«
»Das würde mich nicht überraschen.«
»Sie heißt Ridley. Zumindest nennt sie sich so.«
»Amerikanerin?« Clay starrte immer noch auf die junge Schönheit in der schwarz weiß gedruckten Anzeige.
»Russin. Aus Georgien. Sie ist vor einiger Zeit als Austauschstudentin in die Staaten gekommen und hier geblieben.«
»Sie sieht aus wie achtzehn.«
»Mitte zwanzig.«
»Wie groß ist sie?«
»Etwa einen Meter achtzig.«
»Ihre Beine sehen aus, als wären sie einen Meter fünfzig lang.«
»Beschwerst du dich etwa?«
Clay bemühte sich, gelassen zu erscheinen, und warf die Zeitung zurück. »Irgendwelche Nachteile?«
»Ja. Angeblich ist sie an beiden Ufern unterwegs.«
»Wie bitte?«
»Sie mag Männlein und Weiblein.«
»Autsch.«
»Genaues weiß man nicht, aber viele Models sind bisexuell. Könnte trotzdem bloß ein Gerücht sein.«
»Bist du mal mit ihr ausgegangen?«
»Nein. Ein Freund von mir kennt sie. Sie steht auf meiner Liste. Ich habe nur darauf gewartet, dass sie mal Zeit hat. Versuch es einfach. Wenn sie dir nicht gefällt, suchen wir dir eine andere Blondine.«
»Kannst du für mich anrufen?«
»Sicher, kein Problem. Jetzt, wo du auf sämtlichen Titelseiten zu bewundern bist und dich alle den begehrtesten Junggesellen und den König der Sammelklagen nennen, ist das ein Kinderspiel. Ich frage mich nur, ob die in Georgien wissen, was Sammelklagen sind.«
»Wenn sie Glück haben, wissen sie es nicht. Komm, ruf schon an.«
Sie verabredeten sich zum Abendessen im Restaurant des Monats, einem schicken Japaner, der vor allem die Jungen und Reichen zu seinen Gästen zählte. Ridley sah in persona sogar noch besser aus als auf dem Foto in der Zeitung. Köpfe fuhren herum, Hälse verrenkten sich, als sie in die Mitte des Restaurants geführt wurden und an einem der besten Tische Platz nahmen. Gespräche brachen mitten im Satz ab. Scharen von Kellnern drängten sich um sie. Sie sprach fließend Englisch mit einem leichten Akzent, der gerade so exotisch war, dass sie noch um einiges erotischer wirkte - was sie allerdings gar nicht nötig hatte.
An Ridley hätten sogar abgelegte Kleider vom
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