Die Schuld
Kanzleien und Anwaltshonorare aus der Zeitschrift American Attorney. Neu in der Liste der zwanzig bestbezahlten Anwälte der Vereinigten Staaten war Mr Clay Carter, der auf einem beeindruckenden achten Platz gelandet war und im letzten Jahr ein Einkommen von schätzungsweise hundertzehn Millionen Dollar erzielt hatte. Der Artikel enthielt sogar ein kleines Foto von Clay, unter dem »Aufsteiger des Jahres« stand.
Gut geraten, sagte Clay zu sich selbst. Leider waren dreißig Millionen aus dem Vergleich für Dyloft als Prämie an Paulette, Jonah und Rodney gegangen, eine Belohnung, die zwar sehr großzügig, im Nachhinein gesehen aber eine Dummheit gewesen war. Es würde nie wieder geschehen. Die Reporter vom American Attorney wussten natürlich nichts von den großherzigen Prämien, was aber nicht heißen sollte, dass Clay sich beschwerte. Unter den ersten zwanzig war er schließlich der einzige Anwalt aus Washington.
Nummer eins war eine Legende aus Amarillo namens Jock Ramsey, der nach einem Giftmüllskandal mehrere Öl- und Chemiekonzerne verklagt hatte. Der Fall hatte sich neun Jahre lang hingezogen. Ramseys Anteil wurde auf vierhundertfünfzig Millionen Dollar geschätzt. Ein Anwalt aus Palm Beach hatte bei einem Vergleich mit einem Tabakhersteller angeblich vierhundert Millionen verdient. Nummer drei war ein Anwalt aus New York mit dreihundertfünfundzwanzig Millionen. Patton French nahm den vierten Platz ein, worüber er sicher maßlos verärgert war. saß in seiner Gulfstream, starrte den Artikel mit seinem Foto an und sagte sich, dass das alles nur ein Traum war. In Washington gab es sechsundsiebzigtausend Anwälte, und er war der erfolgreichste von ihnen. Vor einem Jahr hatte er noch nicht gewusst, was Tarvan oder Dyloft oder Maxatil waren, und er hatte sich auch nicht sonderlich für Sammelklagen interessiert. Vor einem Jahr war sein größter Traum gewesen, dem OPD zu entkommen und einen Job bei einer anständigen Kanzlei zu finden, die ihm so viel zahlte, dass er sich ein paar neue Anzüge und ein besseres Auto kaufen konnte. Damals hatte er gehofft, dass sein Name im Briefkopf einer Kanzlei Rebecca beeindrucken und ihre Eltern in Schach halten würde. Dass er mit einem größeren Büro und besseren Mandanten endlich aufhören konnte, seinen ehemaligen Kommilitonen von der Universität aus dem Weg zu gehen. Was für bescheidene Träume.
Ridley würde er den Artikel allerdings nicht zeigen. Inzwischen hatte sie sich sehr an sein Geld gewöhnt und zeigte ein auffälliges Interesse an Schmuck und Reisen. Sie war noch nie in Italien gewesen und fing immer wieder von Rom und Florenz an.
Ganz Washington würde darüber sprechen, dass Clays Name auf der Liste der zwanzig erfolgreichsten Anwälte stand. Er dachte an seine Freunde und an seine Konkurrenten, an seine ehemaligen Kommilitonen und an seine alten Kollegen vom OPD. Aber vor allem dachte er an Rebecca.
29
D ie Hanna Portland Cement Company war 1946 in Reedsburg, Pennsylvania, gegründet worden, gerade noch rechtzeitig, um den Bauboom der Nachkriegs jähre mitzumachen. Sie entwickelte sich rasch zum größten Arbeitgeber der kleinen Stadt. Die Gebrüder Hanna führten das Unternehmen mit eiserner Faust, aber ihre Arbeiter, die auch ihre Nachbarn waren, behandelten sie gerecht. Wenn die Geschäfte gut liefen, bekamen die Arbeiter großzügige Löhne. War die Auftragslage schlecht, schnallten alle den Gürtel enger und warteten ab, bis es wieder besser ging. Kündigungen kamen selten vor und wurden nur ausgesprochen, wenn es nicht mehr anders ging. Die Arbeiter waren zufrieden und dachten gar nicht daran, sich gewerkschaftlich zu organisieren.
Die Gewinne investierten die Hannas in neue Maschinen und Ausrüstung und in die Stadt. Sie bauten ein städtisches Verwaltungszentrum, ein Krankenhaus, ein Theater und das schönste Highschool-Footballstadion in der Gegend. Im Laufe der Jahre wurden den Gebrüdern Hanna einige sehr gute Kaufangebote gemacht, sodass sie versucht waren, das Geld zu nehmen und für den Rest ihres Lebens Golf zu spielen. Aber man wollte ihnen nie die Garantie geben, dass das Werk in Reedsburg bleiben würde. Daher behielten sie die Firma.
Nach fünfzig Jahren vernünftigem Management beschäftigte das Unternehmen viertausend der elftausend Einwohner der Stadt. Der Jahresumsatz lag bei sechzig Millionen Dollar, aber die Gewinnsituation war schlecht. Durch starke Konkurrenz aus dem Ausland und einen Rückgang der Bautätigkeit
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