Die Schuld
Unstimmigkeiten kam. Er hatte keine Ahnung von den juristischen Feinheiten, aber er lernte schnell. Was die Gemeinkosten und den Mangel an Honoraren anging, konnten die anderen etwas von ihm lernen.
Am Tag nachdem Crittle in sein neues Büro eingezogen war, verließ Rodney die Kanzlei, was allerdings nicht bedeutete, dass die beiden Ereignisse etwas miteinander zu tun hatten. Rodney nahm einfach sein Geld und zog in einen Vorort der Stadt - in ein sehr schönes Haus in einer sehr sicheren Straße, mit einer Kirche am einen Ende, einer Schule am anderen und einem Park um die Ecke. Er hatte vor, sich Vollzeit um seine vier Kinder zu kümmern. Vielleicht würde er sich später wieder einen Job suchen, vielleicht auch nicht. Von einem Jurastudium sprach er nicht mehr. Mit zehn Millionen Dollar auf der Bank - vor Steuern - hatte er keine langfristigen Pläne mehr, er wollte nur noch Vater und Ehemann sein und ein Geizkragen. Er und Clay schlichen sich, ein paar Stunden bevor Rodney die Kanzlei verließ, in einen Deli ein Stück die Straße hinunter, um sich voneinander zu verabschieden. Sie hatten sechs Jahre zusammengearbeitet - fünf im OPD, das letzte in der Kanzlei.
»Gib nicht alles aus, Clay«, warnte Rodney.
»Das schaffe ich ja gar nicht. Es ist zu viel.«
»Sei nicht albern.«
In Wahrheit brauchte die Kanzlei jemanden wie Rodney nicht mehr. Die Yale-Clique und die anderen Anwälte verhielten sich ihm gegenüber höflich und respektvoll, was vor allem an seiner Freundschaft mit Clay lag, aber er war nur ein Anwaltsassistent. Rodney brauchte die Kanzlei ebenfalls nicht mehr. Er wollte sein Geld verstecken und beschützen. Insgeheim war er entsetzt darüber, dass Clay ein Vermögen verpulverte. Eine solche Verschwendung konnte nicht gut gehen.
Da Jonah auf seinem Segelboot ausspannte und Paulette sich immer noch in London verbarg und offenbar gar nicht mehr nach Hause kommen wollte, war jetzt niemand mehr von der ursprünglichen Mannschaft übrig. Das war traurig, aber Clay war viel zu beschäftigt, um sentimental zu werden.
Patton French hatte eine Besprechung des Ausschusses angesetzt, eine logistische Unmöglichkeit, die eine Vorbereitungszeit von einem Monat erforderte. Clay fragte sich, warum sie das nicht per Telefon, Fax, E-Mail und über ihre Sekretärinnen erledigen konnten, aber French bestand darauf, dass sie einen Tag miteinander verbrachten, alle fünf in einem Raum. Da die Klage in Biloxi eingereicht worden war, sollten sie sich dort treffen.
Ridley würde mitkommen. Ihre Modelkarriere war jetzt so gut wie beendet; sie verbrachte ihre Zeit im Fitnessstudio und ging mehrere Stunden am Tag einkaufen. Was die Besuche im Fitnessstudio betraf, hatte Clay keine Bedenken, da dies schließlich ihrer Figur zugute kam. Das Einkaufen fand er allerdings beunruhigend, aber Ridley zügelte sich. Sie konnte stundenlang einkaufen, ohne allzu viel Geld auszugeben.
Einen Monat später, nach einem verlängerten Wochenende in New York, kamen sie nach Washington zurück und fuhren zu seinem Haus. Ridley blieb über Nacht, nicht zum ersten und wohl auch nicht zum letzten Mal. Obwohl sie im Grunde genommen nicht über ihren Einzug gesprochen hatten, wohnte sie plötzlich bei ihm. Clay konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann ihm aufgefallen war, dass ihr Bademantel, ihre Zahnbürste, ihre Makeup-Utensilien und ihre Unterwäsche in seinem Haus waren. Er hatte nie gesehen, wie sie die Sachen gebracht hatte - sie waren einfach plötzlich dagewesen. Ridley drängte ihn nicht; ihr Einzug wurde mit keinem Wort erwähnt. Sie blieb drei Nächte hintereinander, machte alles richtig und war ihm nicht im Weg. Dann flüsterte sie, dass sie eine Nacht in ihrer Wohnung verbringen wolle. Zwei Tage lang hörte er nichts von ihr, dann war sie wieder da.
Sie sprachen nie von Heirat, obwohl er so viel Schmuck und Kleidung für sie kaufte, dass es für einen ganzen Harem gereicht hätte. Keiner von beiden schien eine feste Beziehung anzustreben. Sie leisteten sich gegenseitig Gesellschaft und genossen das auch, aber beide riskierten auch einmal ein Auge auf andere. Ridley war von einigen Geheimnissen umgeben, über die Clay lieber nichts wissen wollte. Sie sah atemberaubend aus, war nett und recht gut im Bett, und sie schien es nicht auf sein Geld abgesehen zu haben. Aber sie hatte Geheimnisse.
Clay auch. Sein größtes Geheimnis war, dass er, wenn Rebecca zur richtigen Zeit anrufen würde, alles bis auf die Gulfstream verkaufen,
Weitere Kostenlose Bücher