Die Schuld
sie in sein Flugzeug packen und mit ihr zum Mars fliegen würde.
Stattdessen flog er mit Ridley nach Biloxi. Sie trug einen Minirock aus Wildleder, der ihren Po nur knapp bedeckte. Eigentlich hätte sie sich splitternackt ausziehen können, denn in der Kabine saßen nur sie und Clay. Irgendwo über West Virginia dachte Clay flüchtig daran, das Sofa auszuklappen und sie ins Bett zu zerren. Der Gedanke spukte ihm kurz im Kopf herum, aber er verdrängte ihn gleich wieder, zum Teil auch aus Frustration. Warum war er immer derjenige, der den Anstoß zu Spiel und Spaß gab? Sie spielte zwar bereitwillig mit, ergriff aber nie die Initiative.
Außerdem war sein Aktenkoffer bis zum Bersten mit Papierkram für den Ausschuss gefüllt.
Am Flugplatz von Biloxi wartete eine Limousine. Sie fuhren ein paar Meilen bis zum Hafen, wo sie in ein Rennboot umstiegen. Patton French verbrachte die meiste Zeit auf seiner Jacht, die zehn Meilen vor der Golfküste von Mississippi lag. Er bewegte sich gerade von einer Frau zur nächsten. Ein hässlicher Scheidungskrieg tobte. Seine Noch-Ehefrau wollte ihm das Fell über die Ohren ziehen und forderte die Hälfte seines Vermögens. Auf einem »Boot«, wie er die Sechzig-Meter-Jacht nannte, war das Leben erheblich ruhiger.
Er begrüßte sie in Shorts und barfuß. Wes Saulsberry und Dämon Didier waren bereits auf der Jacht und hielten Gläser mit einem hochprozentigen Drink in der Hand. Carlos Hernández aus Miami sollte jeden Augenblick eintreffen. French führte sie kurz auf der Jacht herum, wobei Clay mindestens acht Angestellte in schneeweißen Uniformen zählte, die nur darauf warteten, dass Mr French etwas brauchte. Das Boot hatte fünf Decks, sechs Luxuskabinen, hatte zwanzig Millionen Dollar gekostet - und so weiter und so weiter. Ridley verschwand in einer der Kabinen und zog sich aus.
Die Anwälte trafen sich zu einem Drink »auf der Veranda«, wie French es nannte - ein kleines Holzdeck ganz oben auf der Jacht. French würde in zwei Wochen vor Gericht gehen, was für ihn eine absolute Ausnahme war, da beklagte Unternehmen in der Regel schon anfingen, mit Geld nach ihm zu werfen, wenn sie seinen Namen nur hörten. Er behauptete, sich auf den Prozess zu freuen, und nach einer Runde Wodka langweilte er alle mit den Details des Verfahrens.
French brach mitten im Satz ab. Auf einem der unteren Decks war gerade Ridley erschienen, oben ohne und - auf den ersten Blick - unten auch. Sah man genauer hin, entdeckte man allerdings ein Tangahöschen, das aus einem Stoffläppchen mit einer dünnen Schnur bestand und irgendwie an der dafür vorgesehenen Stelle festklebte. Die drei älteren Männer saßen plötzlich kerzengerade auf ihren Stühlen und schnappten nach Luft. »Sie ist aus Europa«, erklärte Clay, während er auf den ersten Herzanfall wartete. »Wenn sie in die Nähe von Wasser kommt, zieht sie sich sofort aus.«
»Dann kaufen Sie ihr ein Boot«, erwiderte Saulsberry. »Ich hab eine bessere Idee - sie kann das hier haben«, schlug French vor, der um Fassung rang.
Ridley hob den Kopf, sah, was sie angerichtet hatte, und verschwand wieder. Vermutlich würden in Kürze alle Angestellten um sie herumscharwenzeln.
»Wo war ich gerade?«, fragte French. Inzwischen atmete er wieder.
Ein zweites Rennboot näherte sich der Jacht. Es war Hernández, der nicht nur eine, sondern gleich zwei Begleiterinnen dabeihatte. Nachdem sie an Bord gekommen waren und French ihnen die Jacht gezeigt hatte, gesellte sich Hernández zu ihnen aufs Deck.
»Wer sind die Mädchen?«, fragte Saulsberry.
»Anwaltsassistentinnen aus meiner Kanzlei«, erwiderte Hernández.
»Machen Sie sie bloß nicht zu Partnern«, sagte French. Sie unterhielten sich ein paar Minuten lang über Frauen. Offenbar hatten alle vier bereits mehrere Ehen hinter sich. Vielleicht war das der Grund dafür, warum sie immer noch so hart arbeiteten. Clay hörte nur zu und sagte nichts.
»Was ist mit Maxatil?«, fragte Hernández. »Ich habe tausend Fälle und weiß nicht, was ich damit machen soll.«
»Wie viele haben Sie?«, fragte French Clay. Die Atmosphäre hatte sich schlagartig geändert; jetzt ging es ums Geschäft. »Zwanzigtausend«, antwortete Clay aufs Geratewohl. In Wahrheit wusste er nicht, wie viele Mandanten die Kanzlei inzwischen vertrat. Und was machte es schon, wenn man in Gegenwart von Anwälten, die sich ihr Geld mit Sammelklagen verdienten, ein bisschen übertrieb?
»Ich habe meine Klage noch nicht
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