Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schuld

Titel: Die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Bücher und sah sich alte Filme an. Als Jarrett Carter mit seinem prachtvollen Katamaran Ex-Litigator in den Hafen von Gustavia einlief, hatte sich bereits Langeweile eingeschlichen. Clay trank in einer Bar in der Nähe des Docks Limonade und wartete auf seinen Vater.
    Dessen Besatzung bestand aus einer etwa vierzigjährigen Deutschen, deren Beine so lang waren wie die von Ridley, und einem Segellehrer, einem verschmitzten alten Schotten namens MacKenzie. Die Frau hieß Irmgard und wurde zunächst als Maat vorgestellt, eine in der Schifffahrt eher vage Beschreibung. Clay lud alle in seinen Jeep und fuhr sie zur Villa, wo sie stundenlang duschten und Drinks schlürften, während die Sonne im Meer versank. MacKenzie sprach dem Bourbon so kräftig zu, dass er bald in einer Hängematte schnarchte.
    Das Chartergeschäft lief bei Segeljachten ebenso zäh wie bei Flugzeugen: In sechs Monaten war die Ex-Litigator nur viermal gebucht worden. Die längste Fahrt war ein Törn von Nassau nach Aruba und zurück gewesen, für den ein britisches Rentnerpaar dreißigtausend Dollar bezahlt hatte, die kürzeste eine Spritztour nach Jamaika, bei der sie im Sturm fast das Boot verloren hätten. MacKenzie, damals nüchtern, hatte sie gerettet. In der Nähe von Kuba waren sie auf Piraten gestoßen. Eine Geschichte folgte auf die andere.
    Während Irmgard damit zufrieden schien, zu rauchen, zu trinken und die Lichter von Gustavia unter ihnen zu betrachten, stellte Clay ohne große Überraschung fest, dass Ridley Jarrett in ihren Bann geschlagen hatte. Er war stolz auf seinen Sohn.
    Lange nach dem Abendessen, als die Frauen zu Bett gegangen waren, zogen Jarrett und Clay auf eine andere Veranda um und genehmigten sich eine zweite Runde. »Wo hast du denn die kennen gelernt?«, wollte Jarrett wissen. Clay erklärte kurz, dass sie mehr oder weniger zusammenlebten, aber keiner von beiden an einer festeren Bindung interessiert sei. Auch die Sache mit Irmgard war nichts Ernstes.
    Was Clays Tätigkeit als Rechtsanwalt anging, so hatte Jarrett hunderte Fragen. Die neue Kanzlei seines Sohnes schien ihm viel zu groß zu sein, und er fühlte sich bemüßigt, ihm ungefragt seinen Rat aufzudrängen. Clay hörte geduldig zu. Auf der Segeljacht gab es einen Computer mit Internet-Zugang, daher wusste Jarrett von der Maxatil-Geschichte und dem Echo in der Presse. Als Clay erzählte, dass er mittlerweile zwanzigtausend Fälle betreue, fand Jarrett das zu viel für eine Kanzlei.
    »Du verstehst nichts von Sammelklagen«, meinte Clay.
    »Klingt mir eher nach Sammelrisiko«, konterte Jarrett. »Wie hoch ist deine Berufshaftpflichtversicherung?"
    »Zehn Millionen.«
    »Das reicht nicht.«
    »Mehr wollte mir die Versicherung nicht geben. Keine Sorge, Dad, ich weiß, was ich tue.«
    Der Erfolg gab Clay Recht. Wenn Jarrett daran dachte, welche Summen sein Sohn verdiente, sehnte er sich nach seiner glorreichen Zeit im Gerichtssaal zurück. Wie ein fernes Echo klangen ihm die magischen Worte des Sprechers der Geschworenen in den Ohren: »Euer Ehren, die Geschworenen entscheiden im Sinne des Klägers und erkennen auf eine Entschädigung in Höhe von zehn Millionen Dollar.« Ein weiterer Triumph für Jarrett Carter, der den Kläger umarmte und ein paar liebenswürdige Worte für den Anwalt der Verteidigung fand, bevor er den Gerichtssaal verließ.
    Eine ganze Weile herrschte Schweigen. Beide Männer brauchten dringend Schlaf. Schließlich erhob sich Jarrett und trat ans Geländer der Veranda. »Denkst du noch manchmal an diesen schwarzen Jungen?«, fragte er, während er in die Nacht hinausstarrte. »Den, der herumgeballert hat und keine Ahnung hatte, wieso?«
    »Tequila?«
    »Ja. Du hast von ihm erzählt, als wir in Nassau die Jacht gekauft haben.«
    »Manchmal.«
    »Gut. Geld ist nicht alles.« Und damit ging Jarrett zu Bett.
     
    Die Fahrt um die Insel dauerte fast den ganzen Tag. Skipper Jarrett schien zwar die Grundlagen des Segelns zu kennen und zu verstehen, wie der Wind auf die Jacht einwirkte, aber ohne MacKenzie hätten sie leic ht aufs offene Meer hinaustreiben und spurlos verschwinden können. Obwohl sich der Skipper größte Mühe gab, wurde er ständig von Ridley abgelenkt, die den Großteil des Tages nackt in der Sonne lag. Jarrett konnte die Augen nicht von ihr wenden. MacKenzie ging es zwar nicht besser, aber er hätte die Jacht auch im Schlaf steuern können. Das Mittagessen nahmen sie in einer abgeschiedenen Bucht an der Nordküste der Insel ein. In

Weitere Kostenlose Bücher