Die Schuld
Mithäftling, der sich mit Rechtssachen auskennt, hat mir geholfen, die Formalitäten für die offizielle Änderung zu erledigen.
Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten. Vielleicht können Sie irgendwie mit Pumpkins Familie Kontakt aufnehmen und ihr sagen, wie Leid es mir tut. Ich habe zu Gott gebetet, und er hat mir vergeben. Ich würde mich viel besser fühlen, wenn Pumpkins Familie das auch tun könnte. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich ihn einfach so umgebracht habe. Es war der Teufel, der geschossen hat, nicht ich, glaube ich. Aber es gibt keine Entschuldigung für mich.
Ich bin immer noch clean. Im Gefängnis gibt es jede Menge Drogen, ziemlich übles Zeug, aber Gott hilft mir durch jeden Tag.
Es wäre toll, wenn Sie mir schreiben könnten. Ich bekomme nicht viel Post. Schade, dass Sie nicht mehr mein Anwalt sein konnten. Ich fand, Sie waren ein cooler Typ.
Mit den besten Wünschen, Paul Watson
Halt durch, Paul, murmelte Clay vor sich hin. Wenn ich so weitermache, sind wir bald Zellengenossen. Das Telefonklingeln riss ihn aus seinen Gedanken. Es war Ridley, die immer noch auf St. Barth saß, aber nach Hause wollte. Ob Clay bitte morgen den Jet schicken könne?
Natürlich, mein Schatz. Eine Flugstunde kostet ja nur dreitausend Dollar. Vier Stunden hin, vier Stunden zurück, vierundzwanzigtausend Dollar für den kurzen Rundflug. Aber das war nichts im Vergleich zu den Unsummen, die sie für die Villa ausgab.
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W er von Gerüchten lebt, wird durch Gerüchte umkommen. Clay hatte selbst einige Male Reporter inoffiziell mit saftigem Klatsch gefüttert und sich hinter einem selbstgefälligen »Kein Kommentar« verschanzt, was wenige Zeilen unter dem schmutzigen Klatsch gedruckt wurde. Damals fand er dieses Spiel witzig, jetzt tat es ihm weh. Er konnte sich nicht vorstellen, wer ihn noch weiter bloßstellen wollte.
Zumindest war er vorgewarnt gewesen. Ein Reporter der Washington Post hatte Clays Kanzlei angerufen, von wo er an den ehrenwerten Zack Battle verwiesen worden war, der ihm seine Standardantwort erteilte. Zack rief Clay an, um ihn über das Gespräch zu informieren.
Der Artikel war im Lokalteil abgedruckt, auf der dritten Seite. Eine angenehme Überraschung, nachdem Clay monatelang auf der Titelseite zuerst als Held gefeiert und dann als Schurke verdammt worden war. Da es kaum Tatsachen gab, musste der Platz irgendwie gefüllt werden - in diesem Fall mit einem Foto von Clay. BÖRSENAUFSICHT ERMITTELT GEGEN DEN KÖNIG DER SAMMELKLAGEN. Zack las ihm mehrere Zitate ungenannter Quellen vor, die Clay noch schuldiger erscheinen ließen. Währenddessen erinnerte sich Clay daran, wie oft er Zack bei solchen routinemäßigen Dementis und Abwehrmanövern beobachtet hatte. Immer wieder hatte er die größten Gangster der Stadt energisch verteidigt. Je übler der Gauner, desto schneller rannte er zu Zack Battle. Zum ersten Mal kamen Clay Zweifel, ob er sich für den richtigen Anwalt entschieden hatte.
Er las den Artikel zu Hause, wo er zum Glück allein war, weil Ridley einen Tag oder zwei in ihrer neuen Wohnung verbrachte, die Clay für sie gemietet hatte. Sie brauchte die Freiheit, mit und ohne ihn leben zu können, und da ihre alte Wohnung ziemlich klein war, hatte sich Clay bereit erklärt, für eine angemessenere Unterkunft aufzukommen. Tatsächlich verlangte ihr Freiheitsbedürfnis nach einer dritten Wohnmöglichkeit, bezog man »unsere« Villa in St. Barth, wie sie es nannte, ein.
Nicht dass Ridley Zeitung gelesen hätte. Von Clays Problemen schien sie kaum etwas zu wissen. Dafür interessierte sie sich zunehmend dafür, wie sie sein Geld ausgeben konnte, ohne groß danach zu fragen, wie er es verdiente. Falls sie den Bericht auf Seite drei gesehen hatte, erwähnte sie es nicht. Genauso wenig wie er.
Während er sich durch einen weiteren katastrophalen Tag schleppte, wurde ihm bewusst, wie wenig Leute sich zu dem Artikel äußerten. Ein Studienkollege rief ihn an und versuchte, ihn aufzumuntern, aber das war alles. Er wusste das zu schätzen, aber es half ihm nicht sehr. Wo waren seine anderen Freunde?
Obwohl er verzweifelt versuchte, jeden Gedanken an sie zu verdrängen, fielen ihm immer wieder Rebecca und die van Horns ein. Mit Sicherheit waren sie grün vor Neid gewesen, als er zum neuen König der Sammelklagen gekrönt worden war. War das nicht erst vor wenigen Wochen gewesen? Was dachten sie jetzt? Mir doch egal, sagte er sich. Aber wenn es ihm wirklich gleichgültig war, warum
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