Die Schuld
Gläubigern vertrat, Blut sehen wollte.
Zum ersten Mal hatte Rex Crittle das gefürchtete Wort »Konkurs« in Clays Krankenzimmer ausgesprochen. Es war eingeschlagen wie eine Bombe. Anschließend tauchte es immer wieder auf. Clay fing an, es vor sich hin zu sagen, wenn auch nur im Stillen. Paulette erwähnte es einmal. Oscar hatte es in New York verwendet. Es passte nicht zu ihnen, und es gefiel ihnen nicht, aber im Laufe der letzten Woche war es Teil ihres Wortschatzes geworden.
Wenn die Kanzlei in Konkurs ging, konnte der Mietvertrag für die Büroräume gelöst werden.
Für die Arbeitsverträge konnte eine Regelung gefunden werden.
Die Gulfstream konnte zu relativ günstigen Bedingungen zurückgegeben werden.
Die verärgerten Maxatil-Mandantinnen konnten auf Distanz gehalten werden.
Die aufgebrachten Hanna-Kläger konnten zu einem Vergleich gedrängt werden.
Noch wichtiger war, dass Helen Warshaw durch einen Konkurs ausgebremst werden konnte.
Oscar war fast so deprimiert wie Clay und entschloss sich, nachdem er dessen Elend einige Stunden mit angesehen hatte, in die Kanzlei zu fahren. Paulette schob Clay nach draußen auf die Veranda, wo sie grünen Tee mit Honig tranken. »Ich muss dir zwei Dinge sagen«, begann sie. Sie hatte sich sehr dicht vor ihn gesetzt und blickte ihn eindringlich an. »Zunächst mal werde ich dir was von meinem Geld geben.«
»Nein, das wirst du nicht tun.«
»Doch. Du hast mich reich gemacht, obwohl du nicht dazu verpflichtet warst. Auch wenn du ein weißer Idiot bist, der alles verloren hat, mag ich dich immer noch. Ich werde dir helfen, Clay.«
»Das alles kann doch nicht wahr sein, Paulette.«
»Eigentlich nicht. Es ist völlig unglaublich, aber es ist geschehen. Und es wird noch viel schlimmer werden, bevor es besser wird. Lies keine Zeitungen, Clay. Bitte. Versprich mir das.«
»Keine Sorge.«
»Ich werde dir helfen. Wenn du alles verlierst, lasse ich dich nicht im Stich.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Dann sag einfach nichts.«
Sie hielten einander an der Hand. Clay konnte die Tränen nur mühsam unterdrücken. Für einen Augenblick herrschte Schweigen. »Zum zweiten«, sagte Paulette dann, »habe ich mit Rebecca gesprochen. Sie traut sich nicht, dich zu besuchen, weil sie Angst hat, erwischt zu werden. Sie hat ein neues Handy, von dem ihr Mann nichts weiß, und hat mir die Nummer gegeben. Du sollst sie anrufen.«
»Was meinst du als Frau dazu?«
»Bei mir bist du an der falschen Adresse. Du weißt, was ich von diesem russischen Flittchen halte. Rebecca ist ein nettes Mädchen, aber sie bringt, vorsichtig ausgedrückt, eine Menge Altlasten mit. Du musst dich schon selbst entscheiden.«
»Danke für diesen wertvollen Rat.«
»Keine Ursache. Du sollst sie heute Nachmittag anrufen, weil ihr Mann dann unterwegs ist oder so was. Ich gehe in ein paar Minuten.«
Rebecca parkte um die Ecke und eilte durch die Dumbarton Street bis zu Clays Tür. Heimlichkeiten lagen ihr genauso wenig wie ihm. Ihre erste gemeinsame Entscheidung war, dass damit Schluss sein musste.
Sie und Jason Myers hatten sich darauf geeinigt, ihre Ehe freundschaftlich zu beenden. Ursprünglich hatte er eine Eheberatung aufsuchen und die Scheidung hinauszögern wollen, aber seine Arbeit war ihm wichtiger. Er verbrachte achtzehn Stunden pro Tag im Büro. Washington, New York, Palo Alto, Hongkong - seine riesige Kanzlei besaß Niederlassungen in zweiunddreißig Städten und vertrat Mandanten aus der ganzen Welt. Sein Beruf kam für ihn an erster Stelle. Er verließ Rebecca ohne Entschuldigung und ohne die geringste Absicht, sich zu ändern. In zwei Tagen würde der Scheidungsantrag gestellt werden. Sie war bereits beim Packen. Jason würde die Eigentumswohnung behalten; sie hatte sich nur vage dazu geäußert, wo sie unterkommen würde. Nachdem die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hatte, hatten sie nicht viel gemeinsamen Besitz erworben. Er war Partner in seiner Kanzlei und verdiente achthunderttausend Dollar pro Jahr, aber sie wollte sein Geld nicht.
Rebecca sagte, ihre Eltern hätten sich nicht eingemischt. Dazu hatten sie auch keine Gelegenheit gehabt. Myers konnte sie nicht ausstehen, was Clay nicht weiter überraschte. Wahrscheinlich war ihm deswegen die Niederlassung in Hongkong am liebsten. Sie war weit von den van Horns entfernt.
Rebecca hatte ebenso ihre Gründe, Washington zu verlassen, wie Clay. Auf keinen Fall wollte Clay die nächsten Jahre hier verbringen. Dafür war
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