Die Schuld
Strategie zurechtzulegen. »Einigen wir uns auf fünf Millionen pro Toten.«
»Einverstanden.«
Auf dem Rückflug von Abaco hatte sich Clay vorgenommen, die Angelegenheit als ein Spiel um Nullen zu betrachten. Sieh es nicht als echtes Geld an, hatte er sich eingeredet, sondern nur als eine Reihe von Nullen hinter irgendwelchen Zahlen. Denk für den Augenblick nicht daran, was du mit dem Geld kaufen könntest. Denk nicht an die einschneidenden Veränderungen, die es mit sich bringen würde. Denk nicht daran, wie die Geschworenen in ein paar Jahren entscheiden könnten. Spiel einfach mit den Nullen. Denk nicht an die spitze Klinge, die in deinem Bauch wütet. Stell dir vor, du wärst durch einen dicken Panzer geschützt. Dein Gegner wäre schwach und ängstlich, extrem reich und ohne jeden Zweifel im Unrecht.
Er schluckte angestrengt und versuchte, seine Stimme normal klingen zu lassen. »Die Anwaltshonorare sind zu niedrig.«
»Ach, tatsächlich?«, fragte Pace und zeigte sogar ein Lächeln. »Zehn Millionen reichen nicht?«
»Nicht in diesem Fall. Die Enthüllung wäre viel spektakulärer, wenn eine große Kanzlei beteiligt wäre.«
»Sie begreifen ja schnell.«
»Sehen Sie, die Hälfte des Honorars geht für die Steuern drauf. Dann werden sehr hohe weitere Kosten anfallen. Sie erwarten von mir, dass ich innerhalb von ein paar Tagen eine Anwaltskanzlei auf die Beine stelle, und zwar in einem Stadtgebiet mit sehr hohen Mieten. Außerdem möchte ich etwas für Tequila und die anderen Angeklagten tun, die bei der ganzen Sache außen vor gelassen werden.«
»Nennen Sie mir einfach eine Zahl.« Pace kritzelte bereits etwas auf seinen Block.
»Fünfzehn Millionen würden die Übergangszeit erleichtern.«
»Sind wir hier beim Pokern?«
»Durchaus nicht, ich verhandele nur.«
»Das heißt also, Sie wollen fünfzig Millionen - fünfunddreißig für die Familien, fünfzehn für sich selbst. Ist das korrekt?«
»Das sollte genügen.«
»Einverstanden«, sagte Pace und streckte die Hand aus. »Gratuliere.«
Clay schlug ein. Mehr als »Danke« fiel ihm nicht ein.
Pace griff in seine Aktentasche. »Hier ist ein Vertrag mit den Einzelheiten und ein paar Bedingungen.«
»Was für Bedingungen?«
»Erstens: Sie dürfen Tarvan Tequila Watson, seinem neuen Anwalt oder einem der anderen Angeklagten gegenüber niemals erwähnen. Das würde die ganze Sache ernstlich gefährden. Wir haben ja bereits darüber gesprochen: Drogensucht ist vor Gericht keine Rechtfertigung für ein Verbrechen. Sie könnte sich zwar strafmildernd auswirken, doch Mr Watson hat einen Mord begangen. Es ist für seine Verteidigung nicht relevant, was er sich zur damaligen Zeit zugeführt hat.«
»Davon verstehe ich mehr als Sie.«
»Dann vergessen Sie die Mörder. Sie vertreten jetzt die Familien der Opfer. Damit stehen Sie auf der anderen Seite, Clay - akzeptieren Sie das. Unsere Vereinbarung garantiert Ihnen fünf Millionen vorab, weitere fünf in zehn Tagen und die restlichen fünf, sobald alle Vergleiche geschlossen sind. Sollten Sie mit irgendjemandem über Tarvan sprechen, ist der Deal geplatzt. Wenn Sie das Vertrauen der beklagten Partei zu Ihnen zerstören, verlieren Sie einen ganz schönen Haufen Geld.«
Clay nickte und sah auf das dicke Vertragswerk, das inzwischen auf dem Tisch lag.
»Das ist eine Art vertrauliche Vereinbarung«, fuhr Pace fort und tippte auf die Unterlagen. »Sie steckt voller Geheimnisse, die Sie zum größten Teil sogar vor Ihrer eigenen Sekretärin verbergen sollten. Der Name meines Auftraggebers ist nirgends erwähnt. Auf den Bermudas existiert eine eigens gegründete Mantelgesellschaft mit einem neuen Unternehmensbereich auf den Niederländischen Antillen, der wiederum einer Schweizer Firma mit Sitz in Luxemburg untersteht. Dort beginnt und endet die Spur. Niemand, nicht einmal ich, kann sie verfolgen, ohne sich zu verirren. Ihre neuen Mandanten bekommen Geld, sie sollen keine Fragen stellen. Wir glauben auch nicht, dass das ein Problem wird. Und was Sie angeht, Sie verdienen ein Vermögen. Wir erwarten keine Moralpredigten. Sie nehmen einfach Ihr Geld, erledigen den Job, und alle sind glücklich.«
»Ich soll also meine Seele verkaufen?«
»Wie gesagt, keine Moralpredigten. Sie tun nichts Verwerfliches. Sie erzielen hohe Entschädigungssummen für Mandanten, die keine Ahnung hatten, dass ihnen etwas zusteht. Das würde ich nicht unbedingt ›Seele verkaufen‹ nennen. Und was ist dagegen einzuwenden, reich zu
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