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Die Schuld

Titel: Die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Ketchum zurückgekehrt war, hielten ihm Paulette und Jonah in seinem Büro eine lange Liste mit Problemen vor die Nase. Eine Meuterei drohte. Die Nerven lagen blank, und die Tatsache, dass alle völlig erschöpft waren, machte alles noch schlimmer.
    Nach den letzten Schätzungen hatte die Kanzlei inzwischen 3.320Dyloft-Mandanten, und da die Fälle brandneu waren, musste man sich sofort darum kümmern. Paulette, die etwas widerwillig die Rolle der Bürovorsteherin übernommen hatte, Jonah, der zehn Stunden am Tag vor dem Computer saß, um Fälle zu erfassen, und natürlich Clay, der der Chef war und Interviews geben und nach Idaho fliegen musste, nicht eingerechnet, hatte die Kanzlei zwei Anwälte und zehn Anwaltsassistenten, von denen bis auf Rodney keiner mehr als drei Monate Erfahrung hatte. »Ich kann nicht sagen, wer gut und wer schlecht ist«, sagte Paulette. »Dazu ist es noch zu früh.«
    Sie schätzte, dass jeder Anwaltsassistent zwischen hundert und zweihundert Fälle bearbeiten konnte. »Unsere Mandanten haben Angst«, erklärte sie. »Sie haben Angst, weil sie einen Tumor haben. Sie haben Angst, weil in allen Zeitungen über Dyloft berichtet wird. Sie haben Angst, weil wir ihnen einen Riesenschrecken eingejagt haben.«
    »Sie wollen, dass man mit ihnen redet«, warf Jonah ein. »Und sie wollen einen richtigen Anwalt am anderen Ende der Leitung, keinen überforderten Anwaltsassistenten, der die Anrufe wie am Fließband entgegennimmt. Ich fürchte, dass wir schon sehr bald einige Mandanten verlieren werden.«
    »Wir werden keine Mandanten verlieren«, erwiderte Clay. Er musste an die hungrigen Wölfe denken, die er vor kurzem in Idaho kennen gelernt hatte, und daran, dass sie nichts lieber täten, als ihm unzufriedene Mandanten abspenstig zu machen.
    »Wir ersticken im Papierkram«, sagte Paulette, die in die gleiche Bresche schlug wie Jonah und Clays Einwand einfach ignorierte. »Die medizinische Erstuntersuchung eines potenziellen Klägers muss analysiert und anschließend durch einen zweiten Test bestätigt werden. Zurzeit gehen wir davon aus, dass bei etwa vierhundert Leuten ein zweiter Test erforderlich sein wird. Das könnten die schweren Fälle sein. Clay, diese Leute könnten sterben. Jemand muss ihre medizinische Behandlung mit den Ärzten koordinieren. Aber das passiert nicht, weil wir niemanden haben, der sich darum kümmert.«
    »Ist ja gut, Paulette«, erwiderte Clay. »Wie viele Anwälte brauchen wir?«
    Paulette warf Jonah einen müden Blick zu. »Zehn sofort, aber wirklich sofort, und später vielleicht noch mehr.«
    »Wir verstärken die Werbung«, sagte Clay.
    Eine lange Pause entstand, in der Jonah und Paulette die Neuigkeit verarbeiteten. Clay hatte ihnen zwar das Wichtigste aus Ketchum erzählt, die Details aber verschwiegen. Er hatte ihnen versichert, dass jeder Fall, den sie vertraten, einen Riesengewinn für sie abwerfen würde, aber kein Wort über die Strategie für den Vergleich verloren. Einen Prozess kann man nur gewinnen, wenn alle den Mund halten, hatte French ihn gewarnt. Da er noch nicht lange mit seinem Team zusammenarbeitete, hielt Clay es für das Beste, seine Mitarbeiter weitgehend im Dunkeln zu lassen.
    Eine Kanzlei in derselben Straße hatte gerade fünfunddreißig angestellte Anwälte entlassen. Die Konjunktur lahmte, es war nicht genug Arbeit da, eine Fusion stand kurz bevor - egal, woran es wirklich lag, in Washington machte so etwas in Windeseile die Runde, da der Arbeitsmarkt normalerweise durch nichts zu erschüttern war. Entlassungen! In einer Kanzlei? In Washington?
    Paulette schlug vor, einige der entlassenen Anwälte einzustellen - ihnen einen Vertrag für ein Jahr zu geben, ohne Aussicht auf eine Festanstellung. Clay erklärte sich bereit, gleich als Erstes am nächsten Morgen ein paar der Anwälte anzurufen. Außerdem wollte er zusätzliche Büroräume und Möbel beschaffen.
    Jonah hatte die etwas ungewöhnliche Idee, für ein Jahr einen Arzt einzustellen, der sich um die Tests und medizinischen Nachweise kümmern sollte. »Jemanden, der gerade Examen gemacht hat, können wir für hunderttausend im Jahr bekommen«, sagte er. »Er wird nicht viel Erfahrung haben, aber das dürfte nicht so wichtig sein. Schließlich soll er nicht operieren, sondern nur den Papierkram erledigen.«
    »Kümmere dich darum«, bat Clay.
    Die Website war das nächste Thema auf Jonahs Liste. Aufgrund der Werbespots wurde sie häufig besucht, aber sie brauchten einige Mitarbeiter, die

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