Die Schuld
sich in Vollzeit um die Site kümmerten. Außerdem musste sie fast wöchentlich mit Informationen zum Stand der Sammelklage und den neuesten schlechten Nachrichten über Dyloft aktualisiert werden. »Clay, unsere Mandanten wollen Informationen«, sagte Jonah.
Für alle Mandanten ohne Internet-Anschluss - Paulette schätzte, dass dies auf mindestens die Hälfte zutraf - waren regelmäßige Rundschreiben zu Dyloft äußerst wichtig. »Wir brauchen jemanden, der die Rundschreiben redaktionell bearbeitet und verschickt«, meinte sie.
»Kannst du so jemanden finden?«, wollte Clay wissen. »Ich denke schon.«
»Na, dann los.«
Paulette sah zu Jonah hinüber als musste das, was jetzt noch zu sagen blieb, unbedingt von ihm kommen. Jonah warf seinen Notizblock auf den Schreibtisch und ließ seine Fingerknöchel knacken. »Clay, wir geben jede Menge Geld aus«, sagte er. »Bist du sicher, dass es klappen wird?«
»Nein, aber ich glaube, ich weiß, was ich tue. Vertraut mir einfach, okay? Wir werden richtig gut verdienen. Aber dazu müssen wir erst einmal Geld ausgeben.«
»Und das Geld dafür hast du?«, fragte Paulette.
»Ja.«
Pace wollte sich am späten Abend mit ihm in einer Bar in Georgetown treffen, die von Clays Haus zu Fuß erreichbar war. Er war ein paar Tage nicht in der Stadt gewesen und äußerte sich wie immer nur vage darüber, wo er hingefahren war und welches Feuer er gelöscht hatte. Seine Kleidung war etwas heller als sonst, er schien jetzt Brau zu bevorzugen - braune, spitze Stiefel aus Schlangenleder, braunes Wildlederjackett. Das gehört bestimmt zu seiner Tarnung, dachte Clay. Als sie ihr erstes Bier zur Hälfte getrunken hatten, kam Pace auf Dyloft zu sprechen, und bald war klar, das das Projekt, an dem er gerade arbeitete, etwas mit Ackerman Labs zu tun haben musste.
Mit der Weitschweifigkeit eines aufstrebenden Prozessanwaltes berichtete Clay anschaulich über seinen Besuch auf Frenchs Ranch. Er erzählte von der Räuberbande, die er dort getroffen hatte, von dem dreistündigen Abendessen, bei dem alle betrunken gewesen waren, aber gleichzeitig heftig diskutiert hatten, von der Barry & Harry-Show. Ohne eine Sekunde zu zögern, offenbarte er auch die Details, weil Pace mehr wusste als alle anderen.
»Ich weiß, wer Barry und Harry sind«, sagte Pace, als würde es sich bei den beiden um dubiose Charaktere aus der Unterwelt handeln.
»Ich glaube, sie wissen, wovon sie reden, aber für zweihunderttausend kann man das ja wohl auch erwarten.«
Clay erzählte von Carlos Hernández, Wes Saulsberry und Damon Didier, seinen neuen Freunden aus dem Ausschuss. Pace sagte, er habe schon von allen gehört.
Beim zweiten Bier fragte Pace: »Sie haben Ackerman leer verkauft, nicht wahr?« Er sah sich um, aber sie wurden von niemandem belauscht. Die vor allem bei Collegestudenten beliebte Bar war an diesem Abend nicht sehr gut besucht.
»Einhunderttausend Aktien zu Zweiundvierzigeinhalb«, erwiderte Clay stolz.
»Ackerman hat heute bei dreiundzwanzig geschlossen.«
»Ich weiß. Ich behalte den Kurs ständig im Auge.«
»Sie sollten Ihre Leerverkäufe decken und die Aktien zurückkaufen. Am besten gleich morgen früh.«
»Ist was im Busch?«
»Ja. Und wenn Sie schon dabei sind, sollten Sie so viele Aktien wie möglich bei dreiundzwanzig kaufen und dann auf den Höhenflug warten.«
»Wo wird er enden?«
»Der Kurs wird sich verdoppeln.«
Sechs Stunden später - die Sonne war noch nicht aufgegangen - saß Clay wieder im Büro und versuchte, sich auf einen weiteren hektischen Tag vorzubereiten. Außerdem fieberte er der Eröffnung der Börse entgegen. Vor ihm lag eine zweiseitige Liste mit Dingen, die zu erledigen waren. Fast immer ging es dabei um die schier unlösbare Aufgabe, zehn neue Anwälte einzustellen, die sofort anfangen konnten, und Büroräume für sie zu finden. Es sah hoffnungslos aus, aber er hatte keine Wahl. Um halb acht rief er bei einem Immobilienmakler an, der gerade unter der Dusche stand. Um halb neun führte er ein zehnminütiges Einstellungsgespräch mit einem jungen Anwalt namens Oscar Mulrooney, der gerade gefeuert worden war. Der arme Kerl war einer der besten Studenten in Yale gewesen, hatte nach dem Examen ein hervorragendes Jobangebot angenommen und war nach dem Bankrott des Konzerns und der anschließenden Fusion mit einem Mammutunternehmen überflüssig geworden. Außerdem war er seit zwei Monaten verheiratet und brauchte Geld. Clay stellte ihn für
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