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Die Schuld

Titel: Die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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gedroht?«
    »Noch nicht. Und ich gehe nicht davon aus, dass sie es tun werden. Ackerman hat zu viele Vermögenswerte. Wir haben gerade die Finanzanalyse abgeschlossen - die Zahlen gehen wir morgen früh durch -, und unsere Jungs glauben, dass das Unternehmen zwei bis drei Milliarden für einen Vergleich hat.«
    »Wie viel ist durch die Versicherung gedeckt?«
    »Nur dreihundert Millionen. Ackermans Kosmetiksparte steht seit einem Jahr zum Verkauf. Sie wollen eine Milliarde dafür. Der reale Wert liegt bei etwa drei Vierteln davon. Sie könnten sie für eine halbe Milliarde verhökern, dann haben sie genug Cash, um die Entschädigung für unsere Mandanten zu zahlen.«
    Clay war bereits aufgefallen, dass die Mandanten nur selten erwähnt wurden.
    Die Wölfe drängten sich um French, der fortfuhr. »Wir müssen uns über zwei Dinge Klarheit verschaffen: Erstens, wie vie1e potenzielle Kläger gibt es? Zweitens, wie viel ist ein Fall wert?«
    »Zählen wir sie doch zusammen«, schlug jemand mit einem schleppenden texanischen Akzent vor. »Ich habe tausend.«
    »Ich tausendachthundert«, sagte French. »Hernández?«
    »Zweitausend«, antwortete Hernández, während er sich Notizen machte.
    »Wes?«
    »Neunhundert.«
    Der Anwalt aus Topeka hatte sechshundert, die niedrigste Anzahl von Fällen. Zweitausend war das Höchste. French hob sich das Beste zum Schluss auf. »Clay?«, fragte er. Alle spitzten die Ohren.
    »Dreitausendzweihundert«, antwortete Clay, wobei es ihm gelang, ein Pokerface zu machen. Doch seine neuen Freunde freuten sich. Zumindest hatte er diesen Eindruck.
    »Gut gemacht«, sagte jemand.
    Clay hatte allerdings den Verdacht, dass hinter dem strahlenden Lächeln und den überschwänglichen Glückwünschen eine gehörige Portion Neid versteckt wurde.
    »Das wären vierundzwanzigtausend«, sagte Hernández, der die Zahlen im Kopf addierte.
    »Das können wir mit Sicherheit verdoppeln, womit wir bei fünfzigtausend wären, und das ist auch die Zahl, mit der Ackerman rechnet. Fünfzigtausend bei zwei Milliarden macht vierzigtausend Mäuse pro Fall. Keine schlechte Ausgangssituation.«
    Auch Clay überschlug die Zahlen im Kopf - vierzigtausend Dollar für seine dreitausendzweihundert Fälle ergaben etwas mehr als hundertzwanzig Millionen. Und ein Drittel davon gehörte ihm. Sein Herz fing an zu rasen, und seine Knie wurden weich.
    »Weiß Ackerman, bei wie vielen dieser Fälle es um bösartige Tumore geht?«, fragte Bernie aus Boston.
    »Nein. Es gibt lediglich Schätzungen, die bei etwa einem Prozent liegen.«
    »Das wären fünfhundert Fälle.«
    »Und mindestens eine Million für jeden Kläger.«
    »Das wäre dann noch mal eine halbe Milliarde.«
    »Eine Million Mäuse ist doch wohl ein Witz.«
    »In Seattle könnte ich fünf Millionen pro Fall rausholen.«
    »Schließlich geht es um widerrechtliche Tötung.« Es war keine Überraschung, dass jeder Anwalt eine eigene Meinung dazu hatte und diese lautstark und gleichzeitig mit allen anderen vertrat. Nachdem French für Ruhe gesorgt hatte, rief er: »Meine Herren, zu Tisch, bitte.«
    Das Abendessen wurde zum Fiasko. Die glänzende Platte des Esszimmertischs war aus einem Baum herausgeschnitten worden - einem riesigen, majestätischen Ahornbaum -, der jahrhundertelang in den Wäldern Nordamerikas gestanden hatte, bis er für einen reichen Mann gefällt worden war. An dem Tisch fanden mindestens vierzig Gäste Platz. Jetzt waren es achtzehn Personen, die man wohlweislich mit viel Abstand zueinander platziert hatte, denn sonst wäre es mit Sicherheit zu einer Schlägerei gekommen.
    Unter den mit einem überbordenden Selbstbewusstsein ausgestatteten Anwesenden, von denen natürlich jeder glaubte, der beste Anwalt unter der Sonne zu sein, tat sich Victor K. Brennan, ein aufdringlicher, näselnder Texaner aus Houston, als der unangenehmste Schaumschläger hervor. Nach dem dritten oder vierten Glas Wein, als er etwa die Hälfte seines dicken Steaks gegessen hatte, fing Brennan an, über die ach so geringe Entschädigung für den einzelnen Mandanten zu lamentieren. Einer seiner Mandanten, ein vierzigjähriger, gut verdienender Mann, hatte jetzt dank Dyloft bösartige Tumore. »Ich kann von jedem Geschworenengericht in Texas zehn Millionen für tatsächlich entstandenen Schaden und zwanzig Millionen Strafschadenersatz bekommen«, prahlte er. Die meisten Anwesenden stimmten ihm zu. Einige übertrumpften ihn sogar noch und behaupteten, sie würden in ihrer Heimatstadt

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