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Die Schuldlosen (German Edition)

Die Schuldlosen (German Edition)

Titel: Die Schuldlosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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widersprach Albert. «Der muss im Haus sein. Aber der Tresor ist leer.»
    «Bist du sicher?»
    «Absolut. Ich habe ihn nach Mutters Tod selbst ausgeräumt und ihren Schmuck in Verwahrung genommen.» Unausgesprochen blieb: Komm bloß nicht auf die Idee, etwas davon zu verlangen. Du bekommst ohnehin mehr, als dir zusteht. «Ansonsten war nichts drin, was von Belang gewesen wäre. Nur alte Steuerunterlagen, Familienstammbücher und ein Wehrmachtsorden.»
    «Und wo ist der Kfz-Brief für Vaters Mercedes?», fragte Alex.
    «Was willst du denn damit?»
    Alex erklärte es, und Albert fragte: «Hältst du das für vernünftig?»
    «Ich kann es mir leisten, unvernünftig zu sein», sagte er.
    «Tja», meinte sein Bruder. «Dann wirst du suchen müssen. Ich kann dir nicht sagen, wo der Brief ist.»
    Albert legte auf. Alex nahm das Handy vom Ohr und schaute auf das kleine Display, in dem die Dauer des Gesprächs angezeigt wurde. Sechs Minuten und siebenunddreißig Sekunden. Auch wenn er den größten Teil dieser Zeit den Bläck Fööss gelauscht hatte, war es die längste Unterhaltung mit seinem Bruder gewesen, an die er sich erinnerte.
    Er suchte weiter nach dem Kfz-Brief und fand ihn schließlich zusammen mit dem Zweitschlüssel für den Mercedes in der Truhe vor dem Bett seiner Mutter, auf der die drei Puppen Wache hielten. Zum Mittagessen kam er nicht mehr, weil es höchste Zeit wurde, den Passat zurück zur S-Bahn-Station zu bringen.
    Um Heikes Kaffeebüdchen machte er wieder einen weiten Bogen, obwohl er hungrig war und ihm beim Gedanken an ein Schinkenbrötchen mit Endiviensalat, zwei Fleischtomatenscheiben und Remoulade das Wasser im Mund zusammenlief. Aber Heike würde vermutlich die Polizei rufen, statt ihn zu bedienen. Den Stress konnte er jetzt nicht gebrauchen. Und es gab ja eine, die sich freute, ihn zu sehen – Silvie.
    Wenn Lothar sich heute Nachmittag selbst um den Hasemann kümmern musste, bestand nicht die Gefahr, dass sich ihre Wege kreuzten. Er wollte ihr unbemerkt den Autoschlüssel zurück in die Handtasche schmuggeln und sie noch ein bisschen aushorchen. Vor allem interessierte ihn die Entstehungsgeschichte von Prinz Knatschsack. Also marschierte er zum Krankenhaus, kaufte unterwegs eine Tüte Äpfel, aß beim Weitergehen zwei und überließ Silvie den Rest mit dem Hinweis: «Die sind gesünder als Blumen.»

    Es ging Silvie schon wieder so gut, dass sie ohne Hustenanfall nörgeln konnte, weil außer ihm noch kein Besuch gekommen war. Obwohl sie sonntags erklärt hatte, ihre Großeltern sollten nachmittags Ruhe haben und Kraft fürs Kinderhüten tanken, hatte sie fest mit Franziska gerechnet. Sonst machte die doch jedes Mal einen Aufstand, wenn ihr Kind ein Wehwehchen hatte.
    «Ich überlege schon den halben Tag, ob Lothar ihr einen Krankenhausbesuch ausgeredet hat, weil ich nicht viel sprechen soll. Oder ob es Opa gestern so schlechtging, dass Oma ihn nicht allein lassen wollte. Lothar hat sich auch nicht mehr blicken lassen. Dabei hätte er abends noch mal reinschauen können. Besuchszeit ist bis um acht. Ich bringe David immer um sieben ins Bett.»
    «Wenn’s deinem Opa nicht gutging, hat Lothar den Kleinen vielleicht aus Rücksicht später abgeliefert», meinte Alex.
    «Wenn», meckerte Silvie. «Ich kann nicht mal anrufen und nachfragen. Was hat er sich nur dabei gedacht, mein Handy aus der Tasche zu nehmen? Manchmal geht er mir mit seiner Fürsorge und Vernunft echt auf die Nerven. Ich liege doch nicht auf der Intensivstation, wo ich versehentlich im Nebenzimmer lebenserhaltende Maschinen ausschalten könnte, wenn ich telefoniere.»
    Das Telefon an ihrem Bett war auf Lothars Geheiß gar nicht erst angeschlossen worden, damit sie ihre Stimme auch wirklich schonte. Aus dem Grund hatte Lothar vermutlich auch ihre Geldbörse konfisziert. Sonst hätte sie in der Krankenhausverwaltung fünfzehn Euro zahlen und den Apparat freischalten lassen oder sich eine Telefonkarte für den öffentlichen Fernsprecher im Erdgeschoss kaufen können.
    Völlig unrecht hatte Lothar mit seinen rigiden Maßnahmen wohl nicht. Der Arzt hatte schon vor Knötchenbildung und chronischer Heiserkeit gewarnt, weil Erkältungsviren gerne die Stimmbänder angriffen. Das konnte zu bleibenden Schäden führen.
    Obwohl sie ihm das erklärte, animierte Alex sie mit Fragen nach Prinz Knatschsack dazu, die hochdramatische Geschichte einer Frühgeburt zu erzählen. Über die Entstehung des Knaben verlor sie leider kein Wort, begann bei

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