Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schuldlosen (German Edition)

Die Schuldlosen (German Edition)

Titel: Die Schuldlosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
Vom Netzwerk:
ihren sich rapide verschlechternden Leberwerten, für die ihre Gynäkologin keine Erklärung gefunden hatte, kam über massive Blutungen und Notkaiserschnitt unter Spinalanästhesie zum ersten Bad von Mutters Hand in einem Behältnis, das aussah wie ein Spülbecken aus Edelstahl.
    «Da habe ich ihn zum ersten Mal richtig brüllen hören. Das Ding war auch mit warmem Wasser drin noch kalt. Ich hätte ihm eine Hand unter Po und Rücken halten müssen. Aber ich war so ungeschickt.»
    Viel klüger war Alex damit nicht. Und gezielt fragen, ob der Junge von Lothar stammte oder von einem anonymen Spender, konnte er kaum. Sie hätte doch sofort wissen wollen, was ihn auf diesen Gedanken brachte.
    Sie kam auf ihre Großeltern zurück und malte einige Teufel an die Wand. Wenn’s Opa gestern wirklich so schlechtgegangen war, dass Oma deswegen auf den Besuch bei ihr verzichtet hatte, ging es ihm heute garantiert nicht besser. Wenn er im Bett lag, musste Oma bestimmt oft nach oben, um nach ihm zu sehen. Dass sie David immerzu treppauf, treppab schleppte, konnte Silvie sich nicht vorstellen. Das war doch viel zu beschwerlich. Oma würde denken, es wäre ja nur für zwei oder drei Minuten, und den Kleinen unbeaufsichtigt im Erdgeschoss zurücklassen. Und wenn er auch noch nicht laufen konnte, krabbeln konnte er verdammt flink, sogar eine Treppe hinauf, wobei ihn jedoch nach zwei, drei Stufen die Kraft verließ, was ihn jeden Mal fürchterlich frustrierte. Nicht auszudenken, was da alles passieren konnte.
    Vielleicht spekulierte sie darauf, dass Alex ihr aus der finanziellen Klemme half. Er zog stattdessen sein Handy aus der Jackentasche und reichte es ihr mit den Worten: «Hier, damit du nicht verrückt wirst mit all deinen Befürchtungen.»
    Der versenkbare Autoschlüssel steckte immer noch in seiner Jacke. Er verabschiedete sich trotzdem, weil er nicht wusste, wie er an ihre Handtasche gelangen sollte, ohne ihr Misstrauen zu wecken. Er hatte gehofft, die Tasche stünde neben ihrem Bett und er könnte den Schlüssel unbemerkt hineinfallen lassen, aber offenbar war die im Schrank. Egal. Er würde ihn einfach unter einen Sitz schieben, damit es so aussah, als wäre er ihr aus der Tasche gefallen.
    «Bleib doch noch ein bisschen», bat Silvie, als er zur Tür ging. «Ich frag nur kurz, wie es Opa geht.»
    «Du und kurz», sagte er grinsend. «Du darfst telefonieren, bis die Karte leer ist. Ich schenk’s dir. Dass ich so ein Ding eigentlich gar nicht brauche, hab ich erst gemerkt, nachdem ich es gekauft hatte. Und ich will nicht schuld sein, wenn du chronisch heiser wirst. Strapazier deine Stimmbänder lieber bei deiner Oma oder deinem Mann. Wenn Lothar sich heute Abend wieder nicht blicken lässt, kannst du ihn ja fragen, wo er sich herumtreibt. Sag einfach, die Nachtschwester hätte dir ihr Handy geliehen.»
    «Danke», sagte Silvie schlicht.
    Er hatte die Tür bereits geöffnet, als sie noch wissen wollte: «Kommst du morgen?»
    «Meinst du denn, du bist morgen noch hier?»
    «Wenn’s nach Lothar geht, bin ich noch die ganze nächste Woche hier», vermutete sie düster.
    Na, dann eilte es ja nicht mit dem Autoschlüssel. «Ich versuch’s», sagte er. «Aber sei mir nicht böse, wenn ich es nicht schaffe. Morgen hab ich einen Termin bei meiner Anwältin, den kann ich nicht verschieben, und das kann dauern.» Mit dieser Lüge trat er hinaus auf den Gang.

    Silvie schaute auf den schmaler werdenden Spalt, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann rief sie umgehend ihre Großmutter an. Franziska hörte mit Erleichterung, dass es wirklich nur eine schlimme Erkältung war und nicht etwa wieder schlechte Leberwerte, Blutungen oder sonst etwas, das eine drohende Frühgeburt ankündigte. Diesmal wäre es entschieden zu früh, Anfang vierter Monat, das Baby hätte nicht den Hauch einer Überlebenschance.
    Zeit für ein längeres Gespräch hatte Franziska nicht. Von halb sechs Uhr in der Früh bis eben, als Lothar den Knaben abgeholt hatte, hatte Prinz Knatschsack sie auf Trab gehalten und der wenig schmeichelhaften Bezeichnung alle Ehre gemacht.
    «Kein Wunder, dass Lothars Mutter genug von dem Kleinen hatte», meinte Franziska. «Ich bin nicht mal dazu gekommen, Mittagessen zu kochen. Zum Glück ist noch was von gestern übrig. Ich mach Opa jetzt die Suppe heiß, was anderes will er ja doch nicht.»
    «Wie geht’s ihm denn?», fragte Silvie.
    «Ach», seufzte Franziska. «Ich hab den Eindruck, es wird immer schlimmer. Er hat

Weitere Kostenlose Bücher