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Die Schuldlosen (German Edition)

Die Schuldlosen (German Edition)

Titel: Die Schuldlosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Heike überlassen. Wer wusste denn, in welcher Verfassung die zurückkam? An einen verdorbenen Magen glaubte Gerhild nach dem kurzen Telefonat nicht eine Sekunde lang.
    Gerhild packte Saskia erneut ins Auto und fuhr mit ihr zur Wache nach Grevingen. Dort ließ sie das Kind wiederholen, was es ihr erzählt hatte. Im Anschluss brachte Gerhild eine Anschuldigung wegen versuchter Kindesentführung vor.
    Natürlich war Saskia auch für den Freitagnachmittag mit ihrem Papa verabredet. Und Gerhild stellte sich das so vor, dass anstelle des Kindes zwei Polizisten am vereinbarten Treffpunkt auf Alex warteten und ihn dahin zurückbrachten, wo er viel zu früh rausgekommen war. Doch sie wurde bitter enttäuscht.
    Versuchte Kindesentführung! Das erschien dem Beamten, mit dem sie sich zuerst auseinandersetzen musste, nach Saskias Schilderung viel zu hoch gegriffen. Wer ein Kind entführen wollte, brachte es nicht erst tagelang zur Schule. Dass Alex Saskia zweimal mit zu sich nach Hause genommen, sie dort mit Keksen und Eis gefüttert, ihr selbstgekochten Kakao serviert, alte Fotos und einen Zeichentrickfilm gezeigt und sie auf seinen Armen getragen hatte, damit sie nicht über den Steinfußboden laufen musste, war nicht strafbar. Ebenso wenig konnte man ihn dafür belangen, dass er ihre kalten Füße gerieben, sie auf den Scheitel geküsst und sich Küsschen auf die Wange hatte geben lassen. Und die Fahrt zum Möbelhaus …
    «Es war nicht mal Kindesentzug, Frau Jentsch», erklärte der Beamte. «Herr Junggeburt hat die Kleine doch jeden Abend wieder zurückgebracht.»
    Ein zweiter Polizist kam dazu, aufmerksam geworden durch die beiden Namen. Er hieß Bernd Leunen, war ein Jahr älter als Alex und Lothar und kannte beide seit der gemeinsamen Schulzeit. Bernd Leunen war in Garsdorf geboren und wohnte immer noch dort. Mit Frau und inzwischen vierjährigem Sohn im Haus seiner Eltern, sie hatten angebaut.
    Bernd Leunen hatte am Ostersamstag 2004 aus nächster Nähe miterlebt, wie sich das Drama anbahnte. Und am Ostersonntag war er einer der ersten Polizisten an der Greve gewesen, hatte Janice Hecklers Leiche noch im seichten Wasser liegen sehen.
    Bei Gerhilds Anblick stutzte er kurz, hatte wohl mit Heike gerechnet. «Tag, Frau Jentsch», begann er, lächelte Saskia an und sprach weiter zu Gerhild: «Kann man denn nicht mal fünfe gerade sein lassen? Alex hat dem Kind doch nicht geschadet. Er will’s halt sehen. Ist das nicht verständlich?»
Neue Liebe
    Drei Monate nachdem unmittelbar vor einer Deutschklausur ihr siebter Himmel explodiert war, hatte Lothar bei Silvie verlauten lassen, Alex habe eine Neue. Eine richtige Frau, mit der er nicht herumspielen könne, wie er das bisher mit allen getan hätte.
    Silvie glaubte ihm kein Wort. Lothar hatte in diesen drei Monaten so viele zarte und weniger zarte Annäherungsversuche gemacht, dass ihm seine Hintergedanken ins Gesicht geschrieben standen. Jetzt schlag dir Alex doch endlich aus dem Kopf und nimm mich. Ich bin treu, zuverlässig und geduldig, lungere nicht herum, habe einen sicheren Job, und ich liebe dich mehr, als ich mit Worten ausdrücken kann.
    Aber ein paar Tage später sah sie es mit eigenen Augen. An dem Tag hatte sie um drei einen Zahnarzttermin in Grevingen. Es hätte sich nicht gelohnt, nach Schulschluss heim- und gleich wieder zurückzufahren. Deshalb ging sie zu Heikes Kaffeebüdchen , um ein Brötchen zu essen, einen Milchkaffee zu trinken und sich anschließend in dem winzigen Waschraum mit Toilette die Zähne zu putzen.
    Als sie den Verkaufsraum der Blockhütte betrat, bediente Alex an der Kühltheke. Heike schmierte neben ihm Brötchen im Akkord. Es war eine Menge los, wimmelte nur so von Kindern und Jugendlichen, die die weiterführenden Schulen in Grevingen besuchten. Nur die Garsdorfer wurden von Bussen bis vor die Türen gekarrt und dort auch wieder aufgesammelt. Alle anderen, sofern sie nicht in der Stadt wohnten, mussten zur S-Bahn-Station, wo mehrere Buslinien abfuhren. Mittags hatten alle Hunger, aber nur wenige bekamen zu Hause etwas auf den Tisch.
    Alex bemerkte Silvie in dem Trubel nicht sofort. Sie fand ausreichend Zeit, ihn bei der Arbeit zu beobachten. Wie flink ihm das von der Hand ging, Brötchen oder Hefeteilchen und Getränke über die Theke reichen, kassieren, Geld herausgeben, die nächste Bestellung an Heike weitersagen. Die beiden schienen bereits ein eingespieltes Team.
    «Hast du dir einen Job gesucht?», fragte Silvie, als sie endlich

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