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Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
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zugehört.
    »Tut mir leid, Liebes«, sagte sie schließlich. »Ich fühle mich völlig zerschlagen. Das ist absolut nicht mein Tag heute.«
    »Warum legst du dich nicht einfach wieder hin?«, schlug April vor. »Ich bring dir gleich eine heiße Zitrone hoch.«
    »Danke, Schatz, das ist furchtbar lieb von dir.« Ihre Mutter lächelte schwach.
    »Ach, Mum… bevor du gehst – sind das eigentlich alle unsere Bücher?«
    Ihre Mutter zog ratlos die Schultern hoch. »Dein Dad hat die Umzugskisten ausgepackt, aber ich glaube, im Keller stehen noch einige Kartons.«
    Natürlich, wie konnte ich nur so dämlich sein! , dachte April und ärgerte sich über sich selbst. Der Keller!
    Sie setzte heißes Wasser auf und ging dann nervös zu der Tür unter der Treppe, die in den Keller hinabführte. In dunklen, fensterlosen Räumen hatte sie sich noch nie besonders wohlgefühlt, aber da war sie sicher nicht die Einzige. Als sie die Tür öffnete und die Stiege hinunterspähte, schlug ihr modrige Luft entgegen. Es war stockdunkel.
    »Wo geht denn im Keller das Licht an, Mum?«, rief sie.
    »Das ist kaputt«, kam es dumpf zurück. »Neben der Treppe liegt eine Taschenlampe.«
    Oh Gott, auch das noch.
    April entdeckte die schwere orangefarbene Taschenlampe und schaltete sie ein – dafür, dass sie so groß war, gab sie erbärmlich wenig Licht ab. Sei stark, rief sie sich Fionas Worte ins Gedächtnis, legte eine Hand aufs Geländer und ging vorsichtig die Stufen hinunter, um nicht über die Kisten und Schachteln zu stolpern, die dort standen. Als sie auf der letzten Stufe angekommen war, sah sie, dass der Keller, der sich direkt unter der Küche befand, ein ziemlich langer, schmaler Raum war, dessen Wände aus nacktem Backstein bestanden. Hier unten herrschte ein viel zu großes Durcheinander, als dass sie sich darin ernsthaft bedroht gefühlt hätte – überall standen aufeinandergestapelte Kartons herum. April klappte einen von ihnen auf und spähte hinein: Bücher, Bücher und noch mehr Bücher. Fachliteratur über Politik und Wirtschaft, eine Gedichtsammlung, die Biografie eines Malers, von dem sie noch nie etwas gehört hatte. Der Inhalt des nächsten Kartons war sogar noch chaotischer: lose zusammengeheftete Unterlagen, von einer Rasenmäher-Quittung bis zu einer Gasrechnung aus dem Jahr 1998 war alles vorhanden. Ausgeschlossen, in diesem Durcheinander jemals etwas zu finden. Entmutigt begann sie, die Treppe wieder nach oben zu steigen, und zuckte erschrocken zusammen, als ihr irgendetwas über die Wange strich.
    Hektisch wischte sie sich übers Gesicht. Eine Spinnwebe? April hasste Spinnen.
    Sie schrie auf, als sie in ihren Haaren plötzlich etwas krabbeln spürte, und fuhr sich hektisch über den Kopf, wobei ihr die Taschenlampe aus der Hand fiel. »Mist«, murmelte sie und bückte sich, um sie wieder aufzuheben. Direkt neben ihr auf der Stufe, vom schwachen Schein der Lampe angestrahlt, stand eine alte Blechdose von Quality Street auf einem Zeitschriftenstapel. April klemmte sich die Taschenlampe unter den Arm, hob den Deckel ab, und da lag es – ein kleines grünes Büchlein, auf dessen Umschlag nur ein einziges wunderbares Wort eingeprägt war: Terminkalender. Ihr Herz machte einen Satz. Natürlich: Das war der perfekte Aufbewahrungsort – versteckt und doch leicht zugänglich. Hastig blätterte sie durch die Seiten und suchte nach dem Tag, an dem ihr Vater ermordet worden war. »Komm schon… wo bist du?«, murmelte sie ungeduldig. Da! Und auf der Mitte der Seite hatte ihr Vater einen Termin eingetragen.
    »Mum!« Sie stürmte in die Küche hinauf, nahm den Wasserkessel vom Herd, lief in den Flur, griff nach ihrem Mantel und rannte dann zur Tür. »Ich muss ganz schnell noch mal weg!«
    »Und was ist mit meiner heißen Zitrone?«, rief ihre Mutter von oben.
    Aber da hatte April schon die Tür hinter sich zugeschlagen und die Straße überquert.
    Sie spähte durch das schmutzige Butzenfenster und beschirmte die Augen mit den Händen, um besser hineinsehen zu können.
    »Mr Gill!«, rief sie ungeduldig und klopfte an den Fensterrahmen. »Ich bin’s! April Dunne!«
    Sie sah, dass der alte Mann den Kopf in den Nacken gelegt auf seinem Stuhl hinter der Ladentheke saß. Seinem geöffneten Mund nach zu urteilen, schnarchte er vermutlich friedlich vor sich hin. April ging in die Hocke und klappte den Briefkastenschlitz in der Tür nach oben.
    »Mr Gill!«
    Sein Kopf rollte langsam zur Seite, sackte ihm auf die Schulter, und

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