Die Schule der Nacht
Freunde zu haben. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.«
Seufzend trottete April nach oben in ihr Zimmer, ließ sich aufs Bett fallen und wählte Davinas Nummer. Als das Besetztzeichen ertönte, holte sie noch einmal den Terminkalender ihres Vaters hervor.
Enttäuscht blätterte sie durch die Seiten. Der Terminkalender brachte sie genauso wenig weiter wie das Notizbuch. Sie hatte so sehr gehofft, darin auf einen Namen zu stoßen, von dem aus ein dicker Pfeil auf das Wort » VAMPIR - REGENT « zeigte. Andererseits hätte ihr das auch wenig genützt. Selbst wenn sie einen derart konkreten Hinweis gefunden hätte, hätte sie damit nicht zur Polizei gehen können, weil man sie dort sofort für verrückt erklärt hätte, wenn sie angefangen hätte, von den Vampiren zu erzählen. Abgesehen davon wusste sie ja auch nicht, ob der Regent überhaupt hinter dem Mord an ihrem Vater steckte. Genau genommen war der Terminkalender sogar noch kryptischer als das Notizbuch. Namen waren zu Initialen abgekürzt, Telefonnummern ohne weitere Anhaltspunkte notiert, und dazwischen tauchten immer wieder Einträge auf, die ihr überhaupt nicht weiterhalfen. »In der Reinigung vorbeigehen«, stand da, »Die Russen-Deadline nicht vergessen!« oder »Mittagessen, Riva, 13.30«. Alles in allem schien es ein ganz normaler Kalender zu sein, wie ihn wahrscheinlich jeder Journalist mit sich herumtrug. Trotzdem blieb die Frage, weshalb ihr Vater so eine Geheimniskrämerei betrieben hatte, wenn in dem Büchlein ohnehin nichts Wichtiges stand. April wusste, dass sie keine Ruhe finden würde, bevor sie seinen Tod nicht aufgeklärt hatte, aber so wie es aussah, würde sie erst einmal den Rest des Puzzles lösen müssen und herausfinden, wer oder was hinter der Ravenwood School steckte, um ihre Antwort zu bekommen. Sie schob den Kalender wieder unter ihre Matratze und versuchte es erneut bei Davina.
»Oh, hi, Darling. Ich hab schon die große Neuigkeit gehört!«, sagte Davina aufgeregt.
»Welche Neuigkeit?«
»Na, dass du Gabriel den Laufpass gegeben hast!«, rief sie.
»Woher weißt du das?«, fragte April misstrauisch.
»Ach, so etwas spricht sich eben schnell herum«, antwortete Davina ausweichend. »Gabe hat Ben sein Herz ausgeschüttet, Ben hat es Marcus erzählt, Marcus hat es Sara erzählt… Jedenfalls bist du jetzt wieder zu haben, und das heißt…«
»Das heißt was?«
»Dass wir Pläne schmieden müssen! Du kommst so gut bei den Jungs an, dass wir für dich problemlos einen neuen Freund finden werden. Die Party ist genau der richtige Rahmen für die Suche. Es sind nämlich ein paar sehr geeignete Kandidaten eingeladen.«
»Welche Party?«
»Welche Party? Daddys Winterball natürlich!«, sagte Davina. »Sag bloß, du hast ihn vergessen. Er findet am Samstag statt. Du kommst doch?«
»Ja, natürlich, aber…«
»Kein Aber. Das ist die perfekte Gelegenheit für dich, ein paar fantastische Jungs kennenzulernen und dich abzulenken.«
Obwohl April sich am liebsten komplett von Davina und ihresgleichen ferngehalten hätte, wusste sie, dass der Ball außerdem die perfekte Gelegenheit sein würde, um mehr über die Todesumstände ihres Vaters herauszufinden. Also riss sie sich zusammen und versuchte, so begeistert wie möglich zu klingen.
»Wenn das so ist… Das sollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.«
»Sehr schön. Alles Weitere besprechen wir morgen nach der Schule, okay? Aber jetzt muss ich sausen und mich weiter um Lings Pediküre kümmern. Sie hat bestimmt schon ganz schrumpelige Zehen. Ciao!«
»Gütiger Himmel«, murmelte April, nachdem sie aufgelegt hatte. Und dieses Mädchen sollte eine blutrünstige Untote sein? Das war, als wolle man ihr weismachen, Paris Hilton hätte vor, in Polen einzumarschieren.
»Schatz!«, riss die Stimme ihrer Mutter sie aus ihren Gedanken. »Hab ich da gerade etwas von einer Party gehört?«
Fünfunddreißigstes Kapitel
C aro sah ziemlich mitgenommen aus. Sie war blass, hatte tiefe Ringe unter den Augen und blinzelte mit schmerzverzerrtem Gesicht gegen die Morgensonne an.
»Du siehst aus wie der Tod«, sagte April, als sie sich auf einem verwaisten Spielplatz, wo sie vor unerwünschten Zuhörern sicher waren, neben sie auf eine Bank fallen ließ.
»Genauso fühl ich mich auch«, stöhnte Caro. Sie setzte sich eine Sonnenbrille auf und zog ihren Mantel enger. »Sonst dauert ein Kater doch immer nur einen Tag, aber diesmal hört er gar nicht mehr auf. Wenigstens habe ich es heute
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