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Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
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Grenzen bis tief nach Europa ausdehnte, insbesondere nach Ungarn, Transsilvanien und die Walachei. Wegen des in diesen Kulturen tief verwurzelten Vampirglaubens vermuten einige Gelehrte, die osmanischen Fürsten könnten die Furien als eine Art Gegenmythos erschaffen haben. Andere sind der Ansicht, es handle sich bei ihnen um eine volksmythische Abwandlung der alttestamentarischen Racheengel. Ganz gleich, wer letztendlich recht hat, die Geschichte ist dieselbe: In jeder Generation werden drei Frauen geboren, die ein sternenförmiges Mal tragen und denen die Macht gegeben ist, Vampire zu töten. Die Furien besitzen die Fähigkeit, Vampire auf den ersten Blick zu erkennen, und verfügen über außergewöhnliche Kräfte, durch die sie ihnen im Kampf weit überlegen sind. So sollen sie beispielsweise in der Lage sein, einen Vampir mit ihrem feuerspuckenden Atem zu verbrennen. Im Gegensatz zu den vielfältigen Augenzeugenberichten über angebliche Vampire sind gegenwärtig keinerlei Quellen bekannt, in denen von der Sichtung einer Furie die Rede ist, obgleich diese Wesen Berichten zufolge bereits ganze Landstriche von Vampiren gesäubert haben sollen. Young (vgl.) vertritt die Theorie, die Furien seien eine personifizierte Metapher für die muslimische Herrschaft oder den Islam selbst – das sprichwörtliche Licht des Propheten, das die Kreaturen der Nacht vertreibt. Für diese These spricht auch, dass das Geburtsmal der Furien in seiner Form an den Stern in der Mitte des Halbmondes erinnert, der die Flagge des Osmanischen Reiches ziert. Seltsam ist, dass es in den vierhundert Jahren der kaiserlichen Herrschaft nicht gelungen ist, die Gerüchte über die Vampire als auch über ihre rätselhafte Nemesis – die Furien – aus der Welt zu schaffen.
    »Verdammt«, murmelte April.
    Bin ich wirklich eine Furie?, fragte sie sich auf dem Rückweg über den Pond Square. Bin ich die Geißel, die geschickt wurde, um die Vampire zu vernichten? Sie hatte jeden noch so kleinen Querverweis zu den Furien in dem Buch gelesen, aber nur wenig Stichhaltiges gefunden, was wohl vor allem daran lag, dass es ein Buch über alte Mythen war und kein praktischer Ratgeber für Vampirjäger. Abgesehen davon konnte sie nicht davon ausgehen, dass alle Legenden wahr waren, nur weil sich eine als wahr erwiesen hatte. Und selbst wenn ich diese Auserwählte bin, ist es immer noch meine Sache, was ich aus meiner Bestimmung mache. Nicht alle großen Menschen werden automatisch Basketballspieler.
    Tief in ihrem Herzen wusste April, dass sie nicht einfach so tun konnte, als wäre nichts. Die Furien wurden als Superheldinnen dargestellt, die die Macht besaßen, das Böse zu vernichten. Aber ich bin keine frühzeitliche Amazone, ich bin doch bloß eine sechzehnjährige Schülerin. Als sie die Haustür hinter sich ins Schloss fallen ließ, fühlte sie sich klein und verletzlich. Sie wollte nicht in den Krieg ziehen. Sie wollte mit ihren Freundinnen abhängen und über Mädchenkram quatschen. Es erschien ihr eine zu schwere Bürde, die Zukunft der menschlichen Rasse auf den Schultern zu tragen, zumal sie schon genug mit dem Tod ihres Vaters zu kämpfen hatte, einen kaum zu bewältigenden Berg an Hausaufgaben erledigen musste und unglücklich in einen Jungen verliebt war, der sich zufällig als Vampir entpuppt hatte.
    »April? Bist du wieder da?«, rief ihre Mutter von oben.
    »Ja«, rief April zurück und stieg erschöpft die Treppe hoch.
    »Davina Osbourne hat angerufen«, sagte ihre Mutter, als sie in ihr Zimmer kam.
    »Ach, echt? Was wollte sie?«
    »Ich glaube, sie wollte nur ein bisschen mit dir plaudern. Jedenfalls war sie ganz reizend und hat gefragt, ob du morgen nach der Schule nicht bei ihr vorbeikommen willst. Ich habe dir die Nummer neben das Telefon in deinem Zimmer gelegt.«
    Aprils Lächeln gefror, während ihr Dutzende von Gedanken gleichzeitig durch den Kopf jagten. Hatte Davina vor, sie zu rekrutieren? Sollte sie zunächst einmal so tun, als würde sie mitspielen?
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte ihre Mutter, als sie ihre versteinerte Miene sah.
    »Nein, ich muss nur Unmengen von Hausaufgaben nachholen und habe eigentlich gar keine Zeit, mich nach der Schule noch mit jemandem zu treffen.«
    »Sei nicht albern«, sagte ihre Mutter. »Die Osbournes sind ganz entzückende Leute, und wenn dir ihre Tochter ihre Freundschaft anbietet, solltest du das nicht ablehnen.«
    Von wegen entzückende Leute, dachte April.
    »Es kann nie schaden, einflussreiche

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