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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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gewissermaßen vereinigt reisen. Phinas Porträt fand seinen ihm zukommenden Platz in der Cabine Godfreys, das Godfreys in dem Zimmer des jungen Mädchens.
    Auch Tartelett, obgleich er weder verlobt war, noch mit einer Silbe daran dachte, das je zu werden, sollte sein Ebenbild dem lichtempfindlichen Papier überantworten. Trotz des Talents des Photographen blieb es diesem jedoch unmöglich, ein einigermaßen befriedigendes Negativ zu erzielen. Immer zeigte die Platte einen confusen Nebel, aus dem man unmöglich die Züge des berühmten Tanz-und Anstandslehrers herauskennen konnte.
    Das kam daher, daß der Aufzunehmende nicht dazu zu bringen war, nur den Mund still zu halten – trotz aller Ermahnungen, welche in den, den Operationen dieser Art geweihten Ateliers gebräuchlich sind.
    Man versuchte andere, schneller wirkende Chemikalien – Momentaufnahmen; vergeblich. Tartelett rollte und schlingerte schon pränumerando, ganz wie Capitän Turcotte.
    Man mußte also darauf verzichten, die Züge dieses merkwürdigen Mannes aufzubewahren. Ein unersetzliches Unglück für die Nachwelt, wenn – doch weg mit einem solchen Gedanken – wenn er, in der Meinung, nach der Alten Welt zu reisen, etwa gar nach der anderen Welt reiste, von der kein Zurückkehren ist.
    Am 11. Juni war Alles parat. Der »Dream« brauchte nur die Anker zu lichten, seine Papiere, Frachtbrief und Contract, Versicherungspolizze – Alles in Ordnung; zwei Tage vorher hatte der Mäkler des Hauses William W. Kolderup die letzten Papiere gesendet.
    An genanntem Tage fand in dem Hôtel der Montgomery-Street ein großes Frühstück statt. Man trank auf Godfreys glückliche Reise und rechtzeitige Wiederkehr.
    Godfrey selbst schien ein wenig erregt und sachte das auch nicht zu verbergen. Phina erwies sich standhafter als er. Tartelett ertränkte seine Befürchtungen in verschiedenen Gläsern Champagner, deren Einwirkung auf ihn sich bis zum Augenblick der Abfahrt geltend machte. Er hätte sogar bald seine kleine Geige vergessen, die ihm noch gebracht wurde, als die Sorrtaue des »Dream« schon gelöst waren.
    An Bord sagten sich Alle das letzte Lebewohl, auf dem Oberdeck wechselte man die letzten Händedrücke. Dann setzte die Maschine die Schraube einige Male in Umdrehung, wodurch der Steamer vom Quai abkam.
    »Adieu, Phina!
    – Adieu, Godfrey!
    – Gott geleite Euch! rief der Onkel.
    – Und bringe uns vorzüglich heil und gesund wieder heim! murmelte Tartelett.
    – Vergiß auch nicht, Godfrey, fügte William W. Kolderup hinzu, daß der »Dream« an seinem Achter die Devise trägt:
Confide, recte agens
.
    – Niemals, Onkel Will! Adieu, Phina!
    – Adieu, Godfrey!«
    Der Dampfer entfernte sich, die Taschentücher wedelten, so lange er vom Quai noch in Sicht blieb und auch noch etwas darüber.
    Bald war die Bai von San Francisco, die größte der Welt, durchmessen; der »Dream« glitt die enge Fahrstraße der Golden-Gate, dann pflügte sein Kiel die Wasser des Stillen Oceans; es war, als ob diese Goldene Pforte sich hinter ihm geschlossen hätte.
Fußnoten
    1 Behälter, welche man nach Belieben mit Wasser anfüllen kann, wenn das Schiff ungeladen läuft, um es in seiner richtigen Schwimmlinie zu erhalten.
Sechstes Capitel.
In welchem der Leser dazu kommt, die Bekanntschaft einer noch neuen Persönlichkeit zu machen.
    Die Reise war angefangen. Man wird zugeben, daß darin keine große Schwierigkeit lag.
    Professor Tartelett wiederholte auch oft genug mit unbestreitbarer Logik:
    »Eine Reise fängt allemal an! Aber wie sie endigt, das ist der Haken!«
    Die von Godfrey bewohnte Cabine lag am Ende des Hinterdecks des »Dream«, an dem hinteren Salon, der als Eßzimmer diente. Unser junger Reisender war daselbst so bequem und prächtig wie möglich einlogirt. Der Photographie Phinas hatte er den besten Platz an der hellsten Wandstelle eingeräumt. Ein freilich etwas schmales Lager, ein Waschtisch für seine Toilette, einige Wandschränke für Kleidungsstücke und Leibwäsche, ein Arbeitstischchen und ein Lehnstuhl, um sich bequem setzen zu können, was fehlte diesem Passagier von zweiundzwanzig Jahren dann wohl noch? Unter solchen Verhältnissen wäre er zweiundzwanzigmal um die Welt gefahren. Befand er sich nicht im Alter der praktischen Philosophie, welche eine rüstige Gesundheit und gute Laune erzeugt? O, Ihr jungen Leute, reist, wenn Ihr es könnt, und wenn Ihr es nicht könnt… so reist doch!
    Tartelett freilich befand sich nicht in so rosenrother

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