Die Schule der Robinsons
Tanzmeister unter seinen Ahnen hatte ausgesprochen, daß, wenn er nicht zustimmte, noch einmal auf der Bühne zu erscheinen, es nur geschähe, um seine Kameraden nicht zu erniedrigen. Er, Tartelett, wäre gewiß niemals zu bestimmen gewesen, dieses Verdeck wieder zu betreten, welches die endlosen Wogen in den Abgrund zu schleudern drohten.
Welch’ absonderliche Idee des reichen Kolderup ihn hierher zu senden!
»Wird dieses abscheuliche Wetter lange anhalten? fragte er den Capitän zwanzig Mal des Tages.
– Hm! das Barometer sieht eben nicht vielversprechend aus! antwortete allemal der Capitän, die Stirne runzelnd.
– Werden wir bald ankommen?
– Bald, Herr Tartelett!… Hm! Bald!… Jetzt gilt’s noch, sich in Geduld zu fassen.
– Und das wagt man, den »Stillen« Ocean zu nennen!« rief der Unglückliche, während er schluchzend hin-und heroscillirte.
Uebrigens litt Professor Tartelett nicht einzig und allein von der Seekrankheit, sondern nebenbei schüttelte ihn auch die Furcht, wenn er die gewaltigen, schäumenden Wogenberge sah, die sich in gleicher Höhe mit der Schanzkleidung des »Dream« vorüberwälzten, wenn ihm dann und wann die Oeffnungen zu Gesicht kamen, aus denen über der Schwimmlinie der Dampf abblies, und er es fühlte, wie der Dampfer gleich einem Korkstöpsel auf diesen Wasserbergen umhergeworfen wurde.
»Nein, es ist ganz unmöglich, daß das Ding nicht kentern sollte! wiederholte er öfter, die Augen glanzlosen Blickes auf seinen Schüler gerichtet.
– Keine Angst, Tartelett, antwortete dann Godfrey; ein Schiff ist gebaut, um zu schwimmen, es besitzt alle Vorbedingungen dazu.
– Und ich sage Ihnen, das es diese nicht besitzt!«
Bei diesen Worten hatte der Professor schon wieder seinen Rettungsgürtel umgeschnallt. Er trug denselben Tag und Nacht, dicht am Oberkörper befestigt. Nicht für Gut und Geld hätte er sich von ihm getrennt. Allemal, wenn das Meer ihm einen Augenblick Erholung gönnte, blies er denselben durch einen tüchtigen Athemzug wieder auf, er schien ihm eben niemals voll genug zu sein.
Wir müssen den freundlichen Leser um Nachsicht wegen dieser Befürchtungen Tartelett’s bitten. Wer sich nicht öfter auf dem Meere befindet, dem verursacht dessen Wüthen einen gewissen Schrecken, und wir wissen schon, daß obiger unfreiwillige Passagier sich früher noch nicht einmal über die friedlichen Gewässer der Bai von San Francisco gewagt hatte. Wir können es ihm also schon hingehen lassen, wenn er sich an Bord eines umhergeschleuderten Fahrzeuges sehr unbehaglich und bei dem Stoßen der Wellen etwas ängstlich beklommen fühlte.
Uebrigens wurde das Wetter nur noch immer schlechter und drohte mit neuen heftigen Böen, welche die Semaphore dem »Dream« gewiß vorher verkündigt hätten, wenn er näher einer Küste gewesen wäre.
Wenn das Schiff aber am Tage entsetzlich umhergeworfen wurde und nur unter halbem Dampf lief, um keine Havarie an der Maschine zu erleiden, so blieb es doch nicht aus, daß die Schraube bei den gewaltigen Niveauveränderungen des Wassers einmal tief unter und einmal halb über demselben arbeitete. Im ersteren Falle traf ihre Flügel ein heftiger Widerstand, im letzteren Falle flatterten sie sozusagen um ihre Achse mit einer Schnelligkeit, welche den Bestand der gesammten Maschinerie in Gefahr setzte. Es hörte sich dann an wie dumpfe Detonationen unter dem Hintertheil des »Dream«, und die Kolben flogen in den Cylindern auf und ab mit einer Geschwindigkeit, welche der Maschinist kaum noch zu bemeistern vermochte.
Inzwischen machte Godfrey eine Beobachtung, welche er sich Anfangs nicht im mindesten zu erklären im Stande war, die nämlich, daß das Stampfen des Schiffes während der Nacht bedeutend milder erschien, als am Tage. Sollte er daraus schließen, daß der Wind sich zu jener Zeit allmählich verminderte, daß nach Untergang der Sonne eine Art Stille eintrat?
Die Sache wurde so auffallend, daß er in der Nacht vom 21. zum 22. Juni sich zu überzeugen beschloß, was eigentlich dabei vorging. Der Tag war gerade noch schlechter gewesen, der Wind wehte noch ärger und es schien keine Aussicht vorhanden, daß das während so langer Zeit mächtig aufgewühlte Meer sich während der Nacht beruhigen sollte.
Godfrey erhob sich also um Mitternacht, kleidete sich warm an und stieg auf das Deck.
Am Vordertheil lugte der wachthabende Matrose in die Finsterniß hinaus; Capitän Turcotte befand sich auf der Commandobrücke.
Als
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