Die Schule der Robinsons
Diese wichtige Frage sollte ihrer Zeit entschieden werden.
Eine sehr nützliche, von Godfrey unternommene Arbeit war es, die beiden Ufer des ziemlich breiten Baches oder Flüßchens mit einander zu verbinden. Nicht ohne Mühe gelang es ihm, am Saume der Mammuthgruppe Pfähle in das schnell fließende Wasser einzurammen, auf welche er einige dünne Stämme befestigte, die nun als Brückensteg dienten. So konnte man nach dem nördlichen Ufer gelangen, ohne eine Furth zu passiren, welche zu einem Umwege von ziemlich zwei Meilen flußabwärts nöthigte.
Wenn Godfrey auch Alles bedachte, was das Leben auf dieser im Stillen Ocean verlorenen Insel erträglich gestalten konnte – im Fall es ihm und seinem Begleiter bestimmt war, hier lange Zeit, vielleicht für immer zu leben – so wollte er doch nichts vernachlässigen, was die Aussichten ihrer Rettung vergrößern konnte.
Die Insel Phina lag nicht im Course der Schiffe, das lag jeden Tag nur deutlicher auf der Hand. Sie bot keinen eigentlichen geschützten Hafen, keine Hilfsquellen zur Verproviantirung. Nichts konnte somit die Schiffe veranlassen, an derselben direct anzulegen. Immerhin war es nicht unmöglich, daß ein Kriegs-oder Handelsschiff in Sicht derselben vorüberkäme. Es erschien also rathsam, ein Mittel zu suchen, um die Aufmerksamkeit eines solchen zu erregen und ihm zu zeigen, daß die Insel bewohnt sei.
Es erschien auch häufig eine Bouillonsuppe auf dem Tische. (S. 133.)
Zu diesem Zwecke gedachte Godfrey einen Signalmast am äußersten Ende des Vorberges zu errichten, der nach Norden zu vorsprang, und er opferte zu einer Flagge die Hälfte eines Stückes Stoff, das er in der Kiste gefunden hatte. Uebrigens fürchtete er, daß dessen weiße Farbe nur in einem zu beschränkten Umkreise sichtbar sein dürfte, und deshalb versuchte er, sein Fahnentuch mit Beeren einer Strauchart zu färben, welche am Fuße der Dünen wuchs. Dabei erlangte er ein lebhaftes Roth, welches zwar, aus Mangel an einer Beize, nicht waschecht war, aber er mußte eben darauf vorbereitet sein, den Stoff aufzufärben, wenn Regen oder Winde dessen Farbe gebleicht hatten.
Diese verschiedenen Aufgaben beschäftigten ihn bis zum 15. August. Seit mehreren Wochen war der Himmel beständig schön gewesen, abgesehen von zwei oder drei heftigen Gewittern, welche eine große Wassermasse herabgeworfen hatten, die der erhitzte Erdboden begierig aufnahm.
Zu dieser Zeit begann Godfrey seine Jagden. Doch wenn er auch Geschick genug besaß, ein Gewehr zu handhaben, so konnte er dabei auf Tartelett nicht im Mindesten rechnen, der noch in der Lage war, den ersten Schuß in seinem Leben abzugeben.
Godfrey widmete also mehrere Tage jeder Woche der Jagd auf Haar-und Federvieh, welches jedenfalls genug vorhanden war, um die Bedürfnisse der Bewohner des Will-Tree zu decken. Einige Rebhühner, Waldtauben, eine gewisse Anzahl Schnepfen verliehen dem täglichen Speisezettel eine hochwillkommene Abwechslung.
Er befestigte die Flagge halbmast. (S. 140.)
Zwei oder drei Antilopen fielen auch unter der Hand des jungen Jägers, und wenn der Professor zur Erlangung derselben nichts beigetragen hatte, so begrüßte er dieselben doch mit nicht geringer Befriedigung, als sie in Form von gebratenen Keulen oder Cotelettes auf den Tisch kamen Während seiner Streifereien unterließ es Godfrey jedoch niemals, alle Theile der Insel in Augenschein zu nehmen. Er drang dabei tief in jene, die Mitte derselben bedeckenden Wälder ein und folgte dem Bache bis zu seiner Quelle, deren Wasser vom Westabhang der centralen Hügelkette herkam. Da erstieg er auch wieder den Gipfel des Kegels und ging an der anderen Seite bis nach dem östlichen Ufer, das er bisher noch nicht besucht, weiter.
»Aus allen diesen Nachforschungen, wiederholte sich Godfrey öfter, geht mit Bestimmtheit hervor, daß die Insel Phina schädliche Thiere, ebenso Raubthiere, wie Schlangen oder gefährliche Eidechsenarten, nicht besitzt. Ich habe kein einziges solches gesehen; und wenn deren vorhanden wären, würden meine Flintenschüsse dieselben wohl aufgescheucht haben. Das ist ein sehr glücklicher Umstand.
Wenn wir den Will-Tree gegen solches Gelichter hätten vertheidigen sollen, wüßte ich doch kaum, wie wir damit zurecht gekommen wären!«
Damit gelangte er zu einer anderen, ganz natürlichen Schlußfolgerung.
»Daraus kann man auch abnehmen, sagte er für sich, daß die Insel unbewohnt ist. Schon seit langer Zeit würden sich
Weitere Kostenlose Bücher