Die Schule der Robinsons
Mindesten,« antwortete Godfrey.
Zum Glück erwies sich Carefinotu keineswegs wählerisch bezüglich der ihm vorgesetzten Speisen; er beroch dieselben erst, kostete sie dann mit der Zungenspitze und zu guter Letzt schien das erste Frühstück, an dem er theilnahm, die Agutisuppe, das von Godfrey erlegte Rebhuhn, nebst einer Lämmerkeule, mit Zuspeise von Camas und Yamphs seinen Hunger noch nicht einmal zu befriedigen.
»Ah, der arme Teufel scheint guten Appetit zu haben, bemerkte Godfrey.
– Jawohl, stimmte Tartelett bei, und es dürfte sich empfehlen, seine Cannibalengelüste etwas im Auge zu behalten.
– Keine Angst, Tartelett, wir werden ihm schon das Gelüste nach Menschenfleisch, wenn er überhaupt je solches gehabt hat, austreiben.
– Darauf möcht’ ich nicht schwören, antwortete der Professor. Es scheint, daß wenn man’s einmal gekostet…«
Während Beide so mit einander sprachen, hörte Carefinotu ihnen mit gespannter Aufmerksamkeit zu. Seine Augen leuchteten verständnißvoll. Es schien fast, als habe er begriffen, was in seiner Gegenwart gesagt worden war; denn sofort schwatzte er mit bewunderungswürdiger Zungenfertigkeit, freilich waren es nur sinnlose einsilbige Laute, gellend-scharfe Ausrufe, in denen die Vocale »a« und »u« vorherrschten, wie in den meisten polynesischen Idiomen.
Doch wie der im letzten Augenblicke gerettete Schwarze auch sein mochte, jedenfalls war es ein weiterer Gefährte; ja, er sollte sich zum treuergebenen Diener, zum wirklichen Sclaven ausbilden, den ein so unerwarteter Zufall den Bewohnern des Will-Tree zugesellt hatte. Er war kräftig, geschickt, thätig und unterzog sich willig jeder Arbeit; auch zeigte er auffallende Geschicklichkeit, nachzuahmen, was er nur einmal sah. Diesen Weg hielt auch Godfrey zum Zwecke seiner Erziehung ein. Die Besorgung der Hausthiere, die Einsammlung von Wurzeln und Früchten, das Schlachten von Lämmern oder Agutis, die für den Tag zur Nahrung dienen sollten, die Herstellung einer Art Cider, welche man aus den wilden Aepfeln der Manzanilla gewann, Alles führte er, wenn er es nur einmal gesehen, ganz vortrefflich aus.
Was Tartelett auch denken und fürchten mochte, faßte Godfrey doch niemals Mißtrauen gegen diesen Wilden und er schien auch niemals Ursache zur Reue zu haben. Er machte sich höchstens Sorge wegen der möglichen Rückkehr der Cannibalen, welche ja nun die Lage der Insel Phina kannten.
Schon vom ersten Tage ab war für Carefinotu im Will-Tree eine Lagerstatt hergerichtet wurden, doch zog dieser es meist, wenigstens wenn es nicht regnete, vor, draußen in irgend welchem hohlen Baume zu schlafen, als wolle er die Wohnung besser überwachen können.
Während der vierzehn Tage nach seiner Ankunft auf der Insel begleitete Carefinotu Godfrey wiederholt auf die Jagd. Immer zeigte er das größte Erstaunen, wenn er ein in der Entfernung getroffenes Stück Wild stürzen sah; dann vertrat er aber die Stelle eines Hundes mit einem Eifer und einer Geschicklichkeit, daß kein Hinderniß, keine Hecke, kein Gesträuch oder Wasserlauf ihn aufzuhalten vermochte. Nach und nach gewöhnte sich Godfrey sehr an diesen Schwarzen. Nur nach einer Seite wollte Carefinotu keine Fortschritte machen, nämlich im Gebrauch der englischen Sprache. Wie sehr er sich auch anstrengte, gelang es ihm doch nie, die gewöhnlichsten Worte auszusprechen, welche Godfrey und vorzüglich Tartelett, der ganz versessen war auf diesen Unterricht, ihm zu lehren suchten.
So verging die Zeit.
Wenn die gegenwärtige Lage, Dank dem günstigen Zusammentreffen verschiedener Umstände, ganz erträglich erschien und eine unmittelbar drohende Gefahr nicht zu befürchten war, so verließ Godfrey doch niemals der Gedanke, wie er jemals diese Insel werde verlassen können, durch welches Mittel er dahin gelangen werde, in’s Vaterland heimzukehren. Es verging gewiß kein Tag, an dem er nicht seines Onkels Will und seiner Verlobten gedachte! Nicht ohne Beklemmung sah er die schlechte Jahreszeit heranrücken, die zwischen seinen Freunden, seiner Familie und ihm selbst eine unüberwindbare Schranke ziehen mußte.
Am 27. September ereignete sich ein unerwarteter Zwischenfall. Wenn derselbe Godfrey und seinen beiden Gefährten Zuwachs von Arbeit mitführte, so sicherte er ihnen wenigstens gleichzeitig einen großen Vorrath an Nahrungsmitteln. – Godfrey und Carefinotu waren beim Einsammeln von Mollusken am Ende der Dream-Bai beschäftigt, als sie unter dem Winde eine
Weitere Kostenlose Bücher