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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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begriffen, daß er seinen Befreiern damit einen nicht unwichtigen Dienst leiste, und er blieb, was Godfrey auch dagegen einwenden mochte, unbeirrt dabei, wie gewöhnlich für die Sicherheit Aller zu wachen. Eine Woche verstrich, ohne daß einer jener furchtbaren Besucher in der Umgebung erschienen wäre. Godfrey entfernte sich übrigens, außer im Falle der Noth, nicht von der Wohnung. Während Lämmer, Ziegen und andere Thiere auf der benachbarten Wiese weideten, verlor man sie nie aus dem Auge.
    Meist versah Carefinotu den Dienst als Schäfer. Er nahm keine Flinte mit, denn er schien die Handhabung einer Feuerwaffe noch nicht begriffen zu haben, aber ein großes Jagdmesser steckte er in den Schurz und eine Axt hing ihm zur rechten Hand herunter. So bewaffnet hätte der kräftige Schwarze nicht gezögert, sich einem Tiger oder einem Thiere der schlimmsten Art entgegen zu werfen.
    Da sich jedoch seit dem letzten Zusammentreffen kein Bär oder einer seiner Anverwandten gezeigt hatte, fing Godfrey an, sich allmählich zu beruhigen. Er nahm gelegentlich seine Jagdzüge wieder auf, ohne diese jedoch zu weit in’s Innere der Insel auszudehnen. Tartelett, der sich im Will-Tree fest verschlossen hielt, hatte sich noch nicht hinausgewagt, nicht einmal, wenn es sich etwa darum gehandelt hätte, eine Tanzstunde zu ertheilen. Ein andermal ging Godfrey wohl auch allein aus, und der Professor hatte dann einen Gesellschafter, dessen Belehrung er sich hartnäckig annahm.
    Ja, Tartelett hatte zuerst den Gedanken gefaßt, Carefinotu die gewöhnlichsten Worte der englischen Sprache beizubringen; aber er mußte darauf verzichten, weil der Schwarze ein für diese Art der Aussprache ganz ungeeignetes Gehörorgan zu besitzen schien.
    »Nun gut, hatte sich Tartelett gesagt, wenn ich nicht sein Lehrer sein kann, so will ich sein Schüler werden.«
    So hatte er sich in den Kopf gesetzt, mit aller Gewalt das Idiom, welches Carefinotu sprach, zu lernen.
    Godfrey konnte noch so viele Male sagen, daß das von keinem großen Nutzen sein werde – Tartelett ließ sich nicht davon abbringen. Er grübelte also darüber, Carefinotu verständlich zu machen, daß er den Gegenstand, auf welchen er mit der Hand wies, in seiner Sprache nennen möchte.
    Man muß wahrlich glauben, daß Tartelett große Energie besaß, denn nach Verlauf von vierzehn Tagen kannte er wirklich schon – vierzehn Wörter! Er wußte, daß Carefinotu »Binsi« sagte für Feuer, »Aradu« für Himmel »Mervira« für Meer, »Dura« für Baum u. s. w. Darüber war er ebenso stolz, als wenn er bei einem großen Preisausschreiben den ersten polynesischen Preis erworben hätte.
    Aus einer Regung von Dankbarkeit wollte er für das, was der Lehrer ihm genützt – nicht etwa sich wieder verlorne Mühe geben, ihm einige englische Worte radebrechen lehren, wohl aber ihm die guten Manieren und die wahren Principien der europäischen Choreographie einimpfen.
    Godfrey konnte nicht umhin, darüber aus vollem Herzen zu lachen. Immerhin verging dabei die Zeit, und des Sonntags, wenn er nichts mehr zu thun hatte, wohnte er mit Vergnügen dem Unterrichte des berühmten Professor Tartelett von San Francisco bei.
    Das hätte Eines sehen müssen! Der unglückliche Carefinotu schwitzte Blut und Wasser, wenn er die elementarsten Tanzübungen nachahmte! Er war zwar gelehrig, voll guten Willens, aber wie alle seine Namensgenossen hatte er vortretende Schultern, etwas aufgetriebenen Leib, die Kniee nach innen stehend und die Füße nicht minder! Aus einem so gebauten Wilden soll nur Einer versuchen, einen Vestins oder Saint Leon zu machen!
    Jedenfalls ging der Professor mit allem Eifer an sein Vorhaben, und auch Carefinotu, obgleich er sich dabei quälte, ließ es an solchem nicht fehlen. Es könnte sich Niemand vorstellen, was er allein leiden mußte, um die Füße in die erste Position zu bringen! Und wenn er dann in die zweite und darauf in die dritte übergehen sollte, da wurde es noch weit schlimmer!
    »Zieh’ die Schultern zurück, Dummhut! – Den Kopf gerade in die Höhe!… Die Arme runder halten!…
    – Sie verlangen von ihm aber Unmögliches, bemerkte Godfrey.
    – Einem intelligenten Menschen ist nichts unmöglich, antwortete unwandelbar Tartelett.
    – Seine ganze Körperbildung eignet sich nicht dazu.
    – Nun, sie wird sich anpassen lernen, diese Körperbildung! Ja sie muß es, und später wird dieser Wilde es mir zu danken haben, daß er sich in einem Salon manierlich bewegen kann.
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