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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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unzählige Menge schwimmender kleiner Eilande wahrnahmen, welche die steigende Fluth langsam nach dem Strande zutrug. Das Ganze sah aus wie ein schwimmender Archipel, auf dessen Oberfläche einige jener Seevögel von gewaltiger Flügelspannweite, welche zuweilen Seesperber genannt werden, herumliefen und umherflogen.
    Woraus bestanden denn jene Massen, die in Gesellschaft dahergezogen kamen und sich mit dem Spiel der Wellen hoben und senkten?
    Godfrey wußte noch nicht, was er davon halten sollte, als Carefinotu sich plötzlich platt auf den Leib niederwarf; dann zog dieser den Kopf zwischen den Schultern ein, bog Arme und Beine unter sich zusammen und begann die Bewegungen eines Thieres nachzuahmen, das langsam am Boden hinkriecht.
    Godfrey sah ihm zu, ohne etwas von dieser wunderlichen Gymnastik zu verstehen. Plötzlich rief er laut:
    »Schildkröten! Schildkröten!«
    Carefinotu hatte sich nicht getäuscht. Vor ihnen schwammen auf dem Raum einer Quadratmeile Tausende und Abertausende von Schildkröten an der Oberfläche des Wassers. Etwa hundert Faden entfernt vom Ufer tauchten die Meisten unter, und die Sperber, welche dadurch jeden Halt unter den Füßen verloren, erhoben sich, große Kreise ziehend, in die Luft. Glücklicher Weise aber strandeten gegen Hundert jener Amphibien in ihrer Nähe am Ufer.
    Godfrey und der Schwarze liefen schleunigst am Wasserrande hin, diesem Meereswild, von dem jedes Stück wenigstens drei bis vier Fuß im Durchmesser hatte, den Weg abzuschneiden. Das einzige Mittel, die Schildkröten an der Rückkehr nach dem Meere zu verhindern, bestand darin, sie auf den Rücken zu wenden, und dieser etwas schwierigen Aufgabe entledigten sich Godfrey und Carefinotu nicht ohne Mühe.
    Die nächsten Tage wurden dazu verwendet, diese reiche Beute einzuholen. Das im frischen, wie im conservirten Zustande gleich vortreffliche Fleisch der Schildkröten konnte unter beiden Formen nutzbar gemacht werden. In Erwartung des Winters ließ Godfrey den größten Theil desselben einsalzen, um später für die Bedürfnisse jeden beliebigen Tages dienen zu können. Einige Zeit hindurch erschienen jedoch auf dem Tische Schildkrötensuppen, an denen Tartelett sich nicht allein gütlich that.
    Abgesehen von diesem Zwischenfalle, wurde die Eintönigkeit des Lebens durch nichts unterbrochen. Jeden Tag widmete man dieselben Stunden denselben nöthigen Arbeiten. Mußte diese Existenz nicht eine noch traurigere werden, wenn der rauhe Winter Godfrey und seine Gefährten zwang, sich im Will-Tree abzuschließen? Der junge Mann dachte nicht ohne eine gewisse Angst daran. Doch was sollte er dagegen beginnen?
    Inzwischen fuhr er fort, die Insel Phina zu durchforschen, und verwandte alle Zeit, welche nicht durch drängendere Arbeiten in Anspruch genommen wurde, auf die Jagd. Meist begleitete ihn da Carefinotu, während Tartelett zu Hause blieb. Er war einmal nicht zum Jäger geschaffen, obwohl sein erster Schuß ein Meistertreffer gewesen war.
    Bei einem dieser Ausflüge ereignete sich ein ganz unerwarteter Zwischenfall, der die Sicherheit der Bewohner des Will-Tree für später ziemlich ernst zu gefährden drohte.
    Godfrey und Carefinotu befanden sich auf der Jagd in dem großen centralen Walde nahe dem Fuße des Hügels, der die größte Erhebung der Insel Phina bildete. Seit dem Morgen hatten sie nur zwei oder drei Antilopen unter dem Hochwald gesehen, aber in zu großer Entfernung, als daß es möglich gewesen wäre, dieselben mit einiger Aussicht auf Erfolg anzuschießen.
    Godfrey, dem es ja an Wild nicht fehlte, ging nicht darauf aus, zwecklos zu zerstören, und gab sich auch zufrieden, wenn er einmal ganz »Schneider« wurde. Wenn er es heute bedauerte, so geschah das nicht wegen des Fleisches jener Antilopen, wohl aber wegen der Felle dieser Wiederkäuer, die er recht gut hätte verwenden können.
    Es war schon drei Uhr Nachmittags. Vor wie nach dem Frühstück, das er mit seinem Begleiter unter den Bäumen verzehrt hatte, war er nicht glücklicher gewesen. Beide schickten sich also schon an, zur Stunde des Mittagessens nach dem Will-Tree heimzukehren, als Carefinotu, eben beim Hinaustreten aus dem Walde, einen ungeheuren Sprung machte; dann eilte er auf Godfrey zu, faßte ihn an den Schultern und zog ihn mit solcher Gewalt fort, daß er keinen Widerstand leisten konnte.
    Erst nach zwanzig Schritten blieb Godfrey stehen, schöpfte einmal Athem und sah Carefinotu fragend an.
    Der augenscheinlich sehr erschreckte Neger

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