Die Schule der Spielleute
machen?Ť
ťWasser hineinfüllen.Ť
Zwei Frauen, die bereits am Brunnen standen und offenbar schon einen Eimer hinabgelassen hatten, schauten ihnen mit offenem Mund entgegen.
ťHats die Lisbeth doch nicht mehr ausgehaltenŤ, vermutete die eine.
Die andere schüttelte den Kopf. ťWenn, dann hat er sie fortgejagt, der Lump. Aber was macht der Bub noch da?Ť
ťIst er am Ende doch von ihm.Ť
ťKann mans wissen?Ť
Alheit tat, als hörte sie nichts.
An ihrer Seite verhandelte Klaus noch immer. ťAber nur einen. Den anderen will ich tragen.Ť
Sie nickte abwesend. Die beiden Frauen zogen ihren Eimer wieder herauf und füllten noch zwei weitere. Dabei warfen sie immer wieder fragende Blicke auf Alheit. Als der letzte Eimer an der Kette nach oben schaukelte, fiel ihr etwas ein. Sie zog die Flöte aus dem Gürtel und spielte eine der Tanzweisen, die am vergangenen Abend in der Gaststube erklungen waren.
Für einen Augenblick flog ein Lächeln über die Gesichter der Frauen. Doch dann rief die eine: ťMaria, hilf!Ť Da zog auch die andere ein enttäuschtes Gesicht, holte hastig den Eimer ein und ging davon.
Zufrieden steckte Alheit die Flöte wieder ein und hängte den ersten ihrer Eimer an die Kette. Dann füllte sie den zweiten und gab ihn Klaus, damit er ihn nach Hause tragen konnte. Aber er wollte inzwischen etwas ganz anderes: ťSchenkst du mir deine Flöte?Ť
ťWo denkst du hin?Ť, fragte Alheit dagegen. ťDie brauche ich selbst noch.Ť
Der Junge seufzte und ließ Kopf und Schultern hängen.
Als sie die Herberge erreichten, war die übrige Gesellschaft offenbar in die Gaststube zurückgekehrt. Von dort hörte man wieder Musik. Noch immer niedergeschlagen trug Klaus die beiden Eimer Wasser in die Küche. Alheit ging die Treppe hinauf in ihr Quartier, uneins mit sich, was sie tun sollte.
Auf dem Lager gleich bei der Tür lag Elbelins Dudelsack, wie achtlos hingeworfen. Ohne lang zu überlegen, hob Alheit ihn auf und nahm ihn unter den Arm, wie sie glaubte, dass der Junge es vorhin gezeigt hatte. Das Holz war schwer, und sie musste darauf achten, dass sie mit der langen Bordunpfeife nicht an die Wand hinter ihr stieß. Nach einigem Probieren fand sie die richtige Haltung und blies den Sack auf. Die Pfeifen quietschten anfangs, doch dann gelang es ihr, so etwas wie Töne hervorzubringen. Der Bordunton schwankte wie das Geheul eines Hund. Sie musste mit aller Kraft weiterblasen, um das auszugleichen.
Irgendwann ging ihr der Atem aus.
ťHe, du kannst das ja schon beinah.Ť Auf der kleinen Plattform vor der Tür stand Elbelin und strahlte Alheit an. Vorsichtig nahm sie die Bordunpfeife von der Schulter. Ihr linker Arm schmerzte bis hinunter zum Handgelenk. Die Stille nach ihrem stümperhaften Gelärme tat den Ohren wohl. Nun wagten sich auch die anderen näher heran. Elbelin nahm ihr das Instrument ab und legte es sorgfältig beiseite. Dabei nickte er zufrieden.
Franz schüttelte missbilligend den Kopf, als er sich an ihr vorbeidrängte. Er packte die Laute in ihre Hülle und ging ohne ein Wort wieder hinaus.
Alheit folgte ihm. Dabei hörte sie noch immer den Bordun brummen, und die schrägen Töne, die ihre ungeübten Finger hervorgebracht hatten, klangen ihr in den Ohren. Was hatte sie nun wieder falsch gemacht? Sein empfindliches Gehör beleidigt? Immerhin hatte er auch ihre ersten Versuche auf der Schalmei ausgehalten, so lange, bis das, was sie spielte, als Musik durchgehen konnte.
Oder hatte sie gegen eine der vielen Regeln der Lotterzunft verstoßen? Sie schüttelte den Kopf. Elbelin hatte ihr das Instrument doch angeboten, wenn auch vor ein paar Stunden.
Jedenfalls hatte Franz mit seinem finsteren Gesicht ihre Begeisterung zunichtegemacht, wie ein kalter Luftzug einen aufgegangenen Teig wieder zusammenfallen lässt. Alheit hatte schon überlegt, ob sie nicht ein gebrauchtes Instrument kaufen konnte. Der eine Händler in der Gasse gerade abseits des Marktplatzes hatte ihr doch so etwas angeboten. Aber jetzt
Draußen hatte die Sonne inzwischen das allgegenwärtige Grau vertrieben. Ein roter Kater aalte sich in einem Lichtfleck auf dem Hof. Doch von solchen Kleinigkeiten ließ sich Alheit nicht ablenken. Sie beobachtete, wie sich die Musiker ebenfalls sonnige Plätze suchten, fern von ihr, und unbekümmert weiterspielten.
Elbelin sprang in langen Sätzen über den Hof zu seinem Gefährten. Alheit ertappte sich dabei, wie sie ihm nachschaute. Sie schüttelte den Kopf und sah sich nach etwas
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