Die Schule der Spielleute
Schultheißen Bescheid geben.Ť
Lene widersprach sofort: ťUm uns Fahrende kümmert sich die Obrigkeit nicht, und das ist auch besser so.Ť
ťHerr Heinrich kommt doch sicher nochŤ, vermutete der Apotheker. ťWas sagt ihr dazu, Tamas? Meister Wolfram?Ť
Der Meister zuckte die Achseln und brummte. Es hörte sich an wie ťselber aufpassenŤ.
Tamas lachte, wie immer. ťWir legen Instrumente in Stall. Bär passt auf. Kostet nichts, hört nur auf mich.Ť
Nach kurzem Nachdenken erschien das allen als die beste Lösung. Pfeifend ging Tamas der Gruppe voran in den Stall. Dort stellte er sich zu seinem Mazko, fidelte und sang auf Ungarisch, damit das Vieh ruhig in seiner Ecke blieb. Lene dagegen behielt die Tür im Auge und verspottete alle, die eintraten, ob sie nun Angst zeigten oder nicht.
Elbelin brachte sein Bündel als Erster. Es war groß und schwer und schien außer seiner Rotta auch Gottfrids Instrumente zu enthalten. Alheit wunderte sich ein wenig, dass er so bereitwillig auf diesen Plan eingegangen war, obwohl doch der Ungar im Verdacht stand, seinen Dudelsack zerstört zu haben. Vermutlich hatten sich die beiden Jungen etwas Eigenes ausgedacht, um einem Einbrecher bei seinem nächsten Versuch das Leben schwer zu machen.
Dann kam Robert mit Marjories Harfe, angespannt beobachtet von seiner Frau, die jedoch keinen Fuß in den Stall setzte. Er dagegen stellte das Instrumenten ab, blieb dabei stehen und sah zu, wie Meister Wolfram nacheinander zwei Holzkästen hereinschleppte und sorgfältig aufeinandersetzte. Wie Franz zögernd, die Kiepe auf dem Rücken und die Drehleier im Arm, möglichst nah an der Wand zu den anderen Instrumenten schlich, hastig alles absetzte und wieder hinauseilte. Bei seinen schnellen Bewegungen hob der Bär den Kopf und brummte bedrohlich. Lene lachte umso lauter, Tamas verstellte seinem Tier die Sicht auf den Eindringling.
Dennoch kehrte Franz einige Zeit später mit Robert zurück. Sie trugen die schwere Truhe mit dem Vorhängeschloss, in der Israel seine Instrumente verwahrte.
ťBrauchen DeckeŤ, sagte Tamas, als alle gegangen waren. ťMachen großen Berg Heu über alles.Ť
Alheit brachte ihren abgewetztesten Filz zum Vorschein, und der Ungar schob mit Händen und Füßen Streu darauf.
REMINISCERE
Alheit fielen die paar Schritte zur Franziskanerkirche fast schwer. Lieber wäre sie gleich weitergelaufen ins Paulusstift. Sie wollte hören, wie Elbelin und Gottfrid dort vor den Stiftsherren spielten. So erging es ihr nicht allein. Katherine lief mit langen Schritten neben den Jungen her und vergaß ganz, wo sie abbiegen musste. Erst, als ihre Mutter sie anrief, blieb sie stehen, verabschiedete sich und kehrte um.
Alheit atmete hörbar aus. Für Katherine mochte dieses Verhalten noch durchgehen, sie selbst machte sich nur lächerlich damit. Stattdessen erinnerte sie sich an ihren Vorsatz, Ausschau nach neuen Reisegefährten zu halten.
Die Menge der Spielleute in der Kirche war kaum überschaubar. Viele von ihnen schienen sich gar nichts aus dem Geschehen vorn am Altar zu machen. Sie drängten hierhin und dorthin, begrüßten einander und erzählten sich freudig ihre Erlebnisse. Von den braven Bürgern, die das ganze Jahr über hier zur Messe gingen, war kaum etwas zu sehen. Nur gelegentlich bahnte sich eine Familie mit angewiderter Miene hastig einen Weg durch die Fremden, hin zu den vertrauten Nachbarn.
Alheit hörte von allen Seiten zusammenhanglose Fetzen aus den Gesprächen der fahrenden Gesellen. Die Geschichte von Elbelins Dudelsack schien die Runde zu machen. Alheit spitzte die Ohren, als die Gerüchte in ihre Nähe kamen.
ťDer Jude natürlich, wer sonstŤ, sagte einer verächtlich.
ťIch habe gehört, es war ein BärenführerŤ, widersprach ein anderer. ťDas sind doch auch noch halbe Heiden dort unten.Ť
ťDer hat sogar behauptet, Elbelin hätte ihm Geld gestohlenŤ, wusste ein Dritter.
ťWas, Elbelin?Ť, wunderte sich der Erste wieder.
ťWas für Geld?Ť, spottete der Zweite. ťWo keins ist
Ť
Ein weiterer Mann stieß zu ihnen und ließ sich die Geschichte wiederholen.
Lene war es gleichgültig, was man über Tamas erzählte. Mochten sich die Leute das Maul zerreißen. Sie hielt Ausschau nach Friedrich zum Rad, dem Platzmeister welch ein stolzer Titel. Er würde ihre Fassung der Geschichte hören, und das sollte genügen, um ihnen Ruhe zu verschaffen, solange sie noch in der Stadt waren. Den Juden hatte er ohnehin im Auge. Lene kam mit ihren Methoden
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