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Die Schule der Spielleute

Die Schule der Spielleute

Titel: Die Schule der Spielleute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bonn
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Verfolger an. Die Hunde bissen sich in seine Flanken, die Spieße der Torwächter stachelten ihn weiter auf. Doch Herr Heinrich hatte gut gezielt. Die Bewegungen des Tieres wurden immer ungelenker und langsamer. Nun rammte er ihm den ersten Speer in den Hals. Ein Blutstrom schoss hervor, der Bär schlug in einem letzten zornigen Angriff einen weiteren Hund nieder, trabte einige Schritte auf den Waffenknecht zu, der die Armbrust lud, und fiel dann hin.
    Der Fuhrmann sprang triumphierend von seinem Bock. ťDer heiligen Jungfrau sei Lob und Dank! Aber was macht so eine Bestie hier in der Stadt?Ť
    ťDas wüsste ich auch gernŤ, erwiderte Herr Heinrich. Er musste nicht lange auf eine Antwort warten.
     
    Die Spielleute liefen die Hahngasse hinunter zum Fischmarkt. Dort würden sie den flüchtigen Bären sicher antreffen. Noch bevor sie die Gasse mit den geschlossenen Fischbuden erreichten, schien es, als habe Lene sich abgesetzt, um ihren eigenen Geschäften nachzugehen. Doch sie hatte sich nur gebückt, richtete sich schnell wieder auf und kam hinter den anderen her. Alheit glaubte, einen boshaften Glanz in ihren Augen zu entdecken.
    Auf dem Fischmarkt standen trotz der Arbeitsruhe zu Ehren des Apostels Matthias Grüppchen beisammen und redeten aufgeregt durcheinander. Alheit brauchte nicht nach dem Weg zu fragen. Der Bär und sein Fluchtweg waren in aller Munde. Ohnehin war es besser, nicht verlauten zu lassen, dass das Tier zu ihnen gehörte.
    Sie waren noch nicht weit in die Richtung gegangen, in die alle eifrigen Erzähler deuteten, da hörten sie Geschrei beim großen Stadttor. Das erregte Bellen der Jagdhunde ließ nichts Gutes ahnen. Alheit lief der kleinen Gruppe voran. Überall standen Menschen im Weg, die Vermutungen austauschten, was die Unruhe zu bedeuten habe. Andere drängten in die Richtung, aus der der Lärm erklang, um es mit eigenen Augen zu sehen. So kam es, dass der Platzmeister – im langen, dunkelgrünen Feiertagskleid und begleitet von zwei Waffenknechten – fast gleichzeitig mit den Spielleuten am Torturm anlangte.
    Der Bär lag in seinem Blut auf der Straße. Die Hunde zerrten an den Leinen, aber ihr blutiges Werk war vollbracht. Die Jäger hielten sie zurück.
    Tamas liefen die Tränen über das Gesicht. Lene klammerte sich an ihn und verfluchte alle Umstehenden.
    ťDas ist ja Franz!Ť, rief Herr Heinrich verwundert. ťAber dir gehört der Bär doch nicht.Ť
    ťNein, Herr.Ť Er schob Tamas nach vorn. ťDieser ist der Bärenführer.Ť
    Der Platzmeister nahm ihn sogleich ins Verhör. ťWie heißt du?Ť
    Leise nannte Tamas seinen Namen.
    ťWoher kommst du?Ť
    ťSzegedin.Ť
    ťDas liegt in Ungarn, nicht wahr?Ť, fuhr der Platzmeister fort. ťWie kommst du hierher?Ť
    ťWar in Aachen.Ť
    ťUnd den Bären hast du die ganze Zeit mit dir geführt? Wie lange?Ť
    Tamas antwortete nicht gleich, sondern schaute Lene an. Sie flüsterte ihm etwas zu. ťEin JahrŤ, sagte er dann.
    Der Platzmeister hielt den Blick starr auf Tamas gerichtet. ťUnd bisher ist der Bär fromm an seiner Kette geblieben?Ť
    Wieder flüsterte Lene ihrem Mann etwas zu. Er nickte.
    ťJemand hat die Kette gelöstŤ, ergänzte Lene. Der Platzmeister nahm ihren Einwurf nicht zur Kenntnis, sondern schaute Tamas an, als warte er auf eine weitere Erklärung.
    ťKann es nicht sein, dass der Bär sich losgerissen hat?Ť, fragte Herr Heinrich an seiner Stelle.
    ťKommt mit und schaut es euch anŤ, fauchte Lene. Herr Heinrich nickte.
    Da der Platzmeister immer noch tat, als gäbe es Lene gar nicht, wiederholte Alheit die Aufforderung: ťKommt mit uns in den Wilden Mann, Herr. Der Bär wurde nicht durch die Unachtsamkeit seines Besitzers freigelassen, sondern mit Absicht. Jemand will uns schaden.Ť
    ťMacht das unter euch ausŤ, schnitt der Platzmeister ihr das Wort ab. ťGebt Meister Wilhelm Fischer und dem Fuhrmann jeweils zehn Heller für ihren Schaden, zahlt den Jägern jedem einen Heller und ersetzt dem Herrn von Alzey seine Hunde. Dann will ich vom Wilden Mann nichts mehr hören.Ť
    ťNein, nein, das ist nicht nötigŤ, wehrte Herr Heinrich sogleich ab. ťWer auf Bärenjagd geht, läuft immer Gefahr, seine Hunde zu verlieren.Ť
    Zugleich schrie Lene: ťWas? Man bringt uns um unser Eigentum, und wir sollen noch dafür bezahlen?Ť
    ťSchweig!Ť, fuhr sie einer der städtischen Waffenknechte an und stieß sie mit der Stange der Hellebarde weg.
    ťIch komme mit euchŤ, sagte Herr Heinrich begütigend. ťIch will genau wissen, wie dieses Tier in

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