Die Schule der Spielleute
in der Nähe des Paulusstifts fand Alheit, was sie suchte. Der Schlosser gab ihr den guten Rat: ťSchließt Eure Vorräte nur gut ein, wenn sich so viel Lumpenpack in der Stadt versammelt hat.Ť
Alheit nickte und suchte sich unter den drei Schlössern, die der Meister ihr vorlegte, das kräftigste aus.
ťIst halt nicht mehr viel daŤ, bemerkte er. ťVor Euch sind schon viele andere auf diesen Gedanken gekommen.Ť
Sie zahlte und kehrte zum Wilden Mann zurück. Sie würde wohl nicht mehr zurechtkommen, bevor Meister Wolfram und seine Schüler die erste Pause einlegten. Aber zum Mittagbrot wollte sie wieder da sein.
Wer sollte den Schlüssel verwahren?
Burkhard. Oder? Immerhin hatte er in dieser Nacht die Instrumente bewacht.
Alheit hatte ihn und seine Leute als Übeltäter ausgeschlossen, weil die Sackpfeife von einem Menschen zerstört worden war, der wusste, was er tat. Aber Burkhard kannte fremdartige Instrumente, über die sich selbst Spielleute wunderten. Und er beobachtete jeden Abend sehr genau seine Gäste, hörte sich ihre Melodien und Erzählungen an.
Meister Wolfram kam ihr in den Sinn. Doch konnte man ihm wirklich trauen? So, wie der Alte meist auftrat, glaubte sie eher, dass er mit Freuden alle ihre Instrumente verbrennen und nur denen, die er für würdig befand, neue beschaffen würde.
Da war Burkhard auf jeden Fall der bessere Schlüsselbewahrer.
Unterdessen hatte sie den Marktplatz fast wieder erreicht. Ein ungeübter Dudelsackspieler probierte ein neues Instrument aus. Die schrägen Töne wiesen unmissverständlich den Weg zu Johann Schure. Alheit beobachtete, wie der junge Spielmann enttäuscht davonzog. Dann beschrieb sie dem Händler Lene. Doch er schüttelte nur langsam und ausdauernd den Kopf. ťDie hat mit mir noch keine Geschäfte gemacht. Um was für ein Instrument geht es denn?Ť
ťDas wollte ich von dir erfahrenŤ, erwiderte Alheit. ťIch weiß nur, dass es in einem Kasten aus dunklem Holz steckt.Ť Sie zeigte die Größe mit den Händen.
Immer noch schüttelte Johann den Kopf. ťDas ist zu wenig. Damit kann ich dir noch keinen Rat geben, an wen du dich wenden sollst.Ť
Wieder glaubte Alheit, Erkennen in seinen Augen gesehen zu haben, als sie den Kasten erwähnte. Sie konnte schlecht jeden beschreiben, der sich im Wilden Mann aufhielt, und ihn damit als Dieb hinstellen.
Beim Essen saß die Gruppe um den Tisch wie bei einem Leichensmaus. Tamas war anwesend, er musste nicht mehr mit seinem Bären üben, er starrte aber nur vor sich hin. Lene schnitt ihm Brot ab und füllte Mus in seine Schale, doch er rührte nichts davon an, ebenso wenig den gewürzten Wein.
Alheit sah Elbelin und Gottfrid zu. Gottfrid schnitt für seinen Freund das Brot und legte sein Messer anschließend zwischen die beiden. War es etwa das, was sie gestern Abend gesucht hatten? Alheit schaute sich um, ob noch jemand dasselbe bemerkt hatte. Lene. Wenn sie nicht mitleidig auf Tamas sah, beobachtete sie die Jungen mit einem schadenfrohen Grinsen. Als es zum zweiten Mal ans Brot schneiden ging, legte sie das Messer, das sie in der Hand hielt, mit großer Geste beiseite und zog ein anderes aus dem Gürtel.
Gottfrid gab sich den Anschein, nichts gesehen zu haben. Elbelin dagegen zuckte bei dem Anblick zusammen.
Was würde Lene damit anfangen? Wohl kaum zum Platzmeister gehen, auch wenn der einer Beschwerde von ihr vielleicht aufgeschlossener sein mochte als der anderer Leute.
Immer noch erschien es Alheit am besten, so schnell es ging die Buße zu bezahlen. Aber ausgerechnet Lene sperrte sich dagegen. Sie beharrte darauf, dass einer allein an dem Unglück schuld war und dieser zahlen musste. Und nun wusste sie, wer.
Während Alheit noch überlegte, was zu tun war, brachte Meister Wolfram erneut sein Anliegen vor. ťHat der Ungar die 20 Heller Buße schon bezahlt?Ť, fragte er, als sei Tamas gar nicht anwesend.
ťWarum sollen wir das zahlen?Ť, giftete Lene und fuchtelte mit dem Messer. ťSpielen dürfen wir nicht, der Bär ist tot, und man wird im eigenen
Ť Sie brach ab.
ť
Haus noch bestohlen?Ť, fragte Alheit. ťMeinst du das? Dann sag es auch.Ť
Lene funkelte Elbelin an. ťVon demselben Kerl, der auch den Bären auf dem Gewissen hat.Ť Nun warf sie das Messer auf den Tisch.
Er fuhr auf. ťWo hast du das her?Ť
ťGefunden.Ť
ťWo?Ť, fragte Alheit nach.
ťDraußen auf der Gasse, vor dem Hoftor. Sieh das Blut an der Spitze.Ť
ťUnd wann? Gestern Morgen, nicht wahr?Ť
Lene nickte. ťDarum geht
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