Die Schule der Spielleute
sie sich zwingen, zusammenzubleiben und Musik zu machen. Keiner wollte den anderen aus den Augen lassen.
Elbelin hatte also den Bären verletzt und von der Kette gelassen. Warum?
Glaubte er immer noch, dass Tamas seinen Dudelsack zerstört hatte? Das musste es wohl sein. Zum wiederholten Mal rief sich Alheit den Abend ins Gedächtnis. Und wieder kam sie zu dem Schluss, dass die beste Gelegenheit bestanden hatte, während Tamas und Lene den Bären vorführten. Vor allem, wenn sie Franz nicht verdächtigen wollte. Sie warf ihrem Mann einen verstohlenen Blick zu und schüttelte den Kopf. Es ging nicht. Sich über seine Tändeleien mit Lene oder den Küchenmägden ärgern, ja, glauben, dass er heimtückisch handelte und log, nein.
Werner verlegte sich inzwischen aufs Bitten. ťFranz, ich brauche unbedingt eine Schalmei, wenigstens zum Vorspielen.Ť
ťIch kann dir keine geben.Ť Franz schlug ihm die Bitte ungern ab. ťWir haben nur eine, und die brauchen wir.Ť
ťKannst du mir Geld leihen, dass ich mir eine kaufen kann?Ť
Wieder schüttelte Franz den Kopf. ťSo viel haben wir nicht.Ť Doch dann fiel ihm etwas ein. ťIch kann für dich mit Johann Schure verhandeln, dass er dir ein günstiges Instrument verkauft.Ť
ťGerlach von der Heide ist auch hierŤ, mischte sich Gottfrid ein. ťBei ihm kommst du sicher mit weniger davon. Wie viel kannst du denn bezahlen?Ť
ťIch kann nicht bezahlen.Ť
ťAch so.Ť
Nach einer Pause begann Werner wieder: ťLeih mir doch eure Schalmei, nur für den einen Tag, zum VorspielenŤ, wandte er sich an Franz. ťOder du, Gottfrid.Ť
Franz wiegte den Kopf. ťUnd was passiert, wenn du angenommen wirst?Ť
ťDann
dann
muss der Herr mir ein Instrument kaufen.Ť
Aber Franz war noch nicht überzeugt. ťGlaubst du, du nimmst die Schalmei einfach in die Hand und spielst so flott wie früher?Ť
ťAch, du hast auch immer eine Ausrede. So viel kann ich schon noch, dass ich den Herrn überzeuge.Ť
ťProbiers erst einmal aus.Ť Franz nahm die Schalmei aus der Kiepe und reichte sie Werner.
Der sah das Instrument einen Augenblick unschlüssig an und spielte dann mit wackligen Tönen eine kurze Melodie. Gottfrid begann ein längeres Stück, Werner fiel ein. Sein Gesicht färbte sich bald gefährlich rot, und er musste öfter aussetzen, um Luft zu holen. Franz bezweifelte, dass Werner vor Emich dem König bestehen konnte. Alheit sah bei diesem Vorspiel so finster drein wie Meister Wolfram. Franz sollte die Schalmei besser nicht verleihen.
Werner war der Erste, der ging; er wollte rechtzeitig vor der Nachtglocke in seinem Quartier sein. Obwohl er nicht viel zur Musik beigetragen hatte, wurde es danach unbehaglich still.
Schließlich sprach Marjorie die Frage aus, die sie alle beschäftigte. ťWo bringen wir unsere Instrumente sicher unter?Ť
Die Leute sahen einander betreten an. Einer der ihren hatte doch Elbelins Dudelsack zerstört. Und vielleicht hatte derselbe Übeltäter auch den Bären auf dem Gewissen er hatte sich freien Zugang zu den anderen Instrumenten verschafft.
Es kam nun darauf an, wer wem vertrauen wollte. Marjorie schaute Alheit an und öffnete den Mund, als ob sie etwas sagen wollte, schwieg aber doch.
Endlich machte Alheit ihren Vorschlag: ťLassen wir doch alles hier.Ť
ťIm Schankraum, wo jeder hinein kann?Ť, widersprach Robert.
An der Küchentür regte sich etwas. Burkhard hatte wie immer still in seinem Eck der Musik gelauscht. Ehe er etwas sagen konnte, antwortete Alheit auf die Frage des Pfeifers: ťDann bleiben wir beim Stall. Den Schlüssel gibt es ja noch.Ť Sie schaute Lene auffordernd an.
ťBesorgt euch selbst ein Schloss.Ť Lene half ihrem Mann auf die Füße und schaffte ihn und seine Fidel aus dem Zimmer.
ťDann tun wir das morgenŤ, entschied Robert. ťHeute Nacht
Ť
ťWer?Ť, unterbrach Elbelin.
ťIchŤ, antwortete Alheit.
Franz nickte ihr zu. Seine Hand schmerzte nicht mehr und fühlte sich wieder gelenkig genug an, um am Unterricht teilzunehmen.
ťIhr könnt schon alles hierlassenŤ, unterbrach Burkhard ihre Überlegungen. ťIch schlafe hier im Saal.Ť
Müde, wie sie alle waren, widersprach niemand. Die Instrumente wurden eingepackt und in einer Ecke des Schankraums verstaut. Dann holten sie das, was noch im Stall verblieben war. Von dem Berg Heu, der die Kästen verborgen hatte, war nicht mehr viel übrig. Die Filzdecke lag unbeachtet am Boden. Alheit schüttelte sie aus und faltete sie zusammen. Ein schlammiger Stiefelabdruck
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