Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
es klingt so unbegreiflich. Warum sollte… ? Wer sollte… ?«
»Er hat nie mit Ihnen darüber gesprochen, dass er sich bedroht fühlte oder so? Dass jemand hinter ihm her sein könnte?«
»Nein, nein… aber wir haben ja auch nur selten miteinander gesprochen. Nur wenn wir uns getroffen haben.«
»Hat er jemals den Namen Monica Kammerle erwähnt?«
»Nein.«
»Oder Martina Kammerle?«
»Nein, überhaupt nicht. Aber wir haben auch nicht viel Kontakt miteinander gehabt, Sie müssen wissen, es war eine andere Art von Beziehung.«
»Ja, doch, ich verstehe das schon«, sagte Münster nachdenklich. »Ich muss diese Fragen nur stellen, um gewisse Möglichkeiten auszuschließen.«
»Ach so«, sagte Mattias Kramer.
»Und Benjamin Kerran?«, fragte Münster weiter.
»Was?«
»Haben Sie den Namen Benjamin Kerran jemals gehört?«
»Niemals«, versicherte Kramer.
Münster machte eine Pause und lehnte sich zurück, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Was wird jetzt passieren?«, wiederholte Kramer, als das Schweigen zu lange anhielt.
»Wir werden sehen«, sagte Münster. »Sie können wieder nach Hause fahren, dann werden wir von uns hören lassen, falls wir noch weitere Informationen brauchen.«
»Nein, bitte tun Sie das nicht«, protestierte Kramer. »Sie haben mir doch versprochen, diskret zu sein, kann ich Sie nicht stattdessen anrufen?«
Münster nickte und zog seine Karte heraus.
»In Ordnung. Rufen Sie mich Ende nächster Woche an. Ich muss Sie trotzdem bitten, für alle Fälle Ihre Adresse und Telefonnummer zu hinterlassen. Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich habe natürlich keinerlei Grund, Ihnen irgendwelche Schwierigkeiten zu bereiten.«
Kramer seufzte schwer. Bekam Papier und Stift ausgeliehen und schrieb seine Daten auf.
»Darf ich jetzt gehen?«, wollte er wissen, als er fertig war.
»Bitte schön«, sagte Münster. »Aber ich würde Sie gern noch etwas fragen, auch wenn es mich eigentlich gar nichts angeht.«
»Jaha?«, sagte Kramer und schaute ihn verwundert an. »Und was?«
»Haben Sie noch weitere Liebhaber außer diesem? Ich meine männliche Liebhaber.«
Kramer stand auf und schien nicht recht zu wissen, ob er empört sein sollte oder nicht.
»Nein«, sagte er. »Habe ich nicht.«
»Und Sie haben sich nach Tomas Gassel keinen neuen angeschafft?«
»Nein.«
»Dann waren Sie Ihrer Frau nicht mehr untreu, seit er gestorben ist?«
»Stimmt«, sagte Mattias Kramer. »Warum fragen Sie danach?«
Münster überlegte.
»Ich weiß es auch nicht«, sagte er. »Vielleicht menschliches Interesse. Und eine gewisse Fürsorge für Ihre Familie. Danke, dass Sie gekommen sind und so offen waren, Herr Kramer.«
Er streckte die Hand aus. Mattias Kramer nahm sie mit beiden Händen und schüttelte sie energisch, bevor er zur Tür hinauseilte. Münster sank auf seinen Stuhl nieder.
Jaha, dachte er. Dann wissen wir jetzt also, was der Pfarrer da auf dem Bahnhof zu suchen hatte.
Aber was bringt uns das?
Er drehte den Stuhl und schaute aus dem Fenster. Das Wetter hielt sich.
28
Die Türklingel läutete, und Van Veeteren wachte mit einem Ruck auf.
Er musste zugeben, dass er wohl eingenickt war. Merkwürdig. Auf dem Schoß hatte er eine neu hereingekommene Ausgabe von Seneca, in der er vorher geblättert hatte, und auf der Sesselarmlehne stand – in einer speziellen, holzverkleideten Vertiefung gerade für diesen Zweck – eine zur Hälfte ausgetrunkene Kaffeetasse. Zwei Teile Kaffee, ein Teil Gingerboom’s, wenn er sich noch recht erinnerte. Vielleicht war er deshalb eingeschlafen?
Er kam auf die Füße und schaute auf die Uhr. Es war halb zwölf, er konnte kaum mehr als zehn Minuten geschlafen haben. Allerhöchstens. Er ging in den Laden, eine Frau war dabei, einen Kinderwagen durch die Tür hineinzubugsieren, erst als sie sich ihm zuwandte, erkannte er sie.
Marlene Frey.
»Hallo«, sagte sie. »Gut, dass du da bist. Ich brauche deine Hilfe.«
»Ja?«, erwiderte Van Veeteren, blinzelte ins Regenwetter und schaute in den Kinderwagen. »Dubidubido, wie geht es Andrea heute?«
»Sie schläft«, erklärte Marlene Frey. »Ich wollte dich bitten, eine Weile auf sie aufzupassen. Ich muss zu einem Vorstellungsgespräch, und ich glaube, es macht keinen guten Eindruck, wenn ich mit einem Baby angetrabt komme. Christa hat mir vor einer Viertelstunde abgesagt, es ist der reinste Albtraum.«
»Christa?«
»Meine Babysitterin. Du bist meine einzige Hoffnung.«
»Ich?«, fragte Van Veeteren.
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